Puppenmord
doch komplett bescheuert.«
»Bescheuert? Das ist verflucht teuflisch«, sagte der Inspektor. »Er sitzt da drinnen wie der große Naivling und gibt zu allem seinen Senf, weil er genau weiß, daß er uns auf die falsche Fährte gehetzt hat.«
Sergeant Yates setzte sich verdattert. »Aber wieso? Warum überhaupt die Aufmerksamkeit auf den Mord lenken? Warum hat er nicht einfach abgewartet und sich ganz normal verhalten?«
»Wie, und Mrs. Wilt als vermißt gemeldet? Sie vergessen die Pringsheims. Eine Frau verschwindet spurlos, gut, und? Zwei Freunde von ihr verschwinden ebenfalls und hinterlassen ihr Haus als Saustall und voll mit Blutflecken. Das erfordert nun aber eine Erklärung. Also legt er eine falsche Spur . . .«
»Aber das hilft ihm trotzdem nicht«, wandte der Sergeant ein. »Wir graben eine Plastikpuppe aus. Das heißt aber nicht, daß wir deshalb die Untersuchung einstellen.«
»Mag sein, aber das verschafft ihm eine Woche Zeit, während die Leichen sich auflösen.«
»Glauben Sie, er hat wie Haigh eine Badewanne voll Säure benutzt?« fragte der Sergeant. »Das ist ja gräßlich.«
»Natürlich ist das gräßlich. Mord ist nun mal nicht angenehm. Auf jeden Fall haben sie Haigh nur deswegen gekriegt, weil dieses blöde Arschloch ihnen gesagt hat, wo sie nach dem Modder suchen müßten. Wenn er noch eine Woche die Klappe gehalten hätte, hätten die überhaupt nichts mehr gefunden. Der ganze Käse wäre weggespült gewesen. Abgesehen davon weiß ich nicht, was Wilt verwendet hat. Ich weiß bloß, er ist ein Studierter, ein gescheiter Bursche, und er denkt, er hätte den großen Coup gemacht. Erst nehmen wir ihn mit zum Verhör, stecken ihn vielleicht sogar in Untersuchungshaft, und wenn wir so weit sind, graben wir eine aufblasbare Puppe aus. Wir stehen ja da wie Kasper Nullhorn, wenn wir mit einer Plastikpuppe als Mordbeweis vor Gericht gehen. Die ganze Welt lacht sich ja schlapp über uns. Der Fall wird also vom Gericht abgewiesen. Und was passiert, wenn wir ihn zu einem Verhör über die wahren Morde ein zweites Mal drankriegen? Der Bürgerrechtsverein schlägt uns die Hauer in die Kehle wie ein Rudel verdammter Vampire.«
»Vermutlich erklärt das, warum er nicht schon längst nach einem Rechtsanwalt geschrien hat«, sagte Yates.
»Natürlich. Was will er jetzt mit einem Anwalt? Aber kauf ihn dir ein zweites Mal, und er hat Anwälte, die treten sich gegenseitig tot, um ihm zu helfen. Die kreischen laut auf über Brutalität und Schikanen der Polizei. Sein eigenes Wort wird man nicht verstehen können. Für seine verdammten Anwälte ist das natürlich ein gefundenes Fressen. Erst Plastikpuppen und dann keine einzige Leiche. Und er kommt mit'm gewaschenen Hals davon.«
»Wer sich so was ausdenken kann, muß ein Wahnsinniger sein«, sagte Der Sergeant.
»Oder ein verfluchtes Genie«, sagte Flint bitter. »Jungejunge, was für ein Fall.« Er drückte verärgert die Zigarette aus.
»Was soll ich jetzt machen? Ihn noch mal in die Zange nehmen?«
»Nein, das mache ich. Sie fahren in die Schule rauf und setzen seinem Chef dort so lange zu, bis er sagt, was er über Wilt wirklich denkt. Kratzen Sie jedes kleine bißchen Dreck über den Kerl zusammen. Es muß was in seiner Vergangenheit zu finden sein, was uns von Nutzen ist.«
Er ging den Korridor hinunter ins Vernehmungszimmer. Wilt saß am Tisch und machte sich auf der Rückseite eines Aussageformulars Notizen. Jetzt, wo er sich auf dem Polizeirevier so nach und nach zwar nicht wie zu Hause, aber zumin dest seiner Umgebung gegenüber gelöster fühlte, hatten sich seine Gedanken auf das Problem von Evas Verschwinden konzentriert. Er mußte zugeben, daß ihn die Blutflecken in Pringsheims Badezimmer beunruhigt hatten. Um wenigstens die Zeit totzuschlagen, hatte er versucht, seine Gedanken zu Papier zu bringen, und daran saß er immer noch, als Inspektor Flint ins Zimmer kam und die Tür zuschmetterte.
»Na schön, Sie sind ein gescheiter Bursche, Wilt«, sagte er, setzte sich und griff sich das Blatt, »Sie können lesen und schreiben, haben hübsch Grips und Phantasie, da wollen wir doch mal gucken, was Sie hier so aufgeschrieben haben. Wer ist denn Ethel?«
»Evas Schwester«, sagte Wilt. »Sie ist mit einem Gemüsegärtnerin Luton verheiratet. Eva fährt manchmal eine Woche zu ihnen.«
»Und »Blut im Bad««?
»Weil ich mich halt frage, wie's dahin gekommen ist.«
»Und »Anzeichen überstürzten Aufbruchs«?«
»Ich habe einfach meine
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