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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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war, fiel der Schuß. Am Saume hin zog der Pulverrauch und wollte sich nicht gleich vertun; Lehnert indes, der wohl wußte, daß er keinen Fehlschuß getan hatte, ging langsam auf die Stelle zu, nahm den Hasen vom Boden und kehrte dann über Steg und Hof in sein Häuschen zurück.
    »Da, Mutter. Der soll uns schmecken. Opitz kann sich den Hahn braten lassen.«
    Erst als Lehnert diesen Namen nannte, kam der Alten die nur zu berechtigte Sorge wieder, was Opitz zu dem allem wohl sagen würde, Lehnert selbst aber war guter Dinge, sprach in einem fort von Haus- und Feldrecht und suchte der Alten ihre Befürchtungen auszureden. Ob es ihm Ernst damit war und ob er wirklich an sein »Haus- und Feldrecht« glaubte, war schwer zu sagen und blieb auch da noch im ungewissen, als eine halbe Stunde später Opitz in Person von seiner Försterei herüberkam und den Hasen forderte.
    Lehnert spielte den Unbefangenen, ja zunächst sogar den Verbindlichen und bat Opitz, Platz nehmen zu wollen, und erst als dieser, unter Ablehnung der Artigkeit, die Forderung wiederholte, stellte sich Lehnert mit dem Rücken an den Ofen und sagte: »Was man nicht hat, kann man nicht geben.«
    Um Opitz' Züge, der nur zu gut wußte, daß er jetzt seinen alten Gegner in Händen habe, flog ein spöttelndes Lächeln, und es trieb ihn mächtig, diesem seinem Gefühle von Überlegenheit auch sofort einen Ausdruck zu geben. Er bezwang sich aber und sagte: »Lehnert, Ihr nehmt den Streit wieder auf und tätet doch klüger und besser, es nicht zu tun. Ich warn Euch. Ich mein es gut mit Euch.«
    »Ich habe den Hasen nicht.«
    »Ihr habt von dem Brückensteg aus gezielt und geschossen.«
    »Ich habe von dem Brückensteg aus geschossen, aber nicht gezielt. Der Hase saß in unserm Feld; er ist jetzt öfters bei uns zu Gast, und nachts wird er wohl mit Familie kommen. Ich brauche keinen Hasen in meinem Felde zu leiden, und ich hab ihn verjagen wollen.«
    »Ein Has ist ein Has, und Ihr braucht bloß in die Hand zu klatschen...«
    »Aber ein Schuß hilft mehr.«
    »Namentlich, wenn er getroffen hat.«
    Lehnert schwieg und sah an Opitz vorbei, der seinerseits eine kleine Weile vergehen ließ, fast als ob er Lehnert eine Frist zur Überlegung gönnen wollte. Als aber jedes Entgegenkommen ausblieb, nahm er zuletzt das Wort wieder und sagte: »Lehnert, Ihr bringt Euch in Ungelegenheiten. Ihr habt einen Haß gegen mich, und das verdirbt Euch Euren guten Verstand. Ihr streitet mir den Hasen ab, Ihr, der Ihr immer von Eurer Wahrheitsliebe sprecht, und wäre mir doch ein leichtes, den Hasen in Eurem Hause zu finden. Und wenn
ich
ihn nicht fände, so doch Diana... Kusch dich... Ihr habt den Hasen verjagen wollen. Nun, meinetwegen; das ist Euer gutes Recht. Und wenn Ihr's Euch einen Schuß Pulver kosten lassen wollt, nun, so mag auch
das
hingehen, obwohlen es auffällig ist und eigentlich nicht in der Ordnung. Es ist nicht Brauch hierzuland, einen Hasen durch einen Flintenschuß zu verjagen. Und der Letztberechtigte dazu seid Ihr, der Ihr schon manches auf dem Kerbholz habt. Ich sah von meiner Giebelstube her, daß Ihr im Anschlag lagt, und ich sah auch, wie der Hase zusammenbrach. Und zum Überfluß hab ich mir die Stelle drüben, eh ich in Euer Haus kam, mit allem Vorbedacht angesehen und habe den Schweiß an dem hohen Farnkraut gefunden, das drüben steht.«
    Die Bedrängnis, in der sich Lehnert befand, wuchs immer mehr, und ein begreifliches Verlangen überkam ihn, aus dieser seiner Lage heraus zu sein. Er war aber schon zu tief drin, und was die Hauptsache war, er konnte sich nicht entschließen zuzugeben, eine Lüge gesprochen zu haben. So pfiff er denn leise vor sich hin, als ob er andeuten wolle, daß der Worte genug gewechselt seien.
    Opitz seinerseits aber war nicht willens, seinen Triumph abzukürzen, und fuhr, während er eine gewisse Gütigkeitsrolle weiterspielte, ruhigen Tones fort: »Ich sehe, Lehnert, daß Ihr ungeduldig werdet, und will Eure kostbare Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen. Und so hört denn meinen letzten Vorschlag! Ich will den Hasen nicht, und meine Frau, die's, wie Ihr wißt, gut mit Euch meint, mag Euch auch noch den Speck dazu schicken. Und
ich
, Lehnert, ich will's bei dem Grafen verantworten, und wenn er sich wundern sollte, so will ich, aus Rücksicht für Euch, von einem Schreckschuß sprechen, der zufällig getroffen habe. Der Graf ist ein gnädiger und nachsichtiger Herr, und wenn er das mit dem ›Schreckschuß‹ auch nicht

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