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Raban, der Held

Raban, der Held

Titel: Raban, der Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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eigentlich nicht? Schießen wir sie auf den Mond!“
    Er schüttelte lachend den Kopf.
    „Jetzt geht es mir schon tausendmal besser. Komm!“, rief er und radelte los. „Weißt du: Ich bewundere dich. Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen, Raban. So viel Schiss hatte ich, dass wir heute verlieren!“

Stahlgrau und siegesverwöhnt
    „... dass wir heute verlieren!“
    Fabis letzter Satz echote wie eine Flipperkugel durch meinen Kopf, als ich durch das Holztor in den Teufelstopf fuhr und eine Vollbremsung machte.
    Teufelstopf . So hieß unser Bolzplatz, seitdem Willi, der beste Trainer der Welt, eine Flutlichtanlage gebaut und ein Holzschild mit dem Namen über dem Tor aufgehängt hatte: Teufelstopf ! Der Hexenkessel aller Hexenkessel. Das Stadion der Wilden Fußballkerle e. W. !
    Hier sollten wir unsere Siege feiern, und hier hatten wir auch tatsächlich erst einmal verloren. Damals, als Fabi nicht zum Spiel kam, weil er Schiss hatte, dass Deniz besser sein könnte als er. Ausgerechnet gegen den Tabellenletzten hatte es uns eiskalt erwischt, und genauso eiskalt wehte jetzt auch der Novemberwind über unsere Köpfe hinweg. Das Holzschild über dem Tor ächzte und knarrte bedrohlich. Der Himmel darüber war noch indianersommerunendlichhochblau, doch am Horizont türmten sich Sturmwolken auf, und die kamen aus dem tiefsten Dezember.

    Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt, und die anderen Wilden Kerle standen um mich herum und hielten sich an ihren Fahrrädern fest. Vor uns lief der TSV Turnerkreis auf den Platz. Stahlgrau, als wären die Sturmwolken auf die Erde gefallen, pflügten sie durch den Teufelstopf . Stahlgrau, drei Köpfe größer als wir und absolut siegesverwöhnt. Wie sollten wir diese Mannschaft nur schlagen?
    Pechschwefliges Rübenkraut! „So viel Schiss hatte ich, dass wir heute verlieren!“ Fabis Satz klingelte mir wie ein Ohrwurm im Kopf und plötzlich erinnerte ich mich daran, dass auch ich nicht geschlafen hatte.
    „Hey! Wollt ihr noch lange da rumstehen?“, rief Willi und hinkte aus dem Wohnwagen hinter dem Kiosk heraus.
    Wir schauten ihn an, als wären wir gerade aus unseren Betten gekrochen. Willi schob seine rote Baseballmütze aus dem zerknitterten Gesicht und kratzte sich an der Stirn. In seinem Al-Capone-Nadelstreifenanzug mit dem roten, gepunkteten Hemd, dem extrem breiten Kragen und in den Schlangenlederstiefeln sah Willi wie ein Außerirdischer aus.
    Oder besser gesagt: Nicht er war der Außerirdische. Das waren wir. Willi trug nur den Anzug, den wir ihm zu seinem Geburtstag geschenkt hatten. In ihm sah er aus wie der beste Trainer der Welt, der in der achten Dimension, der Gruppe 8 der E-Jugendmannschaften, die Meisterschaft gewinnt. Doch wie sollte Willi das schaffen, wenn wir wie jetzt vor ihm standen und ihn anstarrten, als wär er der Weihnachtsmann und Batman in einer Person? Wir waren zwar aus unseren Betten gefallen, doch wir befanden uns noch lange nicht im Teufelstopf und erst recht nicht in der achten Dimension.
    Wir waren ein Haufen Schafe, und die trieb Willi jetzt wie ein Hirtenhund auf den Bolzplatz hinaus.

    „Verflixt und zugenäht! Auf geht’s! Los! Macht euch warm!“, rief er. „Stellt euch zu zweit auf der Torlinie auf, und wenn ich ,Hepp!’ rufe, dann rennt ihr los!“
    „Ja, genau! Das machen wir, Willi!“, rief ich begeistert. „Habt ihr gehört! Los, bewegt eure müden Hintern! Leon, du läufst mit Vanessa und Marlon, du zeigst Rocce, was ein europäischer Windhundrennhase ist.“
    Marlon und Rocce schauten sich kopfschüttelnd an und verdrehten die Augen. Doch das war mir egal. Wir standen in Zweierreihen bereit, und Willi, der zum Elfmeterpunkt hinkte, streckte die Arme nach rechts und links aus.
    „HEPP!“
    Marlon und Rocce stürmten los, doch sie fielen beide über ihre eigenen Beine der Länge nach in den Dreck. Leon und Vanessa verpassten den Start, liefen gar nicht erst los und stellten sich sofort wieder an. Doch ich, Raban, der Held, war schneller als Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt. Drei Meter vor ihm schlug ich mich auf meiner Seite an Willis ausgestreckter Hand ab.
    „Raah!“, rief ich aus. „Raah! Raah! Und nochmals Raah! Verflixte Hühnerkacke! Alles ist gut ...!“
    Ich streckte Fabi meine Hand zum High Five entgegen, doch der nahm nicht an. Er schaute schweigend zu Willi – und Willi schaute zu mir.
    „Sakra-Rhinozeros-Pups!“, schimpfte ich wütend. „Was hab ich dir in deinem Garten gesagt, Fabi? Wir

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