Purpurfalter
ihm etwas derartig schwer. Sein Herz verkrampfte sich schmerzhaft. Tränen der Wut und Hilflosigkeit stiegen ihm in die Augen, als er Fedlor gebückt folgte und sein Blick an dessen Rücken klebte. Wie konnte sein Freund nur freiwillig zum Vampir werden wollen? Dieser mochte es als Übergang ansehen; ein Stadium, das unumgänglich war, um sich weiterzuentwickeln. Doch selbst als Werwolf würde ein großer Teil von ihm immer ein Vampir bleiben. Die andere Hälfte wäre unnatürlich, animalisch und sein menschlicher Ursprung bald vergessen.
Aber Fedlor hatte ihm eine Wahl gelassen und Schomul hatte sich entschieden, ihm beizustehen. Dies wollte er nun mit seiner ganzen Kraft tun, ohne ihn weiterhin mit seinem Unglauben zu quälen. Fedlor fiel es nach eigener Aussage nicht leicht. Dennoch war er sich sicher. Und so wollte Schomul ihm der Freund sein, den er verdiente.
Wie Schatten huschten sie über die Pfade Föhns, immer im Schutz der jämmerlichen Behausungen. Sie ließen die Katen der Menschen hinter sich und schlichen zu den Häusern aus Stein. Ein seltsamer Geruch lag in der Vampirstadt. Schomul konnte den Ursprung nicht ausmachen. Vielleicht war es nur die Abneigung gegen diesen Ort, der seine Sinne vernebelte.
Im Gegensatz zu den morastigen Pfaden des Menschenviertels zeigten sich die Straßen, die vor ihm lagen, fast schlammfrei. Täglich mussten seine jüngeren Brüder gemeinsam mit anderen Knaben die Pflastersteine mit Handbesen reinigen. Während er mit seinem Vater auf den Feldern arbeitete oder Wein kelterte, reinigten seine Mutter und seine Schwestern die Häuser der Vampire. Wenn sie fertig waren, mussten sie den Männern folgen. Schomul war bisher nur einmal in dieses Viertel gelangt, um eins der Häuser mit einem Tuch zu polieren, als Föhn einen hohen Vampir aus der Hauptstadt Wölfing erwartete.
Seine Füße weigerten sich, das unbekannte Terrain zu betreten. Doch Fedlor sprang bereits über die Straße vor ihnen. Schomul beobachtete, wie sein Freund sich neben ein Fass hockte und ihm winkte. Hastig schweifte Schomuls Blick in alle Richtungen. Dann jagte er über den Weg und kauerte sich neben den Blondschopf.
„Wir sind angekommen.“ Heftig ging Fedlors Atem. Sein Brustkorb hob und senkte sich, als hätte er einen Sprint vom Quell des Ankerle Flusses im hohen Norden hinauf zu den Gipfeln Rabenhöhs gemacht.
„In diesem Haus...“ Die Worte wollten nicht über Schomuls Lippen kommen.
Fedlor deutete mit dem Kopf zur Tür, auf deren Holzpaneelen ein verschnörkeltes „B“ eingeritzt war. „Hier wird mein Schicksal besiegelt werden, mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“
Er wollte aufstehen, aber Schomul hielt seinen Arm fest. „Bist du dir sicher? Ganz sicher? Es ist noch nicht zu spät.“ Kaum hatte er dies gesagt, bereute er es schon. „Es tut mir Leid. Ich möchte dir ein guter Freund sein. Ich habe mir geschworen, dein Vorhaben zu unterstützen, und ich will nur das Beste für dich. Doch ich vermag die Furcht nicht zu unterdrücken.“
„Es gibt keinen größeren Kampf, als den gegen sich selbst.“ Fedlor stand auf und sah auf Schomul hinab. „Mich schmerzt es, dich mit hineinzuziehen, obwohl dies mein Weg ist.“
Schomul erhob sich ebenfalls. „Lass uns vorwärts schreiten und nicht mehr zurückschauen.“ Eigentlich versuchte er nur Sentimentalitäten zu umgehen. Er rang innerlich mit sich selbst, um stark und standhaft zu bleiben und befürchtete, dass jeglicher Gefühlsausbruch ihn schwächen würde.
Fedlor sprach nicht weiter. Schwer atmend schlich er zur Tür, schloss kurz die Augen und trat dann ein. Schomul folgte ihm. Als hinter ihnen die Tür ins Schloss fiel, flogen beide herum. Zuerst konnte Schomul in der Dunkelheit des Raumes nichts sehen. Doch dann erkannte er einen Vampir, den er bereits bei den Weinreben gesehen hatte. Seine Statur war kleiner als die der anderen und fülliger. Hochmütig ragte sein rundliches Kinn in die Luft. Er beäugte die Ankömmlinge argwöhnisch mit seinen Schweinsaugen und schnaubte.
„Was soll das? Du Wurm wolltest alleine kommen.“ Er machte einen Schritt auf die jungen Männer zu. „Wollt ihr mich hintergehen oder hast du mir ein Geschenk mitgebracht? Ah, dieser Kerl ist ein Bonus, ja?“
Irritiert sah Schomul zu seinem Freund hinüber. Fedlor schwieg.
„Das zeigt, wie sehr du dir wünschst, einer der unseren zu werden. Zuerst werde ich ihn töten und bis auf den letzten Tropfen aussaugen. Dann, mein Kleiner, widme
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