Querschläger
zerriss und in den Papierkorb neben der Tür warf. Dann fuhr sie zum Haus von Sven Strohte, wo sie sich per Handy mit Verhoeven verabredet hatte.
»Diese Miranda Kerr ist wirklich ein bemerkenswertes Mädchen«, berichtete er, als sie nebeneinander die Auffahrt hinauf schlenderten. »Sehr klar und sachlich.«
»Und konnte sie Ihnen auch irgendwas Neues verraten?«, erkundigte sich Winnie Heller ein wenig zu schnippisch.
»Leider nicht allzu viel«, entgegnete er. »Allerdings hat sie wohl schon selbst gründlich über alles nachgedacht, und sie meint, dass zwischen den ersten, also Hrubeschs, Schüssen und der zweiten Salve höchstens zwei bis drei Minuten vergangen sein können. Möglicherweise sogar noch weniger.«
»Das würde bedeuten, dass unser Hintermann Hrubesch ziemlich dicht auf den Fersen war«, schlussfolgerte Winnie Heller. »Zumindest da oben im dritten Stock.«
Ihr Vorgesetzter nickte nachdenklich vor sich hin.
»Aber mal angenommen, Angela Lukosch war tatsächlich die Person, die unser zweiter Schütze im Visier hatte«, überlegte sie weiter. »Woher wusste er eigentlich, dass sie zur fraglichen Zeit auf der Toilette sein würde und nicht in ihrem Klassenraum?«
»Vielleicht waren sie dort verabredet«, schlug Verhoeven vor.
»Sie meinen, der Killer hat sein Opfer schon vor der Tat an einen ganz bestimmten Ort bestellt, um es dort ungestört abknallen zu können?«
»Warum nicht?«, entgegnete Verhoeven, indem er mit dem Kinn auf die imposante Fassade von Sven Strohtes Zuhause deutete. »Schließlich wäre er mit dieser Strategie nicht der Erste gewesen.«
Winnie Heller zuckte, als das Handy in ihrer Handtasche zu klingeln begann. Sie zog es heraus und drückte ohne Zögern auf die Taste Anruf abweisen.
»Sie können ruhig drangehen«, sagte Verhoeven, doch sie schüttelte eilig den Kopf.
Wenn dieser Kerl nur nicht so verflucht verständnisvoll täte! »Ist nichts Wichtiges.«
Er warf ihr einen prüfenden Blick zu und nickte.
»Aber falls Sie recht haben und Angela Lukosch tatsächlich mit unserem zweiten Schützen verabredet war«, griff sie die vorausgegangene Diskussion wieder auf, »dann kann es ihr doch ganz bestimmt nicht in den Kram gepasst haben, dass Miranda Kerr auch in dieser Toilette auftauchte, oder?«
»Miranda behauptet, sie sei Angela ohne deren Wissen gefolgt«, antwortete Verhoeven achselzuckend. »Als sie in der Toilette ankam, habe sich Angela gerade übergeben. Und da hat sie sich kurzerhand versteckt.«
»Versteckt?«
»Sie ist in eine der Kabinen und hat erst mal abgewartet.«
Winnie Heller zog die Augenbrauen hoch. »Somit wusste also weder Angela Lukosch noch ihr Mörder, dass sie überhaupt da war?« Sie schüttelte den Kopf. »Das wäre allerdings tatsächlich ein tolles Zusammentreffen, wenn’s stimmt, dass Angela und der Killer für den betreffenden Zeitpunkt eine Verabredung hatten.«
»Gegen eine solche Absprache spricht, dass Angela sich offenbar wirklich übergeben musste«, befand Verhoeven sachlich.
»Na ja«, versetzte Winnie Heller. »Immerhin war sie schwanger.«
»Stimmt.«
»Und ganz abgesehen davon: Wer sagt uns, dass Miranda Kerrs Geschichte überhaupt wahr ist? Vielleicht hat Angela gar nicht gekotzt. Vielleicht war Miranda selbst diejenige, die sie in diese Toilette bestellt hat.«
»Angela verließ den Raum nachweislich vor Miranda Kerr«, widersprach ihr Verhoeven.
»Das beweist im Grunde gar nichts«, konterte Winnie Heller. Und nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: »Hat sich diese Miranda eigentlich dazu geäußert, warum sie ihrer Todfeindin ausgerechnet an dem fraglichen Morgen aufs Klo gefolgt ist?«
Verhoeven hielt sich schützend eine Hand über die Augen, als unvermittelt die Sonne durch die Wolken brach. »Sie sagt, sie hätte einem spontanen Impuls nachgegeben. Aus irgendeinem Grund, den sie nicht näher definieren konnte, habe sie auf einmal das Gefühl gehabt, dass sie etwas Nützliches herausfinden würde, wenn sie Angela nachgeht. Etwas, mit dem sie Angela unter Druck setzen und sich so deren Gehässigkeiten vom Hals schaffen könnte. Allerdings tippte sie wohl eher auf Bulimie.«
»Haben Sie ihr das mit Angela Lukoschs Schwangerschaft erzählt?«
Verhoeven verneinte. Dann drückte er auf die Klingel der Stohte’schen Villa, und dieses Mal öffnete ihnen tatsächlich eine Angestellte, eine rundliche Frau mittleren Alters, die eine beige Strickjacke über ihrem schwarzen Etuikleid trug.
»Kriminalpolizei«,
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