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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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belohnen wir dann das Gute? Was nützt es, gut zu sein, wenn wir das eine wie das andere mit gleicher Münze bezahlen?“
    „Nein, die Belohnung ist nicht dieselbe, beginnt aber nach ihrer Lehre erst in einem zukünftigen Leben, das ewig währt.“
    „Ich lasse mich auf solche Fragen nicht ein; denn erst jenseits werden wir erfahren, ob es möglich ist, ohne Augen zu schauen. Inzwischen sind die Christen samt ihrer Lehre bedeutungslos. Ursus hat Kroton erwürgt, weil er stählerne Glieder besitzt. Sonst aber sind sie Narren; die Zukunft kann nicht Narren gehören.“
    „Für sie beginnt das Leben erst nach dem Tode.“
    „Das heißt soviel wie: Der Tag fängt an, wenn die Nacht hereinbricht. Willst du Lygia entführen?“
    „Nein. Ich mag nicht Gutes mit Bösem vergelten. Auch habe ich geschworen, es nicht zu tun.“
    „Beabsichtigst du, ihren Glauben anzunehmen?“
    „Ich wünsche es; allein meine Natur sträubt sich dagegen.“
    „Wirst du Lygia vergessen können?“
    „Nie.“
    „So geh auf Reisen.“
    In diesem Augenblick meldeten die Sklaven, das Mahl sei bereit.
    Petronius glaubte einen guten Einfall zu haben. Auf dem Wege ins Triclinium sagte er:
    „Du hast einen Teil der Erde durchschritten, doch bloß als Soldat, der an den Bestimmungsort eilt und nirgends unterwegs sich aufhält. Komm mit uns nach Achaia. Der Cäsar hat die Reise nicht aufgegeben. Überall unterwegs wird er haltmachen, singen, Kränze sammeln, Tempel plündern und als Triumphator nach Italien zurückkehren. Es wird zugehen, als ob Bacchus und Apollon in einer Person eine Reise machten. Augustianer, Männer und Frauen, und tausend Zithern – bei Kastor! Das wird der Mühe wert sein, daß man’s mit ansieht, denn die Welt hat dergleichen noch nicht gesehen!“
    Bei diesen Worten nahm er an Eunikes Seite auf dem Polster neben der Tafel Platz; ein Sklave legte einen Anemonenkranz auf sein Haupt, worauf Petronius fortfuhr:
    „Was sahst du in Corbulos Diensten? Nichts. Kennst du die griechischen Tempel durch und durch, wie ich, der ich zwei Jahre lang sie unter der besten Anleitung studierte? Sahst du auf Rhodos den Koloß, zu Panopeus in Phokis den Lehm, woraus Prometheus Menschen formte? Oder in Sparta die Eier, die Leda legte? Oder in Athen die berühmte sarmatische Rüstung aus Pferdehufen? In Euböa das Schiff des Agamemnon? Oder den Becher, der über Helenas linker Brust geformt wurde? Hast du Memphis, Alexandria, die Pyramiden, das Haar, das Isis sich ausriß vor Schmerz um Osiris, gesehen? Hast du das Klingen von Memnon gehört? Die Welt ist weit, jenseits des Tibers ist nicht ihre Grenze. Ich will den Cäsar begleiten und auf dem Rückweg Kypros besuchen, weil es der Wunsch meiner goldhaarigen Göttin ist, daß wir zusammen der Gottheit in Paphos Tauben opfern; ihr Wunsch aber ist mir Befehl.“
    „Ich bin deine Sklavin“, sagte Eunike.
    Sein bekränztes Haupt an ihre Brust legend, erwiderte er lächelnd:
    „So bin ich der Sklave einer Sklavin. Du Göttliche! Ich bewundere dich vom Kopf bis zu den Füßen!“
    Zu Vinicius gewendet, fuhr er fort:
    „Komm mit uns nach Kypros. Doch vergiß nicht, zuvor den Cäsar zu besuchen. Es ist schlimm, daß du es nicht schon tatest; Tigellinus könnte das zu deinem Schaden ausnützen. Zwar ist er dir nicht persönlich abgeneigt, aber er kann dich auch nicht lieben, da du nun einmal meiner Schwester Sohn bist. Wir wollen sagen, du seiest krank gewesen. Wir müssen eine Antwort ersinnen für den Fall, daß der Cäsar sich nach Lygia erkundigt. Am besten machst du eine wegwerfende Handbewegung und sagst, du seiest ihrer überdrüssig. Das wird ihm einleuchten. Sag ihm ferner, Krankheit hätte dich ans Haus gefesselt, dein Fieber hätte sich dadurch verschlimmert, daß du seinen Gesang in Neapel zu versäumen gezwungen warest. Fürchte keine Übertreibung. Tigellinus will für den Cäsar etwas erfinden, was nicht bloß großartig ist, sondern ins Gigantische geht. Ich fürchte, er wird meine Stellung untergraben.“
    „Weißt du“, fragte Vinicius, „daß es Leute gibt, die keine Furcht vor dem Cäsar kennen und so ruhig leben, als ob er gar nicht da wäre?“
    „Ich weiß, wen du meinst – die Christen.“
    „Ja, sie allein. Und unser Leben dagegen? Was ist es anderes als unaufhörliche Angst?“
    „Laß mich in Ruhe mit deinen Christen. Sie fürchten den Cäsar nicht, weil er vielleicht noch nie von ihnen gehört hat. Sicherlich kennt er sie nicht und beachtet sie so wenig wie

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