R4ge Inside
kaputtem Glas bestand. Daniel hatte recht. Wenn sie es schafften, bis in den neunten Stock oder höher zu kommen, würden sie alles überblicken können.
»Glaubst du, wir kommen da rein?«
Daniel grinste. »Ich finde immer eine Möglichkeit.«
Das überraschte Mason nicht im Geringsten. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass Daniel ein zwielichtiger Typ war. Natürlich wusste er, wie man irgendwo einbrach. Jemand wie er hatte vermutlich ein ellenlanges Vorstrafenregister.
Aber sie mussten gar nicht einbrechen. Die Eingangstüren waren eingeschlagen. Sie brauchten nur reinzumarschieren und dabei aufzupassen, dass sie sich nicht an den gezackten Glasscherben schnitten. Das hätte selbst ein kleines Kind geschafft.
Das Foyer war dunkel und leer. Auf dem Boden in der Nähe der Fahrstühle entdeckten sie einen einsamen umgekippten Koffer. Daneben war eine eingetrocknete Blutlache auf dem Boden. Jemand mit sehr groÃen Stiefeln hatte mehrere FuÃabdrücke auf dem Marmor hinterlassen. Neben dem mittleren Fahrstuhl prangte der blutige Abdruck einer Hand an der Wand. Jemand hatte wohl versucht, auf den Knopf zu drücken, aber kurz danach extremes Pech gehabt.
»Ich hasse Treppen«, sagte Daniel.
»Siehâs positiv.« Mason schlug ihm auf den Rücken. »Es schadet dir nicht, ein bisschen Farbe in die Wangen zu kriegen.«
»Manchmal will ich dir einfach nur in den Arsch treten, Dowell.«
»Falls dir immer noch danach ist, wenn wir oben sind â nur zu.«
»Gib noch eine Runde Schach dazu«, meinte Daniel. »Wir wissen alle, dass ich klüger bin als du. Und dann hätten wir auch gleich den Beweis dafür.«
Hinter den Fahrstühlen entdeckten sie das Treppenhaus. Die Tür davor war abgesperrt, doch im Schloss steckte ein Schlüsselbund. Mason drehte den Schlüssel um. Er funktionierte. Automatisch griffen beide in ihre Taschen und zogen die Taschenlampen heraus.
Masons Lampe war klein und aus Metall. Sie fühlte sich kalt in seiner Hand an, selbst wenn er sie längere Zeit gehalten hatte. Sie war inzwischen eines der wichtigsten Dinge, die er immer bei sich hatte. Ganz besonders nachts. Die Taschenlampe und ein Schweizer Taschenmesser, das in der GesäÃtasche seiner Jeans steckte.
SicherheitsmaÃnahmen.
Schweigend gingen sie die Treppe hoch. Als sie den fünften Stock erreichten, beschlossen sie, anzuhalten und sich umzusehen.
Der lange Gang war leer. Sämtliche Wohnungstüren standen offen. Sie gingen auf die nächstgelegene Tür zu. Als sie davorstanden, verriet ihnen das zersplitterte Holz, dass sich jemand gewaltsam Zutritt verschafft hatte.
»Sie müssen hergekommen sein und jede einzelne Tür aufgebrochen haben«, sagte Daniel. Er fuhr mit den Fingern über die Risse im Holz. »Sieht so aus, als hätten sie eine Brechstange oder so was benutzt. Ob es auf jedem Stockwerk so aussieht?«
»Möglich«, erwiderte Mason. »Sie haben sämtliche Gebäude geräumt. Ich habe Aries heute in das Haus ihrer Eltern begleitet. Jemand war dort und hat die Leichen rausgeholt.« Er brach ab und sah Daniel erstaunt an. »Was ist? Hat sie dir nicht gesagt, dass ich dabei war?«
Daniel antwortete ein bisschen zu schnell. »Natürlich hat sie es mir gesagt.«
Mason grinste.
Sie wagten sich tiefer in die dunkle Wohnung vor. Die Luft war stickig. Vor einem wertlosen 50-Zoll-Fernseher stand eine Ledercouch. Auf dem teuren Beistelltisch stand ein Teller mit verschimmelten Nudeln und ein Glas, das halb voll mit verdorbenem Wein war.
»Vor ein paar Monaten hätte ich für so einen Fernseher einen Mord begangen«, gab Daniel zu.
»Ich auch.«
Sie gingen an den Möbeln vorbei, die völlig unversehrt waren, und blieben vor den Fenstern stehen. Von dort aus hatten sie die perfekte Sicht auf das eingezäunte Gelände.
Der Blick von hier oben war viel besser. Das Problem war nur, dass es nichts zu sehen gab. Auf der Plaza war genauso wenig los wie zuvor.
Daniel drückte das Gesicht gegen die Scheibe. Er atmete so heftig, dass das Glas beschlug.
»Ich hätte Michaels Fernglas mitnehmen sollen«, sagte Mason. »Das nächste Mal gibst du mir vorher Bescheid und â¦Â«
Das Geräusch lieà sie beide innehalten. Ein leises Echo. Schritte kamen durch die Tür hinter ihnen.
Daniel wandte sein Gesicht vom Fenster ab und starrte Mason an.
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