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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Hoffentlich findet Ihr in Santa Cruz alles zu Eurer Zufriedenheit? Wie kann ich Euch behilflich sein?«
    Der Kapitän warf ein versiegeltes Schreiben auf Mederns Pult. » Indem Ihr diesen Brief den Damen Eures Hauses zukommen lasst. Wegen schlechter Nachrichten bin ich gezwungen, auf dem schnellsten Wege nach Venedig zurückzusegeln. Deshalb werde ich leider nicht, wie ursprünglich geplant, auf dem Rückweg erneut in Mogador Halt machen können.«
    Medern stutzte. Wie konnte jemand Nachrichten erhalten haben, wenn seit Wochen weder eine Karawane noch ein fremdes Schiff den Hafen angesteuert hatte, abgesehen von der Angelo San Marco ? Hielt er ihn für einen Esel, einen Ahnungslosen, der einem Kapitän nur deshalb Glauben schenkte, weil er aus Venedig stammte und reich und mächtig zu sein schien? Capello reckte das Kinn vor und schaute gebieterisch auf Medern herab. Nichts zu sagen war in diesem Fall der beste Kommentar, dachte Medern und nahm den Brief an sich. » Wie bedauerlich. Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Kapitän. Ich werde Euer Schreiben schnellstens nach Mogador befördern lassen.«
    *
    » Du sprichst von diesem Kapitän Capello, als würdest du ihn gut kennen. Ich wusste gar nicht, dass ihr euch häufiger getroffen habt.«
    Sarah zuckte mit den Schultern. Sie lehnte am Fenster und wandte ihrer Mutter den Rücken zu, als sei sie vom abendlichen Anblick der Bucht völlig gefesselt. Dabei nahm sie weder den Glanz auf den sanften Wellen wahr noch die zurückkehrenden Fischerboote. Stattdessen quälte sie sich mit ihren Tränen. Marino war fort, abgereist nach Venedig, ohne Abschied .
    » Ein paar Mal«, antwortete sie schließlich leise, » haben wir uns unterhalten.« Bis zum heutigen Tag hatte sie die Mutter noch nie direkt angelogen, jedenfalls nicht in wichtigen Angelegenheiten.
    » Aha. Wo denn, und worüber? Und wer hat dich begleitet, Yasmîna oder Naima?«
    Erneut zuckte Sarah mit den Schultern. Was sollte sie antworten? Jedes Wort bedeutete neue Lügen. Es sei denn, sie würde von der Liebe, die Marino und sie verband, berichten . Wie aber konnte sie von ihren Gefühlen sprechen, von der Macht, die sie zu Marino hinzog, von der Sehnsucht, ihm nahe zu sein, oder davon, dass er jeden ihrer Gedanken beherrschte? Sie presste die Lippen aufeinander.
    Wenn sie jetzt ihre Mutter anschaute, wäre es um ihre Fassung geschehen. Sie musste sich am Fensterrahmen festhalten. Seitdem der alte Medern Marinos Brief übermittelt hatte, fühlte sie sich elend und krank. Sie konnte weder essen noch schlafen. Am schlimmsten aber fühlte sich die innere Leere an, die jeden vernünftigen Gedanken auslöschte. Der Brief war an ihre Mutter gerichtet, er enthielt kein einziges Wort für sie! Weder eine Erklärung noch einen Gruß, nichts. Noch nie war sie sich derart hilflos vorgekommen.
    Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Marino war fort! Er schrieb, er müsse Santa Cruz Hals über Kopf verlassen, um zu seinem sterbenden Vater zu eilen. In dem Brief an die Mutter sprach er von seiner Sohnespflicht, die er gezwungen sei zu erfüllen. Dann wünschte er ihnen noch alles Gute und Gottes Segen für ihr weiteres Leben. » Ich bitte Euch, schließt mich in Eure Gebete ein, auf dass ich eine sichere Heimreise ans Sterbebett meines geliebten Vaters habe und meiner neuen Rolle als Familienoberhaupt gerecht werden kann«, hatte er geschrieben. Und nicht ein Gruß an sie!
    Sie hatte den Brief gelesen, bis die Buchstaben von ihren Tränen verschmiert und kaum noch zu entziffern waren, aber verstanden, wirklich verstanden hatte sie ihn nicht. Sie konnte ihm doch helfen bei seinen neuen Aufgaben. Gehörten sie denn nicht zusammen? Warum hatte er sie nicht geholt, nicht wenigstens gefragt? Er musste doch wissen, dass sie liebend gern mit ihm gegangen wäre.
    » Er hat dir bestimmt von Venedig erzählt.«
    Sarah schreckte auf. Sie schluckte die Tränen hinunter, erleichtert, dass ihre Mutter ein neutraleres Thema anschnitt. » Venedig muss eine wunderschöne Stadt sein! Nicht nur am Meer gelegen, wie Mogador, sondern sozusagen im Meer, mit vielen Kanälen und Inseln. Und dazu geschwungene Brücken und schöne Paläste mit hohen Fenstern. Er sagt …« Sie brach ab.
    Die Mutter war neben Sarah ans Fenster getreten. Auch sie schaute über die Bucht. Jetzt legte sie ihre Hand über Sarahs verkrampfte Finger und streichelte sie. Ihre Schultern berührten sich. Es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte Sarah sich ihr an die Brust geworfen

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