Quo Vadis
glänzende Spiele in Benevent, daß ich dir nichts Übles wünschen kann. Mache ein Paar Schuhe für die Sphinx, damit ihre Tatzen im Nachttau nicht erstarren, fertige Sandalen für die Kolosse, die die Alleen vor den Tempeln schmücken. Alle Welt wird hierin eine passende Beschäftigung für dich sehen. Domitius Afer wird Schatzmeister sein; denn er ist für seine Ehrenhaftigkeit bekannt. Ich freue mich, Cäsar, wenn du von Ägypten träumst, und mich hat der Aufschub deiner Reise verstimmt.“
„Deine sterblichen Augen sahen nichts, denn die Gottheit wird jedem unsichtbar, der es wünscht“, sprach Nero. „Wisse, als ich im Tempel der Vesta weilte, stand sie an meiner Seite und flüsterte mir zu: ‚Verschiebe die Reise!‘ Dies kam so unerwartet, daß ich erschrak, obschon ich den Göttern für solch eine offenbare Sorge um mich den tiefsten Dank schulde.“
„Wir alle erschraken“, sagte Tigellinus, „und die Vestalin Rubria wurde ohnmächtig.“
„Rubria“, sprach Nero, „was für einen schneeweißen Nacken hat sie!“
„Sie errötete beim Anblick des göttlichen Cäsars.“
„Auch ich bemerkte das. Es ist wunderbar, daß in jeder Vestalin etwas Göttliches liegt, und Rubria ist sehr schön.“
„Sagt mir“, fuhr er nach einigem Nachdenken fort, „warum fürchten die Menschen Vesta mehr als die übrigen Gottheiten? Was bedeutet das? Obwohl ich Oberpriester bin, ergriff mich doch damals Furcht. Ich erinnere mich nur, daß ich zurücksank und wohl zu Boden gefallen wäre, hätte man mich nicht gehalten. Wer tat es?“
„Ich“, antwortete Vinicius.
„Oh, du, strenger Mars! Warum warst du nicht in Benevent? Man sagte mir, du wärest krank, und dein Aussehen ist allerdings verändert. Aber ich hörte, daß Kroton dich töten wollte; ist das wahr?“
„Es ist wahr, und er zerbrach mir den Arm; aber ich verteidigte mich.“
„Mit einem gebrochenen Arm?“
„Ein Barbar half mir, der stärker war als Kroton.“
Nero blickte Vinicius verwundert an.
„Stärker als Kroton? Du scherzest, Kroton war der stärkste der Menschen; aber jetzt ist es Syphax von Äthiopia.“
„Ich sage dir, Cäsar, was meine eigenen Augen sahen.“
„Wo ist jene Perle? Ist er nicht König des Nemorensischen Haines geworden?“
„Ich weiß es nicht, Cäsar, er verschwand mir aus den Augen.“
„Du weißt auch nicht, welchem Volk er angehört?“
„Meines gebrochenen Armes wegen konnte ich ihn nicht fragen.“
„Suche ihn jetzt und bringe ihn mir!“
„Auch ich werde Nachforschungen anstellen“, sagte Tigellinus.
Nero fuhr fort: „Ich danke dir, Vinicius, für deine Unterstützung, ohne sie hätte ich mir wohl auf dem Boden das Haupt zerschmettert. Du warst uns einst ein guter Gesellschafter; aber seit dem Feldzuge im Dienste des Corbulo bist du wohl menschenscheu geworden. Ich sehe dich selten.“
„Was ist’s mit jenem Mädchen“, fragte er nach einer Weile, „deren Liebe dich umstrickt hielt und die ich für dich aus dem Hause des Aulus kommen ließ?“
Vinicius war verwirrt, aber Petronius kam ihm zu Hilfe.
„Ich wette, Herr“, sagte er, „die ist schon vergessen. Siehst du seine Verwirrung? Frage ihn nach der Zahl derer, die ihn in der Zwischenzeit unterhalten haben, und er wird dir die Antwort schuldig bleiben müssen. Die Vinicier sind gute Soldaten, aber noch bessere Eroberer. Sie bedürfen ganzer Herden. Strafe ihn dadurch, Herr, daß du ihn nicht zum Feste ladest, das Tigellinus zu deiner Ehre am Teiche des Agrippa veranstalten will!“
„Das werde ich nicht tun. Ich vertraue darauf, daß es Tigellinus an Herden schöner Frauen nicht wird fehlen lassen.“
„Dürften die Grazien fehlen, wo Amor weilt?“ antwortete Tigellinus.
„Langeweile quält mich“, sagte Nero. „Ich bin, dem Willen der Götter folgend, in Rom geblieben; aber ich mag die Stadt nicht leiden. Ich werde nach Antium gehen, damit ich in diesen engen Straßen und Gassen, unter den verfallenen Häusern nicht ersticke. Die ungesunde Luft dringt selbst in meinen Palast und meinen Garten. O daß ein Erdbeben Rom zerstörte, daß ein erzürnter Gott die Stadt dem Erdboden gleichmachte! Ich wollte dann zeigen, wie eine Stadt werden soll, die der Mittelpunkt der Welt und meine Residenz ist.“
„Cäsar“, fragte Tigellinus, „sagtest du nicht, daß doch ein erzürnter Gott Rom zerstören möchte?“
„Ja, und was dann?“
„Nun, bist du nicht selbst ein Gott?“
Nero machte eine Handbewegung, die seinen
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