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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Willen des Cäsars muß gehorcht werden“, sagte Aulus.
    „Aulus!“ rief Pomponia, das Mädchen mit den Armen umspannend, wie um es zu schützen, „der Tod wäre besser für sie.“
    Lygia, an ihre Brust sich schmiegend, fand vor Schluchzen keine anderen Worte als: „Mutter! Mutter!“
    Schmerz und Zorn malten sich wiederum in Aulus’ Zügen.
    „Stände ich allein für mich in der Welt“, sagte er finster, „so würde ich sie lebendig nicht hergeben, und meine Verwandten könnten heute noch dem Jupiter Liberator opfern. Aber ich habe kein Recht, dich und unser Kind zu töten, das noch bessere Zeiten erleben mag. Ich will mich zum Kaiser verfügen und ihn bitten, den Befehl rückgängig zu machen. Ob er mich anhört, weiß ich nicht. Indessen lebe wohl, Lygia, und vergiß nicht, daß Pomponia und ich den Tag segnen, an dem du unser Haus zum erstenmal betreten hast.“
    Bei diesen Worten legte er seine Hand auf ihr Haupt. Trotz seines Bemühens, Ruhe zu zeigen, zitterte tiefer Kummer durch seine Worte, als Lygia die tränenschweren Augen gegen ihn kehrte, seine Hand ergriff und an ihre Lippen drückte.
    „Lebe wohl, unsere Freude, unserer Augen Licht“, sprach er.
    Eilends begab er sich ins Atrium, um nicht von der eines Römers und Feldherrn unwürdigen Rührung übermannt zu werden.
    Inzwischen geleitete Pomponia das Mädchen nach dem Cubiculum, wo sie es zu trösten und ihm Mut einzuflößen versuchte, indem sie Worte sprach, die in diesem Hause seltsam klangen, wo noch Aulus Plautius, alter Sitte getreu, den Hausgöttern Opfer darbrachte. Nun sei die Stunde der Prüfung gekommen. Einst habe Virginius seiner eigenen Tochter das Herz durchbohrt, um sie vor Appius Claudius zu retten; vor ihm schon löschte Lucrezia ihre Schande mit ihrem Leben aus. Der kaiserliche Palast sei eine Höhle der Schmach, des Lasters und Verbrechens.
    „Wir aber, meine Lygia, wissen, daß wir nicht Hand an uns selbst legen dürfen! Ja, das Gesetz, dem wir beide Untertan sind, ist ein anderes, ein heiligeres; doch erlaubt es, uns gegen Schande und Schmach zu wehren, sollten auch Marter und Tod die Folgen sein. Wer rein aus dem Hause der Verderbnis hervorgeht, hat um so größeres Verdienst. Die Erde ist ein Jammertal; wohl uns, daß unser Leben nur einen Augenblick währt. Der Weg zur Auferstehung geht durch das Grab, jenseits dessen nicht Nero, sondern Barmherzigkeit herrscht, wo Pein in Wonne, Tränen in Freude verwandelt werden.“
    Dann sprach sie von sich selber. So ruhig sie äußerlich schien, so tiefe Wunden gab es in ihrer Seele. Aulus selbst war eine Quelle ihrer Tränen. Das Licht der Wahrheit hatte ihn noch nicht erleuchtet. Ihren Sohn durfte sie auch nicht in der Wahrheit erziehen. Beim Gedanken, es könnte bis an ihr Ende so bleiben und eine Trennung möchte kommen, tausendmal schrecklicher als die bloß zeitliche, die eben bevorstand, wußte sie nicht, wie dann der Himmel für sie ein Ort der Wonne sein könnte. Manche Nacht hatte sie durchwacht und durchweint, Gnade und Barmherzigkeit erflehend. Doch faßte sie es als ein Opfer für Gott auf, was sie litt; sie hoffte und harrte. Auch jetzt verzagte sie nicht, wo ein neuer Schlag sie traf, wo der Befehl des Tyrannen ein teures Kind von ihr riß; sie verzagte nicht, weil ihr Glaube sie lehrte, daß es eine Macht gäbe, die größer sei als Neros Macht, ein Erbarmen, stärker als sein Zorn.
    Und sie zog das Mädchen noch enger an sich. Nach einer Weile sank Lygia auf die Knie, verbarg ihr Gesicht in den Falten von Pomponias Kleid und verharrte lange schweigend in dieser Stellung; als sie wieder aufstand, war ihr Gesicht ruhiger geworden.
    „Ich trauere um dich, Mutter, um den Vater und meinen Bruder; doch ich sehe ein, daß Widerstand nutzlos und für uns alle gefährlich wäre. Ich gelobe, im kaiserlichen Palaste deine Worte nie zu vergessen.“
    Noch einmal umschlang Lygia den Hals Pomponias, dann begaben sie sich in den Oecus, wo das Mädchen von dem kleinen Aulus, dem alten griechischen Pädagogen, der Zofe und dem ganzen Gesinde Abschied nahm.
    Einer der Sklaven, ein erstaunlich hochgewachsener und breitschultriger Lygier, Ursus genannt, der einst mit Lygia und deren Mutter in das römische Lager gekommen war, fiel erst Lygia, dann Pomponia zu Füßen und sagte zu letzterer:
    „O Domina, laß mich mit meiner Herrin ziehen und über sie wachen.“
    „Du bist nicht mein, sondern Lygias Diener“, erwiderte Pomponia; „doch wie willst du über sie

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