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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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nur eine Tunika und Beinlinge, deshalb schlüpfte sie rasch unter die Bettdecken zu ihrem Bruder, mit dem sie sich das Bett teilte. Im Liegen streifte sie die Schuhe ab, die ihre Mutter aus alten Lederlappen zusammengeflickt hatte.
    Eine Weile lauschte sie dem Atem ihres schlafenden Bruders. Durch ein Loch in der Mauer fiel ein Lichtstrahl und ließ sie sein kindliches Gesicht erkennen: Wie friedlich er schlummerte, den Daumen im Mund und den Kopf voller Träume.
    Vorsichtig, damit er nicht aufwachte, zog Mion sich die Decke bis zu den Ohren und rutschte an ihn heran. Die Wärme seines kleinen Körpers war weitaus schwächer als die des Ofenrohrs, das auf der anderen Seite entlangführte - aber vielleicht war es nicht Wärme, die Mion jetzt brauchte, sondern Nähe. Die Nähe eines unschuldigen Wesens.
    Unschuldiger als du.
    Sie presste die Augen zu. Es war ein Versehen gewesen. Nur ein Versehen.
    Aber ist die Jagd nicht deshalb verboten, weil jedes Tier ein Drache sein kann? Wir haben nicht versehentlich ein Gesetz gebrochen!
    Eine dumme Idee, ein Streich - es war nur der Streich von Kindern.
    Kinder?
    Mirim neben ihr, der war ein Kind, aber sie war fünfzehn, und Saffa rasierte sich schon das Kinn - wenn auch aus Großtuerei und nicht Notwendigkeit. Nein, sie waren keine Kinder mehr. Kinder begingen keinen Mord.
    Es war kein Mord... er war ja nicht gestorben …
    Aber Mord wäre ein geringeres Verbrechen gewesen, als einen Drachen anzugreifen. Einen Mord könnte man vertuschen, dachte Mion düster. Aber der Drache würde die Ruinen nach ihnen durchkämmen und Gerechtigkeit walten lassen. Hatte er nicht sogar ihr Gesicht erkannt?
    Seine Augen - Augen leuchtend wie Honig - hatten ihr Gesicht und die ganze schlimme Wahrheit hinter ihrem Blick erkundet; er kannte sie.
    Mion wurde schlecht. Könnte sie doch alles ungeschehen machen! Sie hätte sich auf Saffas Vorschlag nie einlassen dürfen. Sie wusste doch, wie unüberlegt er immer handelte. Saffa war der Ideenreiche, sie steuerte die nötige Vernunft bei und Kajan verübte am geschicktesten Diebstähle und spürte kleine Tiere für Ritus auf. Zu dritt hatten sie immer eine gute Bande abgegeben, aber heute... vielleicht war wirklich alles ihre Schuld. Nur weil sie Saffa hatte beeindrucken wollen!
    »Mion?«, nuschelte ihr Bruder.
    »Schsch. Schlaf weiter. Es ist noch nicht Morgen.«
    »Wintersonnenwende ist noch nicht vorbei?«
    »Doch. Aber heute können wir ausschlafen. Jetzt schlaf.« Sie strich ihm über das dichte kupferbraune Haar, das ihrem so ähnelte. Als er sich an sie kuschelte, fühlte sie sich schwer wie Blei. Hoffentlich begegnete sie nie wieder einem Drachen.
     
    Nach zwei quälenden Stunden gelang es Mion einzudösen. Sie schlief unruhig und wurde von Bildern zwischen Traum und Wirklichkeit verfolgt, bis ihre Eltern aufwachten. Von den Geräuschen fuhr sie hoch und unterdrückte erst im letzten Moment einen Schreckenslaut. Ihr Vater warf ihr einen missbilligenden Blick durch den Vorhang zu. Auch wenn er nie Sorge darüber erkennen ließ, wo sie sich herumtrieb, missfiel es ihm, dass sie Geheimnisse hatte. Dabei hatte Mion bis heute Morgen tatsächlich nie ein Geheimnis gehabt - dass sie mit Saffa und Kajan klaute wie die meisten Ruinenkinder, war schließlich allbekannt -, aber ihr Vater hielt alles für eine Verschwörung, was er nicht direkt kontrollierte.
    Während ihre Mutter Linsen kochte, ließ sie sich zurück ins Bett sinken und blickte durch das Loch in der Mauer. Viel gab es nicht zu sehen außer der Gasse und ein paar schiefen Häuschen, die sich ringsum aus Schutt, Steinen und Schnee erhoben und Kaminrauch pafften.
    Als Mirim aufwachte, stieg sie mit ihm in die Stube hinab. Schweigend aßen sie, bis ihr Vater zu sprechen begann.
    »Wo warst du die ganze Nacht?«
    »Auf den Festen.«
    Er schob sich einen Löffel Linsensuppe in den Mund. »Mit diesen beiden Strolchen?«
    »Hm.«
    »Was sind Strolche?«, fragte Mirim.
    »Das sind liebe Freunde«, erklärte Mion.
    »Erzähl dem Jungen keine Lügen«, grollte ihr Vater. Dann wies er mit dem Löffel auf ihre Mutter. »Pass auf, was deine Tochter aus meinem Jungen macht! Wer weiß, wie der Junge erzogen wird, wenn ich nicht da bin...« Misstrauisch rührte er in seiner Schüssel und beäugte Mion. »Habt wieder dieses Teufelszeug gemacht, hm? Ritus.« Er grunzte. »So bleich, wie du wieder aussiehst... wenn ihr erwischt werdet, kommt ihr ins Gefängnis!«
    Mion schloss die Augen. Vorträge über

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