Qual
der Erde verschwinden würde, könnte ich tausend Jahre lang mit Hilfe von Autoreifen überleben. Ich besitze eine Karte, auf der sämtliche Deponien alter Reifen in den USA verzeichnet sind. Die meisten sollen biologisch wiederverwertet werden, aber ich will per gerichtlichem Beschluß durchsetzen, daß einige Deponien erhalten bleiben. Ich glaube, daß sie, abgesehen von meinen persönlichen Interessen, ein Teil unseres kulturellen Erbes darstellen und wir verpflichtet sind, sie für kommende Generationen zu erhalten.«
Ich nahm einige mikroskopische Aufnahmen der Algen und Bakterien, die in seinem Blut und seinen Gedärmen lebten, und schnitt sie in das Interview, außerdem eine Reproduktion der Autoreifenkarte, die er mir auf seinem Notepad gezeigt hatte. Ich spielte ein wenig mit einer Animation herum, die ich vorbereitet hatte, ein Diagramm seiner Kohlenstoff-, Sauerstoff- und Energiezyklen, aber ich war mir noch nicht sicher, an welcher Stelle ich die Szene bringen sollte.
»Also können Ihnen Hungersnöte und Massensterben nichts anhaben«, hatte ich nachgehakt, »aber wie steht es mit Viren? Was ist mit biologischer Kriegsführung oder natürlichen Epidemien?« Ich schnitt meine Frage heraus, denn sie war überflüssig, und ich zog es vor, mich so wenig wie möglich einzumischen. Der Themenwechsel kam ein wenig unvermittelt, daher ließ ich eine Szene synthetisieren, in der Landers sagte: »Doch die Veränderungen betreffen nicht nur die Symbionten.« Dann ließ ich die Szene vom Computer nahtlos an seine tatsächlichen Worte anschließen: »Ich wechsele nach und nach alle Zellstämme meines Körper aus, die die geringste Widerstandsfähigkeit gegen virale Infektionen aufweisen. Viren bestehen aus DNS oder RNS, das heißt, sie funktionieren nach denselben biochemischen Prinzipien wie jeder andere Organismus auf diesem Planeten. Deshalb können sie in menschliche Zellen eindringen, um sich dort zu reproduzieren. Aber die DNS und RNS läßt sich durch völlig anders aufgebaute chemische Moleküle ersetzen – mit anderen Basenpaaren, die an die Stelle der üblichen treten. Es ist ein neues Alphabet für den genetischen Code: statt Guanin mit Cytosin und Adenin mit Thymin zu kombinieren, anstelle von G mit C und A mit T, läßt es sich genauso durch X mit Y und W mit Z realisieren.«
Nach ›kombinieren‹ änderte ich den Wortlaut ab und ließ ihn sagen: »…kann man genauso vier alternative Moleküle verwenden, die in der Natur nicht vorkommen.« Der Sinn war derselbe, aber so wurde es etwas klarer. Doch als ich die Szene noch einmal abspielte, klang sie irgendwie nicht richtig, also beließ ich es doch beim ursprünglichen Wortlaut.
Jeder Journalist paraphrasierte heine Themen; wenn ich mich weigern würde, diese Techniken anzuwenden, könnte ich nicht arbeiten. Der Trick bestand darin, ehrlich zu bleiben – was ungefähr genauso schwierig war, wenn dasselbe für den gesamten Prozeß der Montage eines Berichts gelten sollte.
Ich schnitt eine graphische Darstellung aus dem Archiv hinein, die ein normales DNS-Molekül mit jedem einzelnen Atom der paarweisen Basen an den Helix-Strängen zeigte, dann wies ich je einem Beispiel beider Basenpaare einen bestimmten Farbcode zu. Landers hatte nicht verraten wollen, welche alternativen Basen er benutzte, aber in der Literatur hatte ich zahlreiche Möglichkeiten gefunden. Mit der Graphik-Software ersetzte ich die alten Basen durch vier plausible neue und wiederholte die langsame Zoom- und Drehbewegung der Eingangsszene mit dieser hypothetischen Landers-DNS. Dann schnitt ich auf sein Gesicht zurück.
»Doch ein simpler Austausch der DNS-Basen reicht natürlich nicht aus. Die Zellen benötigen völlig neue Enzyme, um diese neuen Basen synthetisieren zu können – und die meisten der Proteine, die mit der DNS und RNS interagieren, müssen entsprechend verändert werden. Das heißt, die Gene müssen in diese neue Sprache übersetzt und nicht nur mit neuen Buchstaben geschrieben werden.« Ich improvisierte eine passende Illustration, indem ich das Beispiel eines bestimmten Proteins aus einem der wissenschaftlichen Artikel klaute, die ich gelesen hatte. Allerdings zeichnete ich die Moleküle in einem neuen Muster um, damit man mir keine Copyright-Verletzung nachweisen konnte. »Es ist uns noch nicht gelungen, jedes menschliche Gen zu bearbeiten, das übersetzt werden müßte, aber wir haben einige Zelltypen moduliert, die hervorragend mit Mini-Chromosomen arbeiten,
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