Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
geht’s?«
    Der vertraute Geruch von Hotdogs und altem Gemüse hüllte ihn ein. Auf dem kleinen Fernseher über der Theke lief Basketball ohne Ton, Detroit Pistons gegen Cleveland Cavaliers.
    Sean blickte von seinem Stapel Papiere auf, aber lächelte nicht. Seine schwarzen Löckchen kringelten sich schweißfeucht in der Stirn und ließen ihn kränklich aussehen. »Wie soll’s schon gehen?«
    »Stimmt was nicht?«
    »Was fragst du so blöd?«
    Ken legte beide Arme auf die Theke. »Ich hab keine Ahnung, was los ist. Also sag’s mir.«
    »Dein Bruder und seine Kumpels haben den Alten krankenhausreif geprügelt. Hat er’s dir nicht erzählt?«
    »Was?« Ken hatte plötzlich Schwierigkeiten, zu atmen.
    »McKinney will sein Geld zurück, und David konnte nicht bezahlen.« Sean schnaufte. »Weil er die Kohle eben nicht hat! Denkst du, der wäre zu McKinney gegangen, wenn die Bank ihm noch was geben würde? Und davon, dass er jetzt im Hospital liegt, kommt das Geld auch nicht schneller zur Tür reingeflogen. Ich hab den ganzen Tag damit zugebracht, den Saustall hier aufzuräumen.« Seine Unterlippe begann zu zittern. »Sie haben den halben Laden zerlegt.«
    »Verdammt, das tut mir leid.« Ken wusste im selben Moment, da er es aussprach, wie falsch es klang. Er fühlte sich linkisch und fehl am Platz. Und Sean starrte ihn an, als wäre es seine Schuld, dass sein Bruder und dessen Freunde als Schläger für McKinney arbeiteten. »Diesmal sagt es David den Cops.«
    »Sie werden alles abstreiten. Und dann kommen sie zurück und richten ihn noch schlimmer zu.«
    »Ich kann’s aber bezeugen.«
    »Warst du dabei?«
    »Ich sag einfach, dass ich dabei war.«
    Die Angst kroch Ken die Beine hoch und ballte sich in seinem Magen zusammen. Er wollte nicht, dass Pat sich an Sean vergriff, denn dann würde Sean nie wieder ein Wort mit ihm reden. »Hey, ich –« Er verstummte. Was sollte er sagen? Dass David besser den Mund hielt, weil McKinney überall seine Leute hatte? Oder sollte er Sean versprechen, mit Pat zu reden? Das waren leere Worte. Sean wusste genau, dass Ken vor seinem Bruder kuschte. »Wie viel ist es?«
    »Viertausend Dollar.«
    »Viertausend.« Ken schluckte. In seiner Holztruhe im Depot lagen 3847 Dollar. Gerade noch rechtzeitig biss er sich auf die Zunge. David Trumbull war ein freundlicher alter Mann, aber es war nicht Kens Problem, dass er bei Typen wie McKinney Schulden machte. Er konnte nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, sein College-Geld wegzuwerfen, nur um eine einzige Schandtat seines Bruders ungeschehen zu machen. Und Trumbull war sicher nicht der Einzige, den Pat in letzter Zeit zusammengeschlagen hatte. Es würde nichts ändern. Trotzdem kam er sich vor wie ein Verräter.
    »Wenn ich dir mit irgendwas helfen kann, sag Bescheid.«
    Sean nickte nur mit zusammengepressten Lippen.
    »Da müsste ein Päckchen angekommen sein«, murmelte Ken.
    Wortlos drehte Sean sich um und verschwand im Hinterzimmer. Fünf Minuten später tauchte er wieder auf. Das Paket war so groß wie ein Schuhkarton. »Warum lässt deine Mom ihr Zeug immer in den Laden schicken, statt zu euch nach Hause?«
    »Das sind Bücher für mich.«
    »Klar.« Sean schüttelte das Paket. Es klang nicht wie Bücher. Ein schwaches Grinsen trat auf seine Lippen, doch es erreichte die Augen nicht. »Und ich bin der Weihnachtsmann.«
    »Gib her.«
    »Außerdem«, er schnupperte daran, »riechts wie ein Kirchenaltar. Komische Bücher bestellt sie dir da.«
    Ken verdrehte die Augen. »Jetzt gib es mir schon.«
    Sean stellte das Päckchen auf die Theke. Sein Lächeln verblasste so schnell, wie es gekommen war. »Jetzt mal ernsthaft, ich sag’s den Cops. Und ist mir egal, dass dein Bruder mit drinhängt. Wenn nie jemand was sagt, wird sich auch nie etwas ändern.«
    Als Ken die Tür aufstieß, rammte er um ein Haar July und ihre aufgetakelten Freundinnen. Am liebsten hätte er sich unsichtbar gemacht, aber dafür war es zu spät. In einer Wolke aus Parfüm und Kichern quollen sie in den Laden, wie militante Barbiepuppen.
    »Ken!« July strahlte ihn an.
    »Hey«, gab er lahm zurück. »Ich muss grad los. Bis morgen dann, okay?«
    Sie versperrte ihm den Weg. »Wir gehen noch was essen und ins Kino. Kommst du mit?«
    »Ich muss arbeiten.«
    »Lügner.« Sie strahlte ihn mit ihrem Colgate-Lächeln an, das bei den meisten Jungs an der Schule spontanen Herzstillstand auslöste.
    Mühsam zwang er sich zur Freundlichkeit. Was sollte er sie vor den Kopf stoßen? Er

Weitere Kostenlose Bücher