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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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glauben wird, so wird er doch so tun, als glaub er's. Aber
das
verlang ich von Euch, daß Ihr Euch vor mir zu dem bekennt, was Ihr getan habt, und daß Ihr Euch entschuldigt. Hab
ich
Euch doch mein Bedauern über den Hahn ausgesprochen. Und war nicht dazu gebunden. Aber
Ihr
, Ihr seid's. Und nun heraus mit der Sprache. Beichten ist immer das beste, da wird die Seele wieder frei, nicht wahr? Und man kann jedem wieder ins Auge sehn.«
    »Kann ich!« sagte Lehnert, und sein Auge suchte das des Försters, um sich mit ihm zu messen. Aber das Gefühl seines Unrechts war doch stärker als sein Trotz, und er senkte den Blick wieder.
    Opitz lächelte.
    »Guten Abend, Frau Menz. Ich werde meine Frau von Euch grüßen. Und auch Christinen. Und nun Gott befohlen!«
    Und ohne weiter ein Wort oder einen Blick an Lehnert zu richten, verließ er das Haus und ging auf den Steg zu. Diana folgte.
     
Zehntes Kapitel
     
    Die Alte war ihm bis in den Vorgarten gefolgt und rechnete darauf, daß er sich noch einmal umsehen würde, für welchen Fall sie devotest zu knicksen vorhatte, schließlich aber gewahr werdend, daß auf einen gnädigen Abschiedsblick nicht mehr zu rechnen sei, gab sie's auf und ging in die Stube zurück. Hier stand Lehnert noch am alten Fleck und sah vor sich hin.
    »Ach, Lehnert, wenn du's doch nicht getan hättest... Und Speck will er uns auch noch schicken. Sieh, so ist er immer und meint es gut. Aber wenn ich ihn auch mit Schmand brate, schmecken tut er mir doch nicht. Wie kann er mir auch schmecken? Wenn man Angst hat, schmeckt einem nichts, gar nichts, und will nicht runter, und ich fühle schon, wie's mir hier sitzt und ordentlich vor der Brust steht.«
    »Ach, Mutter, was soll das? Aber so bist du. Du willst alles haben, und wenn dann nachher was passiert, was nach Gerichtsvorladung aussieht, oder wenn du gar zu glauben anfängst, nun ist es mit dem Schinkenknochen und dem Liesenschmalz drüben vorbei, dann heißt es wieder: ja warum auch? warum hast du geschossen?«
    »Ich habe nichts gesagt, ich habe dir nicht zugeredet.«
    Lehnert stampfte heftig auf, fiel aber rasch wieder ins Lachen und sagte: »Wir wollen uns vertragen, Mutter. Du bist, wie du bist. Nein, zugeredet hast du nicht. Du kamst bloß, als ob wenigstens das Haus in Brand stünd, und riefest: ›Ein Has, ein Has!‹ Nun sage, was hieß das? was sollte das? Sollt ich kommen und mir das Wundertier ansehn? Oder ihn wegjagen? Kannst du nicht selber einen Hasen wegjagen? Ich habe just das getan, was du wolltest, und du hast dabei gedacht: ›Opitz wird heute still sein von wegen dem Hahn und vielleicht auch von wegen der neuen Freundschaft.‹ Und weil es nun anders gekommen, so bist du wieder mit Vorwurf und Klage bei der Hand und weimerst mir wieder was vor, weil ich geschossen hab, und sähest es am liebsten, ich ginge gleich rüber und würfe mich ihm zu Füßen und küßte seinen Rockzipfel. Aber davon wird nichts. Er mag nun wieder seine Schreiberei machen und alles zur Anzeige bringen. Aufschreiben und Anzeigen versteht er, das war schon seine Kunst, als er noch bei den Soldaten war. Aber ich werde mich schon zu verteidigen wissen und werde vor Gericht aussagen, daß ich meinen Kohl und meinen Hafer, oder was es sonst ist, nicht für Opitz und seine Hasen ziehe. Geschossen hätt ich blind drauflos, was dann aus dem Hasen geworden, das wüßt ich nicht und braucht ich nicht zu wissen, und wenn Opitz eines Hasen Schweiß gefunden habe, was ja sein könne, so sei's nicht der, um den sich's hier handle,
der
sei lustig in die Welt gegangen.«
    »Aber dann werden sie dir einen Eid zuschieben. Willst du schwören?«
    »Nein, das will ich nicht. Schwören tu ich nicht. Aber ich werde schon was finden, um aus der Geschichte rauszukommen.«
    Er sagte das so hin, halb um der Mutter zu widersprechen, halb um sie zu beruhigen, war aber klug genug, zu wissen, daß er schwerlich eine Ausrede finden und somit sehr wahrscheinlich einer zweiten Verurteilung entgegengehen werde. Das war ihm ein schrecklicher Gedanke, so schrecklich, daß ihm alle Lust an der Arbeit auf ganze Tage verlorenging und er umherzutabagieren begann, was er ohnehin liebte. Den Tag über sprach er in dieser oder jener Baude vor oder ging auch wohl ins Böhmische hinüber, wo er, bis nach Sankt Peter und Trautenau hin, viel Anhang hatte, abends aber saß er in den nächstgelegenen Kretschams umher, im »Waldhaus«, in Brückenberg, in Wang, heute hier und morgen da, und erzählte jedem,

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