Purzelbaum
Glas auf den Tisch abgestellt, lässt Caro auch schon wieder die Luft raus. Sie begleitet das Füllen der Gläser mit den Worten »Neue Runde, neues Glück!«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ihr sehr glücklich werdet, wenn ich zu viel von dem Zeug erwische.«, gebe ich zu bedenken. Die Mädels lachen nur, während Julia versucht nun auch die Reste des zweiten Eierlikörs aus dem Glas zu bekommen.
Die Thermosflasche mit dem Eierlikör dürfte sich derweilen schön langsam leeren. Höchste Zeit, denn ich fühle mich schon jetzt ein bisschen beschwipst. Wir sind zwar erst seit einer halben Stunde unterwegs und noch nicht mal aus München draußen, aber ich fürchte, dass das andauernde hineingießen von Flüssigkeit bereits jetzt seinen Tribut fordert. »Biene, kannst du bei der nächsten Möglichkeit mal rausfahren? Ich muss mal.«
»Mia, Mickeymausblase! Ich schau‘ was ich machen kann.«, erwidert Biene mit ihrer ziemlich tiefen, aber dafür umso lauteren Stimme.
Der Abendverkehr macht mich fertig. Die nächste Toilette kommt erst auf der Autobahn, und wir stehen jetzt schon seit einer gefühlten Ewigkeit auf der Zubringerstraße zur Auffahrt. »Wenn der Verkehr weiter so schleppend vorankommt, dann mach ich mir sicher in die Hose!«
»Na dann steig‘ halt hier aus, und hock dich an den Straßenrand. Sind eh nur Bäume und Wiese da.«, ist die glorreiche Idee von Caro. Die hat sich noch nie geniert, zumindest könnte ich mich nicht daran erinnern. »Super Idee! Und den Fahrern die hinter uns in der Kolonne stehen winke ich dabei fröhlich zu, oder was?« Ich werde schon noch so lange aushalten. Jetzt muss ja es bald weitergehen.
Zehn Minuten und ungefähr hundert Meter später bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob es sich ausgehen wird. In der Zwischenzeit sind auch noch zwei weitere Schneeflöcken in mir verschwunden. Obwohl ich eigentlich schon genug gehabt hätte, war es eine gute Strategie um mich ein bisschen Abzulenken. »Jetzt ist bald Schluss mit Lustig! Wie weit ist es noch bis zur Autobahn?«
»Noch ein- oder zweihundert Meter würde ich schätzen. Bei unserem Tempo also vielleicht eine halbe Stunde, bis wir beim nächsten Autobahnparkplatz sind.«
Ein weiteres Schneeflöckchen lenkt mich kurz ab, aber jetzt wird es wirklich eilig. Unruhig rutsche ich auf meinem Platz hin und her, bis ich es nicht mehr aushalte und die Schiebetüre aufreiße. »Scheiß drauf!« In Bruchteilen einer Sekunde habe ich meine Hose bis zu den Knien runtergezogen, und halte meinen Hintern bei der geöffneten Türe hinaus. Ein unbeschreiblich wohliges Gefühl der Erleichterung überkommt mich, während die Girls johlen und schreien vor Lachen. Carmen hat schon ihr iPhone gezückt und hält es bereit um mich zu fotografieren. »Wenn du das machst, bekommst du Ärger!«, warne ich sie mit schriller Stimme. Im nächsten Moment blendet mich auch schon der Blitz. Sie dreht das Handy um und zeigt mir das Bild, während ich meine Hose wieder raufziehe und auf den Knopf drücke um die Türe zu schließen. Ein schelmisches Grinsen huscht über Carmens Gesicht. »Sehe ich dieses Bild irgendwo im Internet, dann bringe ich dich um!«, versuche ich Carmen von blöden Ideen abzuhalten, und setze mich zurück in meinen Ledersitz. Es ist ein völlig anderes Sitzgefühl, irgendwie weniger verkrampft.
Wie zum Hohn beginnt der Verkehr plötzlich zu fließen. Nur wenige Minuten nach meiner öffentlichen Erleichterung passieren wir einen Parkplatz entlang der Autobahn. »Das ist wieder mal typisch. Jetzt gibt es natürlich keinen Stau mehr. Gibt es noch was zu trinken?«
Carmen holt eine Flasche Wodka Feige aus dem Fußraum hervor »Der nächste Après Ski Shot ist schon unterwegs.« »Wenn wir so weiter machen, dann müsst ihr mich beim Hotel im Auto zurück lassen. Ich werde nicht mehr stehen können.«, warnt Caro mit einem Lächeln um ihre Lippen. Sie wirkt sehr entspannt und scheint die Zeit mit ihren Freundinnen zu genießen.
»Ist euch klar, dass wir heute das erste Mal alle gemeinsam auf Urlaub fahren?«, frage ich in die Runde. »Stimmt, umso mehr sollten wir das feiern.«, ruft Caro, während sie kleine Feigenstückchen in die Gläser legt und den Wodka darüber gießt. Sogar die Spieße mit den kleinen Fähnchen dran hat Carmen nicht vergessen. Das kann noch was werden.
Seit unserer Abfahrt in München sind eineinhalb Stunden vergangen, und wir beschließen bei der nächsten Raststation halt zu machen. Schließlich ist
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