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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Ergebnissen formiert hatten. Auch sie würde nun schnell heranreifen müssen.
    Andrees van de Meulen seufzte, bevor er sich erneut seinem Notar zuwandte. » Sind die Schiffsanteile bereits überschrieben? Vorzüglich, sehr gut. Und wird Kaufmann Lange, wie besprochen, an van de Beurse zahlen?«
    Advocat Cohn hob den Blick von seinen Papieren und nickte. » Er wird sich hüten, nicht zu zahlen.«
    Van de Meulen entspannte sich ein wenig. Der befreundete Kaufmann Lange war zwar bekannt für mancherlei waghalsige Geschäfte, doch trotz seines Gespürs für gute Gelegenheiten, wie er es nannte, blieb er ein Ehrenmann und handelte auch so. Ein guter Name war Gold wert, war pures Kapital. Der vereinbarte Kaufpreis würde also dem eigenen conto beim seriösen Brügger Bankier zugerechnet und von jenem zu treuen Händen für Lucias und Mirijams Erbe verwaltet werden.
    Seine Augen irrten erneut zum Fenster. Die Sonne hatte bereits ihren Zenit überschritten. Bald schon würde die Dämmerung einsetzen, und damit käme die Stunde des Abschieds. Erst nach dem Auslaufen der Schiffe sollte Pater Lucas kommen und ihm die heiligen Sterbesakramente spenden, so hatte er es um der Mädchen willen gewünscht.
    » Der Schreiber wartet bereits, Ihr müsst nur noch festlegen, wie Ihr mit dem Haus sowie mit einigen Legaten zu verfahren wünscht. Ich würde vorschlagen, Muhme Gesa und die anderen langjährigen Diener mit festen Leibrenten zu bedenken, die zu Ostern und Pfingsten, dem Sankt-Martins-Fest und zu Weihnachten ausgezahlt werden. So ist es Sitte in Antwerpen. Muhme Gesa wolltet Ihr darüber hinaus Wohnrecht auf Lebenszeit in diesem Hause einräumen.« Der Advocat schaute fragend von seinen Papieren auf.
    Van de Meulen nickte. » Und nicht zu vergessen, die Stiftungen«, erinnerte er Cohn.
    » Richtig, die Verfügungen zu › Gottes Ehr und guten Sachen‹, wie Ihr gesagt hattet. Ich habe bereits alles nach Eurem Wunsch vorbereitet. Hier habe ich übrigens die Inventare der Waren in den Lagern und Magazinen. Wollt Ihr einen Blick darauf werfen?«
    Van de Meulen winkte ab. » Sage mir nur, ob du alles für rechtens befunden hast.«
    » Durchaus«, bestätigte der Advocat. » Ihr habt wahrlich treue Diener: Die Listen sind allesamt vollständig und stimmen mit den Büchern überein.« Er legte den einen Stapel Papier zur Seite und griff nach einem neuen. » Ich werde jetzt verlesen, was Ihr bereits niedergelegt habt. Danach rufe ich den Schreiber und die Zeugen, damit Ihr unterzeichnen könnt und Euer letzter Wille in Kraft tritt. Schließlich soll alles seine Ordnung haben.«
    Damit zog er einen der Kerzenleuchter näher zu sich heran und begann vom obersten Blatt an zu lesen: » Also, wir begannen mit › Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit: Ich, Andrees van de Meulen, verwitwet und Bürger der Stadt Antwerpen, gottlob noch aller meiner Sinne und Gedanken mächtig, verfüge hiermit im Jahre des Herrn 1520 im Folgenden über all mein festes und bewegliches Hab und Gut, als da ist …‹«

3
    » Wir müssen ihm gehorchen«, schluchzte Lucia. » Doch wie kann er uns einfach fortschicken? Sollen wir den eigenen Vater zurücklassen, krank und allein?« Lucia lag auf dem Bett, tränenüberströmt und mit wirren Haaren, und klagte laut.
    So ist es immer, dachte Mirijam und betrachtete die Schwester. Kaum geschah etwas Unerwartetes oder Besonderes, egal wie schön oder unangenehm es auch sein mochte, gab sich Lucia hemmungslos ihren Gefühlen hin. Sie selbst konnte das nicht. Je elender sie sich fühlte, desto tiefer zog sie sich in ihr Schneckenhaus zurück. Wie es sich wohl anfühlen mochte, wie Lucia zu weinen, zu stöhnen und allen Kummer in die Welt hinauszujammern? Wurden die Dinge dadurch wirklich leichter?
    Das Kohlebecken richtete kaum etwas aus gegen die Kälte in der Kammer, in ihrem Inneren jedoch, so kam es ihr wenigstens vor, in ihrem Herzen war es noch um einiges kälter als im Zimmer. Das machte die Angst um den Vater und die Sorge um die eigene Lage. Dennoch ließ sie sich nicht gehen, vielmehr nahm sie die Hände der Schwester und rieb sie kräftig zwischen ihren eigenen. Das beruhigte und wärmte und nicht nur Lucias Hände. » Was können wir schon anderes tun?«, murmelte sie halblaut vor sich hin. » Sollen wir denn in den Wald?«
    Lucias Gejammer zerrte an ihren Nerven. Die Schwester mochte ihr zwar an Jahren überlegen sein, aber heute benahm sie sich wieder launischer als ein kleines Kind. Muhme Gesa erklärte

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