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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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über das Leben und die menschliche Seele nachgedacht. Im allgemeinen konnte in der Gesellschaft, der beide angehörten, ein Leben nach außen wohl glücklich oder unglücklich sein, innerlich war es ausgeglichen. Wie der Blitz oder ein Erdbeben einen Tempel zertrümmern konnte, so auch das Unglück ein Leben. An sich jedoch war es aus einfachen, harmonischen Linien zusammengesetzt, die sich nicht ineinander verwirrten. Doch aus Vinicius’ Worten sprach etwas Neues. Petronius sah sich zum erstenmal vor einer Reihe seelischer Widersprüche, die der Lösung harrten. Er war klug genug, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen; allein trotz all seiner Klugheit fand er hier keine Antwort. Nach langem Schweigen sagte er endlich:
    „Das muß Zauberei sein.“
    „Dies war auch mein Gedanke. Mehr als einmal schien es mir, als ob Lygia und ich verzaubert wären.“
    „Und wenn du vielleicht zu den Serapispriestern gingest? Unter ihnen gibt es, wie unter allen Götterpriestern, ohne Zweifel viele Betrüger, doch sind auch welche darunter, die wunderbare Kenntnisse haben.“
    Er sagte das ohne Überzeugung, mit unsicherer Stimme; denn er mußte fühlen, wie lächerlich und nichtig der Rat von seiner Seite sich ausnahm.
    Vinicius rieb sich die Stirn und sagte:
    „Zauberei! Ich habe Zauberer gekannt, die unbekannte und unterirdische Kräfte zu ihrem Vorteile verwendeten, und solche, die sich solcher zum Schaden ihrer Feinde bedienten. Diese Christen jedoch leben in Armut, verzeihen den Feinden, predigen Ergebung, Tugend, Barmherzigkeit. Welchen Nutzen könnten sie da durch Zauberei gewinnen?“
    Petronius ärgerte sich, daß sein Scharfsinn keine Antwort fand. Da er dies nicht glauben wollte, erwiderte er, um wenigstens etwas zu sagen:
    „Das ist eine neue Sekte.“
    Nach einer Weile fuhr er fort: „Bei der göttlichen Herrin der Paphischen Haine! Wie abträglich ist all dies dem Leben! Du bewunderst die Tugend und Güte dieser Leute; ich aber sage dir, sie sind schlecht, denn sie sind Feinde des Lebens, wie Krankheit und Tod es sind. Wir aber haben solcher Feinde schon genug und brauchen nicht noch Christen zu allem Überfluß. Zähle sie nur einmal, unsere Krankheiten: Nero, Tigellinus, Cäsars Verse, Kuppler, die die echten Nachkommen der Quiriten beherrschen, Freigelassene, die Senatorenrang einnehmen! Bei Kastor! Es gibt viel zuviel davon! Und nun noch diese zerstörerische, widerliche Sekte! Hast du keinen Versuch gemacht, deine Trübseligkeit abzuschütteln, ein wenig von deinem Leben Genuß zu ziehen?“
    „Ich versuchte das“, entgegnete Vinicius.
    „Ah, Verräter!“ lachte Petronius. „Gerüchte laufen schnell, sobald sie den Sklaven zu Ohren gekommen. Du hast mir Chrysothemis abspenstig gemacht.“
    Vinicius’ Antwort war eine verächtliche Handbewegung.
    „In jedem Falle bin ich dir dankbar“, fuhr Petronius fort. „Ich werde ihr ein Paar perlengestickter Pantoffeln senden. In meiner Liebessprache heißt das soviel wie: Hebe dich weg von mir. Ich bin dir zweifach verpflichtet: Erstens nahmst du Eunike nicht an, zweitens hast du mich von Chrysothemis befreit. Höre! Du siehst in mir einen Mann, der früh zu hohem Range gestiegen ist, Bäder besuchte, an Gelagen teilnahm, Chrysothemis besaß, Satiren schrieb und bisweilen Prosa mit Versen vermengte, der aber wie der Cäsar sich langweilte und oft genug unfähig war, düstere Gedanken loszuwerden. Und weißt du, warum? Weil ich in der Ferne suchte, was in der Nähe zu finden war. Ein schönes Weib ist stets ihr Gewicht in Gold wert; wenn sie dich aber dazu noch liebt, so steht sie geradezu über jedem Preise. Solch eine erkaufst du dir nicht für alle Schätze des Verres. Ich sage nun zu mir selber: Ich will mein Leben mit Genuß anfüllen wie einen Becher mit dem köstlichsten Weine, den die Sonne gedeihen ließ; genießen will ich, bis meine Arme kraftlos niedersinken und meine Lippen erblassen. Was dann folgt, kümmert mich nicht. Da hast du meine neueste Philosophie.“
    „Die hast du von jeher bekannt. Ich finde nichts Neues daran.“
    „Es ist Gehalt darin, der früher fehlte.“
    Nach diesen Worten ließ er Eunike rufen. Sofort trat sie ein, in weiße Gewänder gehüllt – nicht mehr die frühere Sklavin, sondern wie eine Göttin der Liebe und des Glückes.
    Petronius öffnete die Arme und sprach;
    „Komm!“
    Sie warf sich erst in seine Arme, setzte sich dann auf seine Knie, umschlang seinen Nacken und legte ihren Kopf an seine Brust. Vinicius

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