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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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‚Und so weine ich denn‘, sagte der alte Mann, ‚obwohl ich mir immer wieder vornehme: Laß den Willen Gottes geschehen; ich armer Sünder bin nicht imstande, meine Tränen zurückzuhalten.‘ Wie von einer Vorahnung ergriffen, befeuchtete ich meinen Finger mit Wasser und zeichnete ihm einen Fisch. Er erwiderte darauf: ‚Auch meine Hoffnung ist Christus!‘ Ich fragte ihn; ‚Hast du mich durch dieses Zeichen erkannt?‘ – ‚Ja‘ sagte er, ‚und Friede sei mit dir.‘ Ich begann darauf, ihn auszuforschen, und der Alte erzählte mir alles. Sein Herr, dieser Pansa, ist selber ein Freigelassener des großen Pansa; er bringt auf dem Tiber Steine nach Rom, wo Sklaven und andere gedungene Leute sie ausladen und zur Nachtzeit zu den Bauten bringen, um bei Tag den Straßenverkehr nicht zu stören. Unter diesen Leuten, sind viele Christen, auch des Alten Sohn ist dabei, und weil diese Arbeit dessen Kräfte übersteigt, möchte er ihn loskaufen. Aber Pansa behält lieber das Geld und den Sklaven. Während seiner Erzählung begann der Alte aufs neue zu weinen; und ich mischte meine Tränen mit den seinen – die Tränen kommen mir leicht infolge meines guten Herzens und der Schmerzen in den Füßen, die ich mir durch übermäßiges Gehen zuzog. Ich klagte ihm auch, daß, da ich erst vor einigen Tagen von Neapel hierhergekommen sei, ich keinen meiner Mitbrüder kenne und auch nicht wisse, wo sie sich zum Gebete versammelten. Er verwunderte sich, daß die Christen in Neapel mir nicht Briefe an ihre Brüder in Rom mitgegeben hätten; aber ich erklärte ihm, sie seien mir auf dem Wege gestohlen worden. Er sagte darauf, ich solle bei Nacht an den Fluß kommen, er werde mich dort mit Christen bekannt machen, die mich zu den Gebetshäusern führen würden und zu den Ältesten, die sie leiten. Als ich dies vernahm, war ich so entzückt, daß ich ihm die zur Befreiung seines Sohnes nötige Summe gab, in der Hoffnung, der noble Vinicius würde mir das Doppelte zurückerstatten.“
    „Chilon“, unterbrach Petronius, „in deiner Erzählung erscheint die Lüge auf der Fläche der Wahrheit wie das Öl auf dem Wasser. Ich gebe zu, daß ein bedeutender Schritt zur Auffindung Lygias geschehen ist; aber umhülle deine Mitteilungen nicht mit Unwahrheit. Wie heißt der alte Mann, von dem du erfahren hast, daß die Christen sich durch das Zeichen des Fisches erkennen?“
    „Euricius. Er ist ein armer, unglücklicher, alter Mann; er erinnert mich an Glaukos, den ich gegen seine Mörder verteidigte, und einfach deshalb rührte er mein Herz.“
    „Ich meine, du hast ihn als passend gefunden und wirst fähig sein, seine Bekanntschaft auszunützen; aber Geld hast du ihm nicht gegeben. Du hast ihm nicht ein As gegeben. Verstehst du mich? Du hast ihm nichts gegeben!“
    „Aber ich half ihm seinen Eimer heraufbringen und sprach mit größtem Mitleid von seinem Sohn. Ja, Herr, was kann ich vor dem Scharfsinn des Petronius verbergen? Gut, ich gab ihm kein Geld, oder besser, ich gab es ihm, aber nur im Geiste, in der Absicht, die, wäre er ein Philosoph, ihm genügt hätte. Ich gab es ihm, weil ich eine solche Handlungsweise für unerläßlich und nützlich hielt; denn bedenke, Herr, wie diese Tat mir alle Christen auf einmal gewonnen, den Zutritt zu ihren Versammlungen geöffnet hat und welchen Grad des Vertrauens sie bei ihnen bewirkte!“
    „Das ist wahr“, sagte Petronius, „und es war darum Pflicht, so zu handeln.“
    Darauf wandte sich Petronius an Vinicius und sagte:
    „Befiehl, daß man ihm fünftausend Sesterze ausbezahle, aber nur im Geiste, in der Absicht!“
    „Ich gebe dir einen jungen Mann mit“, sprach Vinicius, „der die nötige Summe bei sich führt. Du sagst dem Euricius, er sei dein Sklave, und zahlst dem Alten in dessen Gegenwart die betreffende Summe aus. Weil du wichtige Nachrichten gebracht hast, wirst du denselben Betrag erhalten. Komm heute abend, um den Jungen und das Geld zu holen.“
    „Du bist ein wahrer Cäsar!“ sagte Chilon. „Erlaube mir, Herr, dir mein Werk zu widmen. Aber erlaube auch, daß ich diesen Abend nur des Geldes wegen komme; denn Euricius sagte mir, daß alle Boote ausgeladen seien und neue Ladungen erst nach einigen Tagen von Ostia kämen. Friede sei mit euch! So sagen sich die Christen Lebewohl. Ich will mir eine Sklavin kaufen, ich hätte sagen sollen einen Sklaven. Die Fische werden mit dem Köder gefangen und die Christen mit dem Fisch. Pax vobiscum! Pax! Pax! Pax! Friede sei mit

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