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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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vor den Augen meines Bruders tun müssen?
    Was, um Himmels willen, hatte er nun vor?
    Hatte ich etwa von ihm verlangt, diesen Verbrecher umzubringen? Mein Herz raste und trotz der Kälte stand mir der Schweiß auf der Stirn. Ich zitterte.
    Jedes Gefühl für Raum und Zeit hatte ich verloren.
    Ich atmete und beatmete.
    Dann drangen mit einem Mal neue Stimmen an mein Ohr: Marek und Lara. Ich war erleichtert, als wir Alexejs Körper in eine Wolldecke wickeln konnten.
    »Soll ich dich ablösen?«, fragte Marek. Ich schüttelte nur den Kopf. Ich hatte solche Angst, dass sie nachgeben würden, dass jemand anderes sich nicht gut genug bemühen würde. Dass sie Alexej einfach aufgaben. Deshalb krallte ich mich an ihm fest. Meine Knie waren völlig taub. Kleine Steine bohrten sich durch meine Kleidung. Doch unbeirrt blies ich immer weiter Luft in Alexejs leblosen Körper. Es schien mir, als sei eine endlose Zeit vergangen, als Lara begann, laut zu rufen.
    »Hierher!«, rief sie. »Wir sind hier!« Sie sprang auf und wedelte hektisch mit den Armen.
    »Der Notarzt!«, stieß Marek erleichtert aus.
    Jetzt wird alles gut, dachte ich. Da riss mein Bruder mich heftig am Ärmel.
    »Isa hör auf!«, rief er. »Ich glaube ... ich glaube er atmet wieder. Guck doch mal!«
    Jetzt erst wurde mir bewusst, dass ich die Augen geschlossen hatte. Meine Finger glitten über Alexejs Brust. Kein frisches Blut sickerte mehr aus seiner Wunde. Und daneben - oh Himmel! Sein Brustkorb hob sich.
    Er atmet! , dachte ich ungläubig. Alexejs Lider zuckten und seine Nasenflügel bebten leicht. In der Sekunde, als er seine Augen aufschlug und ich die dunkelblaue Iris sah, wurde alles um mich herum rabenschwarz.  
     
    Irgendjemand hielt mir etwas zu trinken an die Lippen.
    »Ist Alexej -«
    »Er kommt wieder in Ordnung«, hörte ich Laras Stimme, »mach dir keine Sorgen. Er ist wieder bei Bewusstsein.«
    »Und seine Verletzungen?«
    »Werden gerade verarztet.«
    Mit einem Ruck richtete ich mich auf, und sofort drehte sich alles.
    »Sag ihnen, sie dürfen ihm keine Blutkonserven geben! Hörst du? Das ist wirklich wichtig!«
    »Ich sag es ihnen.«
    »Und wenn sie nicht hören wollen, dann sag einfach, seine Religion würde ihm das verbieten oder so. Sag halt, er wäre ein Zeuge Jehovas!«
    »Ist ja gut, Isa!« Ihre Stimme war ganz ruhig und sie drückte mich sanft wieder hinunter. Ich tastete mit der Hand neben mich und fühlte das weiche Plastik einer Rettungsliege. Über mir war eine Aludecke ausgebreitet. Sie knisterte, sobald ich den Arm anhob. Ich erkannte eine Menschentraube um eine orangerote Bahre. Ein Arm mit einer Blutdruckmanschette baumelte hervor. Timo löste sich aus der Menge.
    »Da bist du ja wieder, ich hätte nie gedacht, dass du der Ohnmachtstyp bist.«
    »Ich auch nicht.«
    »Tut’s noch weh?«
    »Fast gar nicht«, log ich.
    »Du warst echt gut!«, lobte er mich. »Weißt du eigentlich, wie lange du Alexej beatmet hast?« Er wartete keine Antwort ab. »Mindestens eine Dreiviertelstunde! Die Notärztin ist fast vom Glauben abgefallen, als ich ihr das erzählt habe. Das muss echte Liebe sein!« Er klimperte mit den Wimpern und ich hätte am liebsten nach ihm geschlagen.
    »Kannst du mir mal hochhelfen?«
    »Ja, klar. Alexej hat auch gerade nach dir gefragt.«
    »Und das sagst du erst jetzt? Du bist echt ein Esel, Timo!«, schimpfte ich.
    »Nur mal langsam, er kann ja nicht weglaufen.« Timo griff mir unter die Arme und ächzend wie ein altes Weib kam ich in die Senkrechte.
    »Danke, es geht schon.«
    »Bist du sicher?«
    Ich zog eine Grimasse.
    An der dicken Aufschrift auf ihrer Jacke erkannte ich die Notärztin. Sie stand mit dem Rücken zu mir. Ich griff nach Alexejs Hand, die sich mir entgegenstreckte.
    Sie war warm.
    Die Ärztin drehte sich mit einem Lächeln zu mir um, aber ich hatte nur Augen für Alexej. Sein Haar klebte feucht an seiner Stirn und ich beugte mich vor, um ihm die langen Strähnen zurückzustreichen.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte ich.
    Seine Wimpern glänzten feucht. Er lächelte.
    »Ich liebe dich«, sagte er.
    Ich brachte kein Wort heraus. Er kann sprechen, dachte ich erleichtert, und er weiß, wer ich bin. Und er liebt mich! Diese Erkenntnis tröste mich über alles hinweg, was ich in den letzten Stunden erlebt hatte.
    »Ich bin so froh, dass ich dir das noch sagen kann. Ich dachte nicht -« Seine Stimme brach ab.
    »Wir bringen Sie jetzt ins Krankenhaus, Herr von Steinberg. Sie werden zur Überwachung noch ein

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