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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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wachen?“
    „Ich weiß es nicht; ich weiß nur, daß in meinen Händen Eisen zerbricht, als ob es Holz wäre.“
    Eben trat Aulus ein, der, als er erfuhr, um was es sich handelte, nicht bloß keine Einwendung machte, sondern sogar erklärte, er habe kein Recht, ihn zurückzuhalten. Sie gaben Lygia als eine vom Cäsar abverlangte Geisel hin und waren demnach verpflichtet, auch das Gefolge mitzugeben, das mit Lygia in die Hände des Kaisers überging. Dabei flüsterte er seiner Frau zu, sie könne so viele Sklaven mitgeben, wie sie für geeignet halte, da der Zenturio deren Mitnahme nicht verweigern dürfe.
    Darin lag ein gewisser Trost für Lygia. Pomponia selbst war froh darüber, die Pflegetochter mit Sklaven zu umgeben, deren Auswahl man ihr überließ. Sie bestimmte außer Ursus die alte Kammerfrau, zwei Mädchen aus Zypern, die geschickt im Frisieren waren, und zwei germanische Mädchen als Badewärterinnen. Ihre Auswahl fiel lediglich auf Anhänger des neuen Glaubens, den auch Ursus seit einer Reihe von Jahren bekannte. Sie durfte auf deren Treue zählen und tröstete sich zugleich mit dem Gedanken, daß bald das Saatkorn der Wahrheit in Neros Hause aufgehen würde.
    Sie schrieb noch einige Worte, worin sie Lygia der Sorge von Neros Freigelassener, Acte, empfahl. Zwar hatte sie Acte nie bei einer Zusammenkunft der Bekenner ihres Glaubens gesehen; aber es wurde ihr von diesen gesagt, daß Acte ihnen nie einen Dienst verweigert habe und eine eifrige Leserin der Briefe des Paulus von Tarsus sei. Auch das wußte sie, daß die junge Freigelassene melancholischer Gemütsart, gar nicht wie die anderen Frauen in Neros Hause, und in einem gewissen Maße der gute Geist des Palastes war.
    Hasta erbot sich, Acte den Brief selber zu übergeben. Er hielt es für natürlich, daß eine Königstochter ein Gefolge von Dienerschaft haben müßte, und erhob durchaus keine Einwendung, sondern wunderte sich vielmehr, daß das Gefolge so wenig zahlreich sei. Dagegen bat er um Eile, aus Furcht, des Mangels an Eifer in der Ausführung von Befehlen bezichtigt zu werden.
    So kam der Augenblick des Abschieds. Pomponias und Lygias Augen füllten sich mit neuen Tränen; Aulus legte noch einmal seine Hand auf das Haupt der Scheidenden, der Knabe hob drohend die Fäustchen gegen den Zenturio, und die Prätorianer geleiteten Lygia zum Palaste.
    Plautius befahl darauf, seine Sänfte bereitzuhalten, und schloß sich inzwischen mit Pomponia in der Pinacothek neben dem Oecus ein, wo er begann:
    „Höre, Pomponia. Ich will zum Cäsar gehen, obschon ich mir davon keinen Erfolg verspreche; auch zu Seneca will ich gehen, obwohl seine Worte bei Nero nichts mehr bedeuten. Sophonius, Tigellinus, Petronius und Vatinius sind jetzt einflußreicher. Was Nero betrifft, so hat er vielleicht nie vom Volke der Lygier gehört, und wenn er die Auslieferung der Geisel verlangte, so hat er es auf fremdes Anstiften hin getan – auf wessen Anstiften, das zu erraten ist nicht schwer.“
    Rasch erhob sie die Augen.
    „Petronius?“
    „Ja.“
    Nach kurzem Schweigen fuhr der Feldherr fort:
    „Da siehst du, wohin es führt, wenn man Menschen ohne Gewissen und Ehre über die Schwelle treten läßt. Fluch dem Augenblicke, wo Marcus Vinicius unser Haus betrat; denn er war es, der Petronius hierherführte. Wehe Lygia, denn jene Männer suchten nicht eine Geisel, sondern eine Konkubine.“
    Seine Sprache war zischender als sonst in seiner ohnmächtigen Wut und in seinem Kummer um die Pflegetochter. Er kämpfte mit sich selber, und nur die geballten Fäuste verrieten, wie heftig dieser innere Kampf war.
    „Bis jetzt habe ich die Götter verehrt“, sprach er endlich, „nun aber glaube ich, daß nicht sie die Welt beherrschen, sondern ein fürchterliches Ungeheuer, Nero genannt!“
    „Aulus“, versetzte Pomponia, „Nero ist bloß eine Handvoll Moder und Staub vor Gott.“
    Aulus begann mit langen Schritten den Mosaikboden der Pinacothek zu messen. Sein Leben zählte große Taten, doch keine großen Schicksalsschläge. Darum war er an Unglück nicht gewöhnt. Der Veteran hatte Lygia lieber gewonnen, als er selber wußte, und konnte sich jetzt nicht mit dem Gedanken versöhnen, sie verloren zu haben. Zudem fühlte er sich gedemütigt. Es lag auf ihm eine Hand, die er verabscheute, und doch fühlte er, daß vor ihrer Macht die seine wie ein Nichts verschwand. Als es ihm gelungen war, die Wut zu unterdrücken, die sein Inneres durchwühlte, sprach er:
    „Ich nehme an,

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