Race into my Heart
er.
»Du
meinst die Unordnung, die deine Kumpel und du zu verantworten
haben?«, erkundige ich mich besserwisserisch und hebe dabei
skeptisch eine Augenbraue. Jeremy seufzt. »Würdest du mir
bitte helfen, damit mir unsere Alten nicht den Arsch aufreißen?«
Er sieht mich mit seinem Dackelblick an, dieser Mistkerl, denn ich
kann ihm nichts abschlagen, wenn er so guckt.
»Jer,
ich muss lernen. Ich schreibe morgen eine Klausur und habe durch den
Trip mit dir schon die Zeit nicht genutzt«, erwidere ich.
»Bitte,
Hel«, dabei zieht er das ‚Bitte‘ in die
Länge.
Ich
lasse meine Schultern hängen und nicke. »Na gut, ich helfe
dir, aber dann muss ich wirklich lernen. Ich mache das Erdgeschoss
sauber und du hier oben. Vergiss nicht das Bad zu putzen.« Aber
ich kenne mich und das wird nicht klappen, ich mache ja doch alles,
bis es sauber ist und das ist in kurzer Zeit nicht geschafft.
Jeremy
grinst mich an. »Danke, Hel.«
»Bitte.«
Ich drücke ihm meine Tasche in die Hand und gehe wieder nach
unten, um dort Ordnung zu machen. Eigentlich ist es nicht viel, denn
wir haben das Haus relativ ordentlich hinterlassen. Aber wie ich
meinen Bruder kenne, werde ich in irgendwelchen Ecken ein heilloses
Chaos entdecken. Und tatsächlich ist es so. Als ich im
Wohnzimmer stehe, sehe ich schon die Klamotten und Chipstüten,
die hier verteilt sind. >Warum ist mir das nicht früher
aufgefallen?< , schießt es mir durch den Kopf. ‚Weil
du ständig träumst und deine Augen vor der Realität
verschließt‘, ätzt meine innere Stimme. Ja,
meine innere Stimme ist ein unsympathisches Miststück, aber
naja, ich lebe seit 23 Jahren mit ihr und die Gespräche –
was eigentlich Selbstgespräche sind – sind ganz schön
unterhaltsam. Seufzend laufe ich weiter in die Küche und von
dort in den Keller, um einen Wäschekorb zu holen. Ich muss
aufpassen, dass ich die Treppe nicht herunterfalle, denn dort liegen
auch allerhand von Jeremys Shirts und Hosen. Mein Bruder ist wirklich
ein Chaot. Natürlich hebe ich alles auf, so kann ich schon eine
Maschine Wäsche anwerfen, während ich das Chaos im
Erdgeschoss bereinige. Ich hoffe bloß, dass Jeremy seinen Teil
auch so gewissenhaft erledigt. Als ich unten ankomme, habe ich die
Arme voll mit seinen Sachen und es ist immer noch nicht alles
aufgehoben. >Ich frage mich, wie voll sein Schrank ist, ich
hätte jetzt keine Kleidung mehr< , denke ich genervt, als
ich seine Klamotten in die Waschmaschine stopfe, nachdem der Rest
auch eingesammelt ist. Ich schalte die Maschine ein und laufe,
bewaffnet mit einem Wäschekorb, wieder nach oben. Endlich im
Wohnzimmer schalte ich Musik ein. Es ist noch eine Mix CD von mir in
der Anlage und Sunrise Avenue dudelt mir mit ‚Hollywood
Hills‘ um die Ohren. Während ich den Refrain gut
gelaunt mitsinge, klopft es lautstark an der Tür. Verwundert
gehe ich hin und mache sie auf. »Guten Tag, mein Name ist ...«
»Moment,
bitte, ich mache die Musik leiser.« Dann nehme ich die
Fernbedienung aus meiner Gesäßtasche und stelle die
Lautstärke herunter. »Tut mir leid«, sage ich dann
zu dem jungen Mann, der vor mir steht und mir bekannt vorkommt.
»Hi,
ich bin Bryce Williams, meine Familie und ich sind nebenan eingezogen
und es ist mir ein bisschen peinlich, aber könnten Sie mir mit
ein paar Eiern aushelfen?«, fragt er.
Ich
hebe meine Augenbrauen. »Ich weiß nicht, ob noch welche
da sind. Mein Bruder und ich waren am Wochenende nicht da und haben
noch nicht eingekauft. Kommen Sie bitte rein, aber erschrecken Sie
bitte nicht. Hier herrscht ein heilloses Durcheinander«,
antworte ich und trete einen Schritt zu Seite, damit Bryce
hereinkommen kann. »Und Sie können mich duzen, ich komme
mir immer so alt vor, wenn man mich siezt«, biete ich ihm an.
Er
lächelt. »Ich bin Bryce.«
Ich
reiche ihm die Hand und schüttele sie. »Ich bin Helena.«
Bryce
sieht sich etwas um. »Und du hattest Recht, hier ist es
wirklich durcheinander.« Er schmunzelt.
»Ja,
das kommt davon, wenn die Eltern im Urlaub sind, und der Stiefbruder
zu Hause ist. Ich kann ihm den Arsch nachtragen, während seine
Freunde und er Bombeneinschlag spielen«, gebe ich zurück.
»Das kenne ich.«
»Hast
du auch Geschwister?«, frage ich interessiert, während wir
in die Küche gehen.
»Ja,
einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester und die
beiden sind auch Chaosköpfe, wenn sie mal zu Besuch sind«,
antwortet Bryce.
Ich
kichere und hole einen Karton Eier aus dem Kühlschrank.
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