Purzelbaum
es nicht so angenehm auf der Autobahn seinen Hintern bei der offenen Türe raus zu halten. Außerdem wollen wir sowieso eine Kleinigkeit essen. Das Navi von Bienes Bus zeigt die nächste Station direkt hinter der Grenze zu Österreich an.
»Wir werden in fünf Minuten bei der Raststelle Walserberg halten.«, ertönt die Durchsage unserer Reiseleiterin. Das kommt mir sehr gelegen, denn ich müsste schon wieder auf die Toilette.
Beim Einfahren auf den Parkplatz der Raststation erkennt man schon das bevorstehende Skiwochenende in Österreich. Sicher mehr als die Hälfte aller Autos die hier parken sind mit Skiboxen beladen, oder werden von Leuten in Skikleidung belagert. Offensichtlich sind es aber mehr Jungs als Mädels, die sich hier in Gruppen zusammen gerottet haben. »Das sieht ja sehr gut für uns aus Mädels«, stellt Lisa fest nachdem sie sich einen schnellen Überblick über die Männer auf diesem Parkplatz gemacht hat. »Wenn das in dem Skiort auch so ist, dann könnte ja sogar mal was gehen.«
Biene findet direkt vor dem Portal des Restaurants einen Parkplatz. So ein Glück hat sie immer. Die Leute, die vor dem Lokal stehen um zu rauchen, machen große Augen als sie den quietschgelben Van sehen. Die abgedunkelten Scheiben versperren allerdings die Sicht nach innen, daher wissen sie noch nicht was auf sie zukommt. Die Schiebetüre fährt fast lautlos nach hinten, und was jetzt geschieht, würde in einem Film in Zeitlupe gezeigt werden.
Den Anfang macht Caro, deren kupferrotes, lockiges Haar üppig über ihre Schultern fällt. Während sie aus dem Wagen steigt, neigt sie ihren Kopf leicht, und wirft den umstehenden Männern aus ihren grünen Augen einen kühlen Blick zu. In ihrer schwarzen Thermohose, mit der eng geschnittenen dunkelgrauen Jacke, verströmt Caro eine kühle Eleganz.
Julia folgt ihr nachdem sie sich ihre beige Daunenjacke angezogen hat. Die dunkelbraune Jethose harmoniert perfekt mit der Jacke und Julias dunkelbraunen Haaren, die zu einem Pagenkopf geschnitten sind. Nach Julia habe ich meinen großen Auftritt. Ich lasse meine blonde Mähne mit einer etwas übertriebenen Bewegung tanzen, und schenke den Männern beim Eingang ein Lächeln. Mit meinen 1,64 bin ich um einiges kleiner als Julia vor mir, aber Biene ist die kleinste von uns. Die ist eben auf der Fahrerseite ausgestiegen, während Lisa ihren üblichen Showauftritt hinlegt.
Die Natur meinte es besonders gut mit Lisa, sie ist fast zwanzig Zentimeter größer als ich und wiegt weniger als siebzig Kilo, also kann man schon sagen, dass sie sehr dünn ist. Ihre stahlblauen Augen wirken wie unendlich tiefe Seen und ihr gewelltes Haar reicht bis zur Mitte ihres Rückens. Gemeinsam mit Julia besitzt sie vier Solarien in München und ist selbst eine ihrer besten Kundinnen. Für die Fahrt ins Skigebiet hat sie sich schwarze Leggins, einen etwas längeren, engen schwarzen Pullover, ein graues Gilet mit Kunstpelzbesatz und schwarze, kniehohe Stiefel mit mindestens dreizehn Zentimeter hohen Absätzen, angezogen.
Bei ihrem Auftritt kommt es ihr zugute, dass sie laufend Modeljobs annimmt, um ein wenig Abwechslung in ihr Leben zu bringen. Den umstehenden Männern schenkt sie ein bezauberndes Lächeln und zwinkert ihnen zu, woraufhin den meisten von ihnen die Kinnlade bis zum Boden fällt.
»Jetzt ist es dann auch wieder gut. Ich würde gerne was essen.«, treibt Carmen uns scherzhaft an. Sie beendet damit unseren Zeitlupen-Auftritt, denn sie selbst ist keine Freundin dieser Shows. Dabei könnte sie es sich durchaus erlauben, mit ihrer schlanken Figur und den sehr kurz, aber modisch geschnittenen platinblondierten Haaren.
Den umstehenden Männern muss es vorkommen, als hätte Playboy einen Betriebsausflug für die Bunnies organisiert. Wir gehen direkt an ihnen vorbei in die Raststation.
Die ist brechend voll. Unglaublich wie viele Menschen bereits an einem Donnerstagabend zum Skilaufen aufbrechen. Im dritten Raum finden wir dann doch noch einen Tisch, der groß genug für uns ist und greifen uns gleich die Karte. Es wird höchste Zeit etwas zu essen, sonst haut es mich bald aus den Schuhen. Nur wenige Minuten später geben wir unsere Bestellung bei einem nervösen Kellner auf und sorgen erneut für Erstaunen. Er fragt mehrmals nach, da er sich offensichtlich nicht vorstellen kann, dass wir das alles verdrücken werden, was wir bestellen. Lisa lächelt ihn an, »Mach dir keine Sorgen, Schätzchen. Wir können schon ordentlich was wegstecken.«
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