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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Brady
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über die Lippen. »Ist das erwachsen genug für dich?«
    Sie ließ ihre Finger in das dichte Haar in seinem Nacken gleiten. »Ich weiß nicht recht«, antwortete sie und zog seinen Kopf zu sich herab. »Mach das noch mal, ich passe dieses Mal besser auf.«
     
    Den Freitagmorgen verbrachten sie damit, bei Keet’s die Zielscheiben zu zerschießen. Neil schonte Beth nicht, aber innerlich war er sehr zufrieden mit ihr. Offensichtlich gehörte Treffsicherheit zu Evan Fosters Hobbys, und die beiden hatten recht viel Zeit mit Üben verbracht.
    Nicht, dass
dieser
Aspekt zu Neils Wohlbefinden beigetragen hätte.
    Zurück in Quantico, berichtete Copeland ihm das Neueste in Sachen Bankes. »Er ist in einer Kleinstadt namens Sampson aufgewachsen, zwei Stunden von hier entfernt. Er wurde von seiner Mutter und seinem Großvater mütterlicherseits aufgezogen.«
    »Kein Vater?«
    »Ein Junge aus dem Nachbarort, aber der Großvater hat ihn windelweich geprügelt, als seine sechzehn Jahre alte Tochter schwanger nach Hause kam. Der Junge hat sich verzogen, und Chevy hat ihn nie kennengelernt. Peggy hat ein zweites Kind bekommen, als Chevy zwölf war, aber es gibt keine Hinweise auf die Identität des Vaters. Das zweite Kind kam mit schweren geistigen und körperlichen Behinderungen auf die Welt. Ihr Name war Jenny. Sie verschwand im Alter von sechzehn Monaten.«
    »Was?«
    »Einfach verschwunden.« Er schnippte mit den Fingern. »Als hätte sie sich in Luft aufgelöst.«
    »Was ist mit der Mutter? Hat jemand mit ihr gesprochen?«
    »Sie hat sich sechs Monate nach Jennys Verschwinden das Leben genommen. Chevy war damals vierzehn Jahre alt. Da mittlerweile auch der Großvater verstorben war, kam Chevy zu einer Pflegefamilie. Er hat sich sogar ganz gut geschlagen, bekam ein College-Stipendium und so weiter …«
    »Gütiger Himmel.« Neil fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich sollte in die Gegend fahren und mit den Leuten sprechen, die ihn gekannt haben. Vielleicht ist er auf dem Weg hierher sogar durch seine alte Heimat gekommen.«
    Copeland blickte ihn finster an. »Ich habe bereits fünf Agenten darauf angesetzt. Aktive Agenten, Sie wissen schon, mit Polizeimarke und Gehaltsscheck. Ihr Job ist es, hier zu sein, schon vergessen?«
    »Hier kriege ich aber keine Scheißinformationen her.«
    »Sie sollen alles aus Denison herauskriegen.«
    »Was denn alles? Was, zur Hölle, soll sie uns denn noch erzählen? Sie hat Bankes’ Plan mit Anne Chaney durchkreuzt. Jetzt will er es ihr heimzahlen. Das ist alles.«
    »Nun, Sheridan«, sagte Copeland und erhob sich, »Sie sollten lieber hoffen, dass Sie mit dieser Ansicht schiefliegen. Denn wenn es stimmt, dann werden wir erst aus ihm schlau werden, wenn
er
es so will.«
     
    Doch später im Hotel war Neil überhaupt nicht danach, Beth auszuquetschen. Es würde zu einem wahren Höllentrip für sie werden, wenn er sie zwang, noch einmal Chaneys Tod zu durchleben. Er wollte nicht noch einmal erleben, wie sie am ganzen Körper fror, oder die Furcht und die Scham in ihren Augen entdecken.
    Er wollte auch nicht darüber nachdenken, was vielleicht noch hinter der Geschichte steckte.
    Beth hatte sich im Bad verschanzt. Er wartete zwanzig Minuten, bis er schließlich ein wenig besorgt an die Tür klopfte.
    »Herein«, sagte sie, und Neil war verblüfft. Sie klang vollkommen normal.
    »Beth?«, fragte er.
    »Es ist alles in Ordnung. Komm herein.«
    Er öffnete die Tür, und ein gespenstisches, blaues Licht fiel durch den Spalt nach draußen. Beth saß auf einem schmalen Stuhl vor dem Schminkspiegel. Eine Puppe lag in ihrem Schoß, ihr geöffneter Notizblock daneben. Sie hatte sich einen Bleistift hinters Ohr geklemmt. Eine Schwarzlichtlampe war über dem Waschbecken eingestöpselt, die Schnur lief über den Boden.
    »Würdest du bitte die Tür schließen?«, bat sie. »Das hier ist der einzige Raum ohne Fenster. Ich brauche ein gewisses Maß an Dunkelheit.«
    Neil schloss die Tür. Der unheimliche blau-schwarze Lichtschein trat wieder hervor, und Neil kam sich vor wie in einem fremden Universum. Eine wunderschöne Frau, eine halbnackte Puppe und ein Schwarzlicht im Badezimmer einer Hotelsuite. Die Szenerie erinnerte an einen Film Noir, doch Neil hatte keine Ahnung, welchen Ausgang die Handlung nehmen würde.
    Er trat hinter sie. »Was tust du da?«
    »Ich sehe mich nach möglichen Schäden um. Manchmal kann man Sprünge, Reparaturen oder Haarrisse mit dem bloßen Auge nicht erkennen, im

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