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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Lygia entweder die Geliebte des jungen, stattlichen Marcus Vinicius werden oder Aulus und Pomponia ins Verderben stürzen müsse, und war erstaunt über das Sträuben des Mädchens.
    „In des Cäsars Palast“, sagte sie nach einer Weile, „bist du nicht weniger in Gefahr als in dem Hause des Marcus Vinicius.“
    Und sie dachte nicht daran, daß dies soviel hieß wie: Gib dich zufrieden und werde Vinicius’ Konkubine.
    „Niemals“, rief Lygia entschlossen, „will ich hier oder bei Vinicius bleiben, niemals.“
    „Aber“, sagte die Griechin, „ist dir Vinicius denn so verhaßt?“
    Lygia war unfähig zu antworten und brach erneut in Tränen aus. Acte zog sie an ihre Brust und versuchte, ihr Trost zuzusprechen. Ursus atmete schwer und ballte die riesigen Fäuste; denn, seiner jungen Herrin ergeben wie ein Hund, konnte er sie nicht weinen sehen. In seinem halbwilden Herzen stieg der Wunsch auf, ins Triclinium zurückzukehren, um Vinicius und, wenn nötig, sogar den Cäsar zu erwürgen; doch er fürchtete, dadurch seine Herrin zu gefährden, und war nicht recht gewiß, ob eine solche Tat, die ihm sehr einfach vorkam, einem Bekenner des Gekreuzigten anstehe.
    Acte fragte abermals unter Liebkosungen:
    „Ist er dir denn so verhaßt?“
    „Nein, ich darf niemand hassen, weil ich Christin bin.“
    „Ich weiß es, Lygia. Aus den Briefen des Paulus von Tarsus weiß ich auch, daß man sich nicht mit Schuld beflecken darf und die Sünde mehr fürchten soll als den Tod. Doch sage mir, ob dein Glaube dir gestattet, den Tod anderer zu verursachen?“
    „Nein.“
    „Wie kannst du dann des Cäsars Rache auf das Haus des Aulus laden?“
    Lygia schwieg. Ein bodenloser Abgrund tat sich wieder vor ihr auf.
    „Ich frage“, fuhr die Freigelassene fort, „weil ich Mitleid mit dir und deinen guten Pflegeeltern habe. Ich lebe seit langer Zeit in diesem Hause und weiß, was Neros Zorn bedeutet. Nein, du darfst nicht entfliehen! Nur ein Ausweg bleibt dir: Bitte Vinicius, dich Pomponia zurückzugeben.“
    Lygia jedoch fiel auf die Knie, um zu einem anderen zu beten. Nach einer Weile folgte Ursus ihrem Beispiel. Vom Lichte des dämmernden Morgens beschienen, lagen beide in Neros Palast im Gebet.
    Acte war zum erstenmal Zeugin eines solchen Gebetes und konnte die Augen nicht von Lygia wenden, die, von ihr im Profil gesehen, mit erhobenen Händen und zum Himmel gerichteten Augen um Rettung zu flehen schien. Die Dämmerung warf ihr Licht auf das dunkle Haar und den weißen Peplos. Ganz vom Licht umflossen, schien Lygia selber Licht zu sein. Auf dem blassen Antlitz, auf diesen geöffneten Lippen, in diesen erhobenen Händen und Augen war mehr als menschliche Erhebung zu lesen. Acte verstand nun, weshalb Lygia nicht jemandes Konkubine sein konnte. Vor dem Auge der früheren Geliebten Neros fiel mit einem Male der Schleier, der ihr bisher eine Welt verborgen hatte, die von der ihrigen völlig verschieden war. Ein Gebet in dieser Höhle des Lasters setzte sie in Erstaunen. Einen Augenblick früher war sie überzeugt gewesen, daß es für Lygia keine Rettung gebe; nun aber begann sie zu glauben, etwas Unerwartetes werde sich ereignen, ein Retter müsse erscheinen, ein Retter, so machtvoll, daß selbst Nero ihm keinen Widerstand leisten könnte. Ein geflügeltes Heer würde herabsteigen, um dieses Mädchen zu beschützen, oder die Sonne werde ihre Strahlen unter Lygias Füße breiten und sie zu sich hinaufziehen. Sie hatte von vielen Wundern bei den Christen gehört und glaubte nun, alles, was man darüber vernahm, müsse wahr sein, da sie Lygia so beten sah.
    Endlich erhob sich Lygia, heiter und hoffnungsfreudig. Auch Ursus stand auf und trat an die Bank, ihres Befehls harrend. Doch ihre Augen umdüsterten sich wieder, und zwei schwere Tränen rannen langsam ihre Wangen hinab.
    „Gott segne Aulus und Pomponia“, sprach sie. „Ich darf sie nicht ins Verderben stürzen und werde sie darum nicht wiedersehen.“
    Gegen Ursus gewendet, sagte sie, er allein bleibe ihr nun und müsse ihr Beschützer und Vater sein. Sie dürften nicht bei Aulus Zuflucht suchen, um nicht des Cäsars Zorn auf ihn zu laden. Doch weder in diesem noch in Vinicius’ Hause könne ihres Bleibens sein. Ursus solle sie aus der Stadt führen und irgendwo verbergen, wo Vinicius und seine Sklaven sie nicht fänden. Sie wolle ihm überallhin folgen, selbst übers Meer, über die Berge, zu den Barbaren, wo man den Namen Roms nicht kenne und wohin des Cäsars Macht nicht

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