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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Auf dem Rückweg von Taela hatte er das zugehörige Haus beinahe jeden Tag gesehen, bis Benroln seine Leute nach Colbern geführt hatte. »Das Haus von Rongier dem Bibliothekar hatte dieses Muster auf den Fenstersimsen.«
    »Und die Größe des Gebäudes, das hier fehlt, passt zu Rongiers Haus, Papa. Ich denke, die eingestürzten Gebäude waren alle Häuser von Zauberern. Ich wette, wenn wir Mutter holen, können wir auch herausfinden, wohin die anderen Mermori gehören.«
    »Mermori?«, fragte Phoran. »Was ist das?«
    Rinnie und Lehr fingen beide an zu erklären. Rinnie hätte aufgehört und Lehr fortfahren lassen, aber Lehr war schneller und tadelte sie, weil sie so unhöflich war, über seine Erklärung hinwegzureden.
    Tier überließ es seinen Kindern, mit dem Problem fertig zu werden, während er ein paar Schritte in die Mitte der Straße machte und versuchte sich vorzustellen, wie es aussehen würde, wenn Rongiers Haus noch an Ort und Stelle stünde statt der Steintrümmer, die alles waren, was von ihm übrig geblieben war.
    Er fragte sich, ob Rongiers Haus zuerst da gewesen und dann die anderen darum herum gebaut worden waren, oder ob die anderen Häuser älter waren und die Besitzer der Grundstücke auf beiden Seiten Rongier dieses Stück Land überlassen hatten. Das relativ bescheidene Häuschen des Bibliothekars hatte in dieser Umgebung sicher eher fehl am Platze gewirkt.
    Er schloss die Augen halb und visualisierte es. Seine Hände wurden wärmer und begannen zu kribbeln, als das Bild sich formte - nein, nicht nur ein Bild. Plötzlich gab es auch die Geräusche, die ihm zuvor so gefehlt hatten, Wind in den Bäumen und zwitschernde Vögel. Er roch den süßen Duft von Kräutern und Blumen und eine Spur von Kuhmist. Es war keine
sonderlich geschäftige Straße; nur die Menschen, die in diesen Häusern wohnten, und ihre Besucher kamen hierher.
    Ein Hengst war vor Rongiers Haus angebunden, kleiner als die Pferde, an die Tier gewöhnt war, und leichter gebaut. Jemand hatte Bänder in seine Mähne eingeflochten, und sein Zaumzeug bestand aus geweißtem Leder. Es schnippte den Schweif hin und her und trat einen Schritt zurück, um ein lästiges Insekt loszuwerden.
    »Die Zauberer fanden eine Möglichkeit, ihre Bibliotheken mitzunehmen, als sie flohen?« Phorans Stimme brach Tiers Konzentration. »Ich habe so gerade eben geschafft, ein paar Sachen zum Wechseln einzupacken, mein Schwert, einen dicken Geldbeutel und vier Wachen, für die ich das Geld ausgeben kann.«
    »Sie haben ihre Familien getötet«, sagte Rufort leise. »Bibliotheken - das wirkt irgendwie …« Ihm fiel nicht das richtige Wort ein.
    »Kleinlich«, lieferte Ielian.
    »Sie konnten es nicht ertragen, alles zu verlieren«, sagte Tier. Die Szene aus der Vergangenheit war verschwunden, sobald Phoran ihn abgelenkt hatte. »Wenn ich gezwungen wäre, meine Familie zu töten und sie zu überleben, was beinahe das schrecklichste Schicksal ist, das ich mir vorstellen kann, würde ich auch ein Andenken haben wollen - etwas, das zeigt, dass sie einmal gelebt haben.«
    »War das nicht genau das, was sie opferten?«, fragte Lehr, der sich am Zaun festhielt. »Mutter sagt, Magie hat mit Mustern zu tun, und zusammen mit den Menschen, die hier lebten, opferten die Zauberer auch diese Muster des alltäglichen Lebens, all die Dinge, die Colossae zu ihrem Zuhause machten.«
    »Die Bibliothek wurde nicht geopfert«, erwiderte Rinnie. »Sie gehört nicht zu dem Bann. Vielleicht sind die Mermori wie die Bibliothek.«

    Phoran sagte mit schiefem Grinsen: »Mein Onkel behauptete immer, wenn ein Zauberer die Wahl hätte, Bücher oder sein einziges Kind aus einem brennenden Gebäude zu retten, würde er die …«
    Phoran hielt inne, und Tier blickte plötzlich in die Zweige eines Baums.
    »Papa?« Rinnie klang verängstigt.
    »Es geht mir gut«, sagte Tier und reagierte damit instinktiv auf die Furcht in der Stimme seiner Tochter, bevor er wirklich Gelegenheit hatte, die Situation einzuschätzen.
    Er begriff erst, dass sie ihn am Boden festgehalten hatten, als sie seine Arme und Beine wieder losließen. Er lag auf dem Rücken auf der Straße, die Jungen hockten rings um ihn herum, und Rinnie schaute unter Tränen über Lehrs Schulter.
    »Noch ein Anfall, wie?«, sagte er. Er setzte sich zu schnell auf, und wenn Phoran die Hand nicht unauffällig hinter seinen Rücken bewegt hätte, wäre er wieder umgefallen. Er hatte Blut im Mund und spürte einen Riss an der Innenseite

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