Purpurfalter
mich sicher und geborgen fühle. Lerne sie erst kennen und du...“
Barsch unterbrach er ihn. „Nein! Ich will nichts mit ihnen zu tun haben.“
Fedlor zog seine Hand zurück. „Dann unterstütze mich wenigstens. Ich brauche dich. Du bist und bleibst mein Freund.“
Minutenlang saßen sie schweigend nebeneinander und blickten ins Feuer. Die Menschen legten sich bereits auf dem Boden schlafen. Diese Nacht würden sie nicht in die Katen ihres Heimatdorfes zurückkehren. Zuviel Arbeit wartete auf sie, obwohl die Ernte dürftig ausfallen würde. Ungeachtet dessen planten die Vampire sie bei Tagesanbruch erneut anzutreiben, um Kartoffeln von Rosinengröße zu ernten.
Schomul legte sich auf den Rücken in die Nähe des Feuers und schaute in den wolkenverhangenen Himmel. „Du sagtest etwas über meine Unterstützung?“
Fedlor bettete sich neben ihn. Laut zischte sein Atem in die Stille der Nacht hinein, als er Luft zwischen den Zähnen ausblies. „Du musst mich während des Wandlungsprozesses decken. Es wird einige Tage dauern, bis ich ein Vampir geworden bin. Erst dann kann die Zeremonie der Werwölfe stattfinden. Man wird mich suchen, zur Arbeit zwingen wollen. Sollten sie entdecken, dass ich zu einer der ihren werde, verurteilen sie mich auf der Stelle zum Tode, weil sie mich nicht erwählt haben.“
„Du scheinst alles durchgeplant zu haben.“
„Das habe ich!“
„Bist du dir sicher, dass du der Menschheit den Rücken kehren willst?“
„Das bin ich!“
„Dann werde ich für dich da sein“, hauchte Schomul und drehte sich von ihm weg.
~~~
Während der nächsten Tage beobachtete Schomul Fedlor. Jede Bewegung sog er in sich auf. Jeder Silbe lauschte er genau. Hinter einer Übelkeit vermutete er eine erste Abneigung gegen normale Nahrung. Auch die plötzliche Fröhlichkeit seines Freundes erschien ihm suspekt. Doch noch war der Biss nicht erfolgt. Fedlor hatte das leidige Thema nicht erneut zur Sprache gebracht, und Schomul hoffte inbrünstig, dass der Wunsch, in die Sekte Rappaschumahs einzutreten, nur eine flüchtige Fehlleitung seiner Sehnsucht nach einem besseren Leben war. Aber er hatte sich getäuscht.
„Heute ist es soweit“, flüsterte ihm Fedlor eines Abends zu, während sie mit den anderen Männern vom Feld zurück zu den Katen marschierten. „Triff mich an Hollols Hütte, wenn der Mond hoch am Zenit steht.“
Nickend stapfte er weiter, ohne Fedlor eines einzigen Blickes zu würdigen. Schomul wollte nicht, dass sein Freund diesen Weg beschritt. Er konnte dieser Art der Verwirklichung seinen Segen nicht erteilen. Sobald Fedlor die Wandlung in einen Werwolf vollzogen hätte, würde ihre Freundschaft keine Zukunft mehr haben. Mochte dies auch der letzte Beweis wahrer Zuneigung sein, so wehrte er sich innerlich dagegen.
An diesem Abend trat Schomul mit Übelkeit im Magen in die Kate seiner Familie, während Fedlor vor sich hin pfeifend den Weg zu seiner Hütte einschlug.
Die Zeit verging rasch. Als der Mond bereits in voller Pracht am Firmament stand, gespenstisch verschleiert durch Regenwolken, schlich sich Schomul heimlich aus der Behausung. Er erstarrte bei jeglicher Bewegung, die er wahrnahm oder wahrzunehmen glaubte. Diese Nacht gebar zahlreiche bizarre Stimmen. Sie ließen ihn erschreckt herumfahren. Im Wald meinte er Irrlichter zu sehen, doch sobald er genauer hinsah, waren sie verschwunden. Wütend über das Zittern seiner Beine rannte er von einem Winkel zum anderen. Er spähte unruhig um Straßenecken. Lautlos sog er Luft ein, wenn Kerzen in den Katen gelöscht wurden, an denen er soeben vorbeigehuscht war. Dann endlich erreichte der Hollols Hütte.
„Fedlor? Wo bist du?“, fragte er kaum hörbar in die Nacht hinein. Niemand antwortete und so schlich er um die Kate herum. „Fedlor? Verdammt, bist du hier?“
Er befürchtete, dass die Vampire seinen Freund erwischt hatten. Nachts herrschte Ausgehverbot. Schomul schaute zum Mond empor und betete zu sich selbst, dass Fedlor lediglich zu spät kam. Er dachte an die verschiedenen Religionen, von denen seine Mutter ihm berichtet hatte. Außerhalb Valkenhorsts frönte man Göttern, die im Gegensatz zu den Vampiren nicht fassbar waren. Nachvollziehen konnte er das nicht, war er doch unter komplett anderen Umständen aufgewachsen. Forderten die Vampire zwar absoluten Gehorsam, so verlangten sie glücklicherweise nicht angebetet zu werden. Keine Preisungen mussten gesprochen und keine Zeremonien durchgeführt werden, um sie
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