Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
Summe im voraus verlangt hätten. Seit einiger Zeit schon waren ihm die schmutzigen, gefährlichen Gestalten, die vor den verdächtigen Wohnungen in der Subura und jenseits des Tibers herumlungerten, zuwider geworden. Weil er alles nach sich selbst beurteilte und ohne genügende Kenntnis der Christen und ihrer Lehre war, glaubte er, auch unter ihnen willige Werkzeuge zu finden. Sie schienen ihm zuverlässiger zu sein, und er beschloß, sich an sie zu wenden und die Sache in einer Form darzustellen, daß sie die Tat nicht bloß des Lohnes wegen, sondern aus religiösem Eifer unternehmen würden.
    So begab er sich gegen Abend zu Euricius, von dessen Ergebenheit er überzeugt war. Vorsichtig, wie Chilon war, dachte er keineswegs daran, seine wirklichen Absichten zu offenbaren, die mit dem frommen, tugendhaften Glauben des Alten unvereinbar waren. Er mußte zu jener Tat fähige Leute haben und diesen die Angelegenheit so auseinandersetzen, daß sie, schon sich selber zuliebe, ewiges Schweigen beobachten würden.
    Euricius hatte nach dem Loskauf seines Sohnes einen Laden beim Circus Maximus gemietet, worin er Oliven, Bohnen, mit Honig versüßtes Wasser den Besuchern des Zirkus feilbot. Chilon traf ihn, wie er eben seinen Laden einrichtete; er grüßte den Alten in Christi Namen und begann gleich vom Grunde seines Besuches zu sprechen. In Anbetracht der erwiesenen Wohltat rechne er auf Dankbarkeit. Er brauche zwei bis drei starke, unerschrockene Männer, um einer Gefahr vorzubeugen, die ihn selber und alle Christen insgesamt bedrohe. Seitdem er ihm, Euricius, beinahe sein ganzes Vermögen geschenkt habe, sei er freilich arm, immerhin würde er jene Männer belohnen, falls sie treu und ergeben seinen Befehl vollzögen.
    Der Alte und Quartus, sein Sohn, hörten ihm beinahe kniefällig zu. Im Glauben, ein so heiliger Mann könne gewiß nichts von ihnen verlangen, was gegen die Lehre Christi verstieße, stellten sich beide blindlings zu seiner Verfügung.
    Chilon erhob die Hände und blieb einige Zeit wie im Gebet versunken, in Wirklichkeit überlegte er, ob es nicht vorteilhaft wäre, das Anerbieten anzunehmen, was ihm eine Ausgabe von tausend Sesterzen ersparen würde. Doch er wies den Gedanken zurück. Euricius war alt und schwach, wenn auch vielleicht nicht so sehr seiner Jahre als des Kummers und der Krankheiten wegen, die er durchgemacht hatte. Quartus zählte erst sechzehn Jahre. Chilon brauchte gewandte und vor allem starke Männer. Von den tausend Sesterzen hoffte er – dank dem ersonnenen Plan – in jedem Falle den größeren Teil zu behalten.
    Die beiden bestanden noch eine Zeitlang auf ihrem Anerbieten und gaben erst auf Chilons entschiedene Weigerung hin nach.
    „Ich kenne den Bäcker Demas“, sagte Quartus, „der in seinen Mühlen Sklaven und Tagelöhner beschäftigt. Einer der letzteren ist so stark wie vier andere zusammen. Ich selber habe ihn einen Stein heben sehen, den vier Männer nicht von der Stelle bewegen konnten.“
    „Wenn er ein gottesfürchtiger Mann ist und sich dem Wohle unserer Brüder widmen will, dann laßt mich ihn kennenlernen.“
    „Er ist Christ, Herr, wie fast alle Arbeiter des Demas“, erwiderte der Jüngling. „Demas hält Gehilfen für den Tag und für die Nacht. Jener Mann ist für Nachtarbeit gedungen. Wenn wir uns jetzt zur Mühle begeben, werden wir die Leute beim Essen finden, und du kannst ungehindert mit ihnen sprechen. Demas wohnt in der Nähe des Emporiums.“
    Chilon war sofort einverstanden. Das Emporium lag am Fuße des Aventin, nicht weit vom Circus Maximus entfernt. Um den Weg abzukürzen, konnte man, statt den Hügel zu umgehen, dem Flusse durch den Portikus Aemilia hindurch folgen.
    „Ich bin alt“, sagte Chilon, als sie unter die Kolonnade traten; „bisweilen ist mein Gedächtnis sehr schwach. Ja, obschon ich weiß, daß unser Heiland durch einen seiner Jünger verraten wurde, kann ich doch augenblicklich den Namen des Verräters nicht sagen.“
    „Judas, Herr, Judas, der sich erhängt hat“, antwortete Quartus, etwas verwundert, daß man diesen Namen vergessen konnte.
    „Ach ja – Judas! Hab Dank“, sagte Chilon.
    Schweigend schritten sie weiter und gelangten zum Emporium, das geschlossen war. Sie gingen daran vorbei, rings um das Lagerhaus herum, wo Getreide unter die Bevölkerung verteilt wurde; dann bogen sie nach links ab und schritten die Via Ostiensis entlang dem Mons Testacius und dem Forum Pistorium zu. Hier blieben sie vor einem hölzernen

Weitere Kostenlose Bücher