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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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auch danach. Er hat noch dieselben Mucken wie sonst; ich seh's ihm jedesmal an, wenn er so verlegen dasteht und nicht weiß, was er sagen soll. Und ein Glück ist es, daß er wenigstens eine Weile klein beigegeben! Davon erholt er sich nicht wieder. Wer mal zu Kreuze gekrochen ist, der bringt die Courage nicht mehr fertig. Das ist nu mal so.‹«
    So ging das von Frau Menz und Christine geführte Gespräch, das noch eine Weile weitergesponnen wurde, weil sie sich allein glaubten. Aber sie waren nicht allein. Dicht hinter ihnen stand Lehnert in der offenen Tür und hatte jedes Wort mit angehört. Er zog sich, eh sie seiner gewahr wurden, still wieder zurück und ging auf seinen Arbeitsschuppen und in diesem auf die Stelle zu, wo die Hobelspäne hoch aufgeschichtet lagen.
    Da warf er sich hin und schlug sich vor die Stirn und schwur und zitterte. Denn er war seiner Sinne kaum noch mächtig. Zuletzt verfiel er in ein krampfhaftes Weinen, aber auch die Tränen gaben ihm keine Erleichterung. Er hatte sich klein und verächtlich gemacht und alles umsonst. Alles lag wieder wie vordem, und vor seiner Seele stand es, wie's kommen würde.
     

Neuntes Kapitel
     
    Am andern Tage hatte sich Lehnert von dem, was er gehört, insoweit erholt, daß er die Kraft aufbrachte, sich's ruhiger zurechtzulegen. »Er traut mir nicht. Soll ich ihm böse darüber sein? Trau ich ihm? Was dem einen recht ist, ist dem andern billig. Es ist gut, daß ich nun weiß, wie's mit ihm steht und was ich von ihm zu gewärtigen habe. Wenn ich ihm so weiter geglaubt hätte, so wär ich vielleicht unvorsichtig geworden, und das tut nie gut, am wenigsten einem Opitz gegenüber...
Ich
will nicht wieder anfangen,
nein
, er soll anfangen. Dann bin ich ohne Schuld.« So sprach er noch weiter vor sich hin, ohne jede leiseste Vorahnung, daß derselbe Tag noch den alten Streit wieder anfachen sollte. Nur schärfer und bitterer als je zuvor.
    Es war ein heißer Tag, und die Steine, die durch die Lomnitz hin zerstreut lagen und bei niedrigem Wasserstand einen Übergang von einem Ufer zum andern bildeten, blitzten in der Sonne; drüben das Heidekraut auf der Opitzschen Seite schimmerte rot, und von dem Lupinenfeld, das sich, freilich als schmaler Strich nur, durch das Heidekraut hinzog, zog ein süßer Duft nach dem Inselchen herüber. Der Himmel stand in einem wolkenlosen Blau. Lehnert, der sich, der großen Hitze halber, von dem Vorplatz am Schuppen unter den Schuppen selbst zurückgezogen hatte, sah einen Augenblick von seiner Arbeit auf und wurde dabei mehrere Taubenschwärme gewahr, deren einer eben über die Tannen am Waldsaum hinschwebte. Plötzlich aber, während er noch so hinaufsah, vernahm er, durch die Mittagsstille hin, einen Hundeblaff und gleich danach einen durchdringenden Hahnenschrei, der, weitab davon, sicher und siegesfroh wie sonst wohl die Seinen zuhauf zu rufen, umgekehrt etwas von einem Angst- und Todesschrei hatte. Lehnert ahnte, was es war, sprang auf die Deichsel und Vorderachse des gerade vor ihm stehenden Arbeitswagens und sah von dieser Hochstellung aus, was drüben passierte. Diana hatte den Hahn an seinem Silberkragen gepackt und schüttelte ihn. Und nun ließ der Hund wieder ab, und die plötzliche Lautlosigkeit verriet nur zu deutlich, daß das schöne Tier, das er gepackt und geschüttelt, tot war. Das gab Lehnert einen Stich ins Herz, denn neben dem prächtigen gelben Rosenstrauch an Haus und Dach war der Silberhahn so ziemlich das einzige, woran er hing; alles andere war in Rückgang und Verfall. Er ballte die Faust und drohte nach drüben hin, aber er bezwang sich wieder und richtete seinen Zorn und Unmut, einen Augenblick wenigstens, statt gegen Opitz gegen die eigene Mutter.
    »
Die
ist schuld; es mußte so kommen. Hab ich doch den da drüben wohl ein dutzendmal sagen hören: ›Liebe Frau Menz, wenn Sie nicht nach dem Rechten sehen und das Hühnervolk immer über den Steg und die Steine bis in meinen Vorgarten lassen,
ich
stehe für nichts; Diana packt mal zu.‹ Nun hat Diana zugepackt, und wir sind unseren Hahn los und müssen noch still sein und vielleicht auch noch gute Worte geben wegen der Aurikeln und Levkojen oder was das arme schöne Tier sonst noch zerpflückt und zertreten hat... Aber so ist die Alte, sie will die paar Futterkörner sparen, und selbst ihre Hühner sollen drüben zu Gaste gehen. Es ist ein Elend, und bloß neugierig bin ich, was er nun machen und ob er sich entschuldigen und so was von Bedauern sagen

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