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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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läuft ein, seht nur.« José wies auf den Hafen.
    » Offenbar ein tüchtiger Mann, der Kapitän, wenn er es unbeschadet bis hierher geschafft hat«, erklärte Medern nach einem Blick durch das Fenster. » Wir sollten Näheres über ihn in Erfahrung bringen.«
    José nickte. Alsbald schon verließ er in einer schmucklosen djellabah das Kontor und mischte sich unter die Müßiggänger am Hafen. Früher oder später bekam man dort alles mit, nicht nur Berichte über tatsächliche Geschehnisse, sondern vor allem Klatsch und Meinungen, Gerüchte und Geheimnisse. Es stand zu erwarten, dass in diesem Fall die Nachrichtenbörse besonders zuverlässig arbeiten würde. Ein venezianisches Schiff, so weit im Süden? Das würde Aufsehen erregen, und was immer es darüber zu wissen gab, würde spätestens morgen früh die Ohren des Patrão erreichen.
    Der alte Kontorist staunte allerdings nicht schlecht, als José ihm das Ergebnis seiner Nachforschungen mitteilte. » Der Venezianer heißt Marino Capello und entstammt einer adeligen Holzhändlerfamilie, die seit alters her die Werften des Arsenals beliefert. Hier allerdings deckt er sich mit Bitterorangen und Mandeln, vor allem aber mit Zucker von den Zuckerrohrplantagen im Oued Sous ein. Er rechnet offenbar noch mit Pferden. Einige Araberhengste sind angeblich bereits an Bord, aber es sollen wohl mehr werden.«
    » Orangen? Was wird denn das?« Der alte Kontorist zählte an seinen Fingern ab: » Zucker, Obst, nun gut, aber Pferde, in Venedig? Was will er dort mit Reittieren?«
    » Vielleicht plant der Mann, die Seefahrt sausen zu lassen und sich auf ein Gestüt zurückzuziehen? Oder er steigt ins Zuckerbäckergeschäft ein?« José lachte. » Ihr wisst schon, Haremskonfekt und marci panis, das süße Brot des Heiligen Marcus. Immerhin ist er Venedigs Schutzheiliger.« Ernster fuhr er fort: » Seine Männer wissen jedenfalls nichts Näheres, sonst hätte ich es mitbekommen. Bis auf zwei Mann handelt es sich durchweg um neue Leute, überwiegend Griechen und Zyprer. Ach, da fällt mir ein, ich hatte einige Ausgaben in der Taverne.«
    Medern nickte nur. Was tat der Venezianer an dieser Küste? Er verletzte damit die inoffizielle Aufteilung des Mittelmeeres und der angrenzenden Seegebiete.
    Klugerweise hielten sich sowohl die Franzosen aus Marseille als auch die Genuesen daran. Sie blieben in ihrem Teil des Mittelmeeres und überließen den afrikanischen Kapitänen die stürmische Atlantikküste, mitsamt dem Risiko, von Piraten überfallen zu werden. Der Einflussbereich an der afrikanischen Küste, einst den Portugiesen in erbitterten Kämpfen abgerungen, stellte mittlerweile eine der sichersten Einnahmequellen für die hiesigen Kapitäne dar, jedenfalls solange sich alle Beteiligten an die stillen Absprachen hielten. Aber Exklusivrechte nützten natürlich allen Kaufleuten, auch jenen aus Genua und Venedig, den beiden großen Seerepubliken, die beständig im Wettstreit miteinander lagen. War dieser Capello also so etwas wie ein Spion, der die Möglichkeiten des direkten Handels zwischen Venedig und den Häfen des marokkanischen Sultans auskundschaftete? Streckten venezianische Handelsherren ihre Finger nach afrikanischem Gold und Straußenfedern, nach tropischen Hölzern und Elefantenzähnen und natürlich nach den schwarzen Sklaven aus? Damit hätten sie die Nase vorn, Genua das Nachsehen, und das Gleichgewicht käme ins Wanken .
    » Zuletzt ankerte der Venezianer übrigens für einige Wochen in Mogador. Was er dort wohl suchte?« José zuckte mit den Schultern. » Jedenfalls war er häufiger Gast bei Senhora Álvarez, sagt man. Und man fragt sich, was dahinterstecken mag.«
    Der Alte schrak aus seinen Betrachtungen auf. » Was? Wer?«
    » Dieser Venezianer, Kapitän Capello.«
    Alarmiert schossen Mederns Augenbrauen in die Höhe. Da Silva hatte recht. Was zum Teufel hatten Pferde, Zucker und Venedig mit Lâlla Mirijam zu tun?
    Am Ende der Woche erschien Kapitän Capello im Kontor der Santa Anna Associação und rief herrisch seinen Namen.
    » Euer Herr, Kapitän de Álvarez, den ich in Venedig traf, versicherte mir, ich könne von seinem Kontor jegliche Hilfe erwarten. So seid es also vermutlich Ihr, an den ich mich wenden sollte?«
    Der alte Kontorist verbeugte sich knapp. » Joost Medern, zu Euren Diensten. Mein Herr wird es außerordentlich bedauern, Euch nicht selbst begrüßen zu können, aber er befindet sich noch auf See. Doch gern heiße ich Euch in seinem Namen willkommen.

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