Queste der Helden (Band 1 im Ring der Zauberei)
Minute ließ Thor los.
Langsam und außer Atem stand er auf, starrte völlig erstaunt hinunter, und hielt sich den verletzten Arm. Er konnte nicht glauben, was gerade geschehen war. Hatte er, Thor, gerade einen Sybold getötet?
Er glaubte, dass dies ein Zeichen war—gerade heute, dem Tag aller Tage. Er spürte, dass gerade etwas Bedeutendes geschehen war. Gerade eben hatte er das berüchtigtste und meistgefürchtete Ungeheuer seines Königreichs getötet. Im Alleingang. Ohne Waffen. Es schien unwirklich. Niemand würde es ihm glauben.
So stand er erschüttert da und wunderte sich, welche Kraft da über ihn gekommen war, was dies bedeutete, wer er wirklich war. Die einzigen Menschen, die solche Kräfte bekanntlich besaßen, waren Druiden. Doch waren sein Vater und seine Mutter keine Druiden, also konnte er keiner sein.
Oder konnte er das?
Thor spürte plötzlich eine Anwesenheit hinter ihm, wirbelte herum und fand Argon, der da stand und auf das Tier hinunterblickte.
„Wie kommt Ihr hierher?“, fragte Thor verblüfft.
Argon ignorierte ihn.
„Habt Ihr gesehen, was passiert ist?“, fragte Thor, der es selbst noch nicht ganz glaubte. „Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe.“
„Und doch weißt du es“, antwortete Argon. „Tief drinnen weißt du es. Du bist anders als die anderen.“
„Es war wie...eine Flut an Energie“, sagte Thor. „Wie eine Stärke, von der ich nicht wusste, dass ich sie hatte“.
„Das Energie-Feld“, sagte Argon. „Der Tag wird kommen, an dem du es wohl kennen wirst. Vielleicht lernst du gar, es zu kontrollieren.“
Thor hielt sich seine Schulter; der Schmerz war unerträglich. Er sah hinunter und fand seine Hand blutüberströmt. Er fühlte sich schwindlig und machte sich Sorgen, was passieren würde, wenn die Wunde nicht versorgt würde.
Argon trat drei Schritte vor, packte Thors freie Hand und drückte sie fest auf die Wunde. Er hielt sie dort fest, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Thor spürte, wie ein Gefühl der Wärme durch seinen Arm floss. In Sekunden trocknete das klebrige Blut auf seiner Hand und er konnte fühlen, wie der Schmerz langsam nachließ.
Er sah hinunter und konnte es nicht glauben: er war geheilt. Was übrig blieb, waren drei Narben, wo die Krallen ihn geschnitten hatten—doch sie sahen aus, als wären sie mehrere Tage alt. Sie waren zugewachsen. Da war kein Blut mehr.
Thor blickte Argon staunend an.
„Wie habt Ihr das gemacht?“, fragte er.
Argon lächelte.
„Ich, gar nicht. Du hast das gemacht. Ich habe deiner Kraft nur die Richtung gewiesen.“
„Aber ich habe keine Heilkräfte“, antwortete Thor verdutzt.
„Nicht?“, erwiderte Argon.
„Ich verstehe nicht. Nichts von all dem ergibt irgendeinen Sinn“, sagte Thor mit wachsender Ungeduld. „Ich bitte Euch, erklärt es mir.“
Argon blickte zur Seite.
„Manche Dinge musst du mit der Zeit lernen.“
Thor fiel etwas ein.
„Heißt das, ich kann mich der Legion des Königs anschließen?“, fragte er aufgeregt. „Wenn ich einen Sybold töten kann, werde ich mich doch bestimmt den anderen Jungen gegenüber behaupten können.“
„Natürlich kannst du das“, antwortete er.
„Aber sie haben meine Brüder ausgewählt—mich haben sie nicht ausgewählt.“
„Deine Brüder hätten dieses Ungeheuer nicht töten können.“
Thor starrte zurück und dachte nach.
„Aber sie haben mich bereits abgewiesen. Wie kann ich ihnen noch beitreten?“
„Seit wann braucht ein Krieger eine Einladung?“, fragte Argon.
Seine Worte hinterließen einen tiefen Eindruck. Thor fühlte, wie sein ganzer Körper warm wurde.
„Meint Ihr damit, ich soll einfach auftauchen? Uneingeladen?“
Argon lächelte.
„ Du erschaffst dein Schicksal. Andere können das nicht.“
Thor blinzelte—und einen Augenblick später war Argon verschwunden.
Thor konnte es nicht glauben. Er drehte sich in alle Richtungen und durchsuchte den Wald, doch er fand keine Spur von ihm.
„Hier drüben!“, ertönte eine Stimme.
Thor fuhr herum und sah einen riesigen Felsbrocken vor sich stehen. Er glaubte, dass die Stimme von oben gekommen war, und kletterte sofort hinauf.
Zu seiner Verwunderung fand er oben von Argon keine Spur.
Von diesem Aussichtspunkt aus konnte er jedoch über die Wipfel von Schattwald sehen. Er konnte sehen, wo Schattwald endete, sah die zweite Sonne in einem dunklen Grün untergehen und dahinter die Straße, die nach Königshof führte.
„Die Straße wartet nur auf dich“,
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