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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Gläser der Fenster leuchteten fröhlich und fast so bunt wie die der Kathedrale! Nicht mehr lange und er würde diese Schönheit nicht mehr genießen können. Wehmut und Trauer beschwerten sein Herz, und er seufzte tief auf.
    Doch schnell fasste er sich wieder. Sein Leben war wahrhaft gut gewesen, und er hatte viel erreicht, am Lauf der Dinge aber konnte niemand etwas ändern. Zu oft schon war ihm der Tod begegnet, er gehörte zum Leben wie die Geburt und der Atem, der ihn nun allmählich verließ. Und wäre da nicht seine bohrende Sorge um die Zukunft der Mädchen gewesen, er wäre gern in Gottes Frieden heimgegangen.
    Damit er dazu aber wirklich bereit war, mussten sie unbedingt noch heute lossegeln. Erst dann würde er Ruhe finden. Es war nicht nur der letzte Konvoi vor den gefährlichen Herbststürmen, es waren vor allem die letzten Schiffe, die in seinem Auftrag segelten. Erneut seufzte er.
    Einen Großteil seines Kodizills hatte er glücklicherweise bereits damals schriftlich niedergelegt, als er mit dem wachsenden Erfolg seiner Unternehmungen nach und nach mehrere Grundstücke in der Stadt gekauft hatte. » Da nichts gewisser ist als der Tod, nichts hingegen ungewisser als die Stunde desselben …«, hatte er jenen Teil seiner letztwilligen Verfügung überschrieben, in dem er die Grundstücke Lucia und Mirijam als gemeinschaftliches Erbe übertrug.
    » Der Tod soll nicht ohne Verordnungen eintreten«, so hieß es seit alters her unter den Antwerpener Kaufleuten. Eine kluge Regel, die er befolgen würde, denn allzu oft schon hatte man unrühmliche Streitigkeiten zwischen Familien und Geschäftspartnern miterleben müssen. Das sollte es in seinem Hause nicht geben. Er war immer ein besonnener und nach Möglichkeit ehrlicher Kaufmann gewesen, der über das Tagesgeschäft hinaus zu denken pflegte. Wohl auch deshalb hatte Gottes Segen auf seiner Arbeit gelegen.
    Er horchte auf Geräusche von draußen, doch alles, was er vernahm, waren das leise Knacken eines der großen Holzbalken und der rasche Tritt der guten Muhme Gesa auf der Treppe. Diesem Haus am Koornmarkt gehörte seine ganze Liebe. Es war vier Stockwerke hoch und lag fast im Zentrum von Antwerpen, so dass die Lagerhäuser gut erreichbar waren. Sein Vater, der als junger Mann aus Granada an die Schelde gekommen war, hatte es einst erbaut. Er war ein gewitzter Kaufmann gewesen und ahnte wohl schon frühzeitig, wie sich die Stadt entwickeln würde.
    Mit kundiger Hand und zunehmendem Erfolg hatte der Vater einen Strom von Schätzen aus aller Welt durch sein Haus gelenkt, Gewürze und Edelsteine waren ebenso darunter gewesen wie Getreide und Tuche. Im Laufe der Zeit hatte er allerdings den Handel mit Gewürzen anderen überlassen und sich auf edle Metalle und Stoffe spezialisiert. Brüsseler Spitzen, flämisches Leinen, Tuche aus Florenz und schwere Wollstoffe aus England gingen nach Süden, Seide, Baumwolle und meisterhafte Schmiedewaren nach Norden – zwei Flüsse, die im selben Bett, aber in verschiedene Richtungen flossen. Und bei aller Bescheidenheit, er selbst war ein würdiger Nachfolger seines Vaters gewesen, hatte er doch das Vermögen nicht nur klug verwaltet, sondern auch üppig vermehrt.
    Und nun? Gott, der Herr, hatte ihm männliche Nachkommen verwehrt, obwohl er oft und lange auf den Knien gelegen und um einen Sohn gebetet hatte. Jetzt blieb ihm nichts als die Hoffnung auf Lucias Söhne. Söhne, die sie mit Fernando de Molina haben und die er in dieser Welt niemals zu Gesicht bekommen würde, die aber einmal für den Erhalt seines Handelshauses sorgen könnten.
    Lucia war noch etwas kindlich im Wesen, mit ihren bald siebzehn Jahren jedoch längst im heiratsfähigen Alter. In Spanien, so wusste er, wurden die Töchter im Übrigen viel früher als hier im Norden verheiratet. Und Mirijam? Über sie und ihre Zukunft oder gar ihre Bedeutung für sein Handelshaus hatte er sich bisher noch nie Gedanken gemacht, fiel ihm jetzt auf. Sie war ja auch noch ein halbes Kind, nicht einmal vierzehn Jahre alt, ein schwieriges und eigensinniges Kind dazu. Sie war freiheitsliebend wie ein Knabe, ganz und gar loyal und mit einem eigenen Kopf versehen. Hatte sie sich jemandem zum Freund erwählt, so hielt sie ihm zuverlässig die Treue. Zudem war sie wissensdurstig und klug, dabei nachdenklich und zurückhaltend. Wie ihre Mutter konnte auch sie nicht um eines Vorteils willen taktieren. Wer konnte vorhersagen, wie sie sich entwickeln würde? Was hätte er also für

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