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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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treuen Diener nicht vergessen, für dessen Bedürfnisse von Zeit zu Zeit gesorgt werden muß; denn wenn er einmal sich in die Bücher vertieft hat, vergißt er alles andere. Einige Stadien Gartenbodens und ein Häuschen mit einem wenn auch kleinen Portikus würden ihrem Geber Ehre machen. Ich würde dort deine Heldentaten von ferne bewundern und zu Jupiter flehen, daß er dich schütze. Wenn nötig, will ich solchen Lärm schlagen, daß ganz Rom dir zu Hilfe eilt. Welch elender, holpriger Weg! Das Olivenöl in der Laterne geht zur Neige. Wenn Kroton, dessen Edelmut mit seiner Stärke wetteifert, mich bis zum Tor tragen wollte, so könnte er urteilen, ob ihm das Mädchen schwerfallen wird, und zudem wie Äneas handeln und alle guten Götter derart für uns gewinnen, daß ich in Hinsicht auf den Ausgang des Unternehmens beruhigt sein dürfte.“
    „Lieber wollte ich ein Schaf tragen, das vor einem Monat an Räude krepierte“, erwiderte der Gladiator; „doch gib deinen Beutel, den der edle Tribun dir schenkte, so will ich dich bis zum Tor tragen.“
    „Möge dir die große Zehe am Fuß verfaulen!“ versetzte Chilon. „Welchen Nutzen zogst du denn aus der Rede jenes würdigen Greises, der Armut und Nächstenliebe als die vornehmsten Tugenden hinstellte? Befahl er dir nicht ausdrücklich, mich zu lieben? Dich werde ich nie zum armen Christen bekehren können, das sehe ich jetzt. Leichter wäre es der Sonne, durch die Mauern des Mamertinischen Kerkers zu dringen, als daß die Wahrheit in den Schädel eines Nilpferdes Eingang findet.“
    „Keine Angst“, erwiderte Kroton, der keinen Funken menschlichen Gefühls besaß. „Ich werde kein Christ. Mich gelüstet nicht, mein Brot zu verlieren.“
    „Wenn du nur die Anfangsgründe der Philosophie kenntest, würdest du einsehen, daß Gold leerer Tand ist.“
    „Komm mir nur mit deiner Philosophie! Ich stoße dir meinen Kopf in den Magen. Dann wird sich zeigen, wer gewinnt.“
    „Dasselbe könnte ein Ochse dem Aristoteles gesagt haben“, entgegnete Chilon.
    Der Horizont wurde grau. Die Dämmerung ließ die Umrisse der Mauern in fahlem Lichte sichtbar werden. Bäume, Häuser, hier und dort herumliegende Grabsteine traten allmählich aus dem Schatten heraus. Die Straße befand sich nicht mehr im Dunkel. Gemüsehändler bewegten sich mit ihren Eseln und Karren der Stadt zu. Metzgerwagen mit Schlachtvieh fuhren vorbei. Auf der Straße und zu beiden Seiten lag dicht auf der Erde ein dünner Nebel, der schönes Wetter verhieß. Infolge dieses Nebels waren die Leute aus gewisser Entfernung wie Geister zu schauen. Vinicius starrte auf Lygias schlanke Gestalt, die mit zunehmendem Lichte immer mehr wie Silber erglänzte.
    „Herr“, sagte Chilon, „ich würde dich beleidigen, wollte ich das Ende deiner Güte voraussehen. Doch jetzt, da du mich bezahlt hast, werde ich nicht den Verdacht erwecken, als spräche ich nur zu meinem Vorteil. Ich rate dir darum nochmals, nach Hause zu gehen, um Sklaven und eine Sänfte zu holen, sobald du die Wohnung deiner göttlichen Lygia kennst. Höre nicht auf diesen Elefanten Kroton, der die Entführung nur deshalb unternehmen will, um deinen Geldbeutel wie einen Sack mit weißem Käse auszupressen.“
    „Du kannst von mir einen Faustschlag zwischen die Schultern bekommen, der dich zerschmettern wird“, sagte Kroton.
    „Und du von mir ein Faß kephalonischen Weins, denn ich werde am Leben und gesund bleiben“, war Chilons Antwort.
    Vinicius hörte nicht auf sie. Er näherte sich dem Stadttor, wo ein wunderlicher Anblick seiner harrte. Zwei Soldaten knieten nieder, als der Apostel durch das Tor trat. Petrus legte seine Hand auf ihre Eisenhelme und machte das Kreuzzeichen über sie. Vinicius war es nie eingefallen, daß im Heere Christen sein könnten. Staunend mußte er sich sagen, gleichwie in einer brennenden Stadt das Feuer ein Haus nach dem anderen ergreift, so erobere diese Lehre, nach allem, was er sah, jeden Tag neue Seelen und verbreite sich mit einer Schnelligkeit, die jeden Begriff übersteige. Wäre es Lygias Absicht gewesen, aus Rom zu entfliehen, so würden sich Wachen gefunden haben, die ihr dazu geholfen hätten.
    Die Christen begannen sich nun zu zerstreuen. Vinicius war darum genötigt, aus größerer Entfernung Lygia zu folgen, um vorsichtig jeden Verdacht zu vermeiden. Chilon klagte über wunde Füße, über Schmerz in den Beinen und entschloß sich mehr und mehr, die Nachhut zu bilden. Vinicius hatte nichts dagegen, weil

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