Rache@
oder kommst du runter?â, fragte Ben.
Marcel zögerte einen Moment. Dann schlug er vor: âTreffen wir uns in einer halben Stunde hinterm Neukauf?â
Ben dachte an Johannes und seine Clique. Denen wollte er heute auf keinen Fall mehr begegnen. Das sagte er auch Marcel.
âWarum? Hast du wieder Ãrger mit den Trotteln gehabt?â Marcels Stimme klang erstaunt.
In zwei Sätzen berichtete Ben Marcel von der Aktion in der Schulcafeteria.
âBlödes Arschlochâ, ärgerte sich Marcel. âDann werde ich den wohl mal wieder in seine Schranken weisen müssen. Bin gleich unten!â
Ben dachte noch darüber nach, was er damit gemeint haben könnte, als sich die Haustür öffnete und Marcel heraustrat.
âIch muss nur noch schnell in die Apotheke, um für meine Mutter etwas zu besorgen. Aber die in der FriedrichstraÃe hat mittwochnachmittags zu. Hast du dein Fahrrad nicht dabei?â
Ben schüttelte den Kopf.
âWir müssen in den Nachbarort. Die Markt-Apotheke hat Notdienst. Egal, nimmst du eben das Rad von meiner Mutter. Das merkt die heute sowieso nicht.â
Er verdrehte bedeutungsvoll die Augen und gab Ben mit dem Kopf ein Zeichen, ihm in den Keller des Mehrfamilienhauses zu folgen.
Im Keller wurden sie von einer feuchten Kälte empfangen. Ben fröstelte. Es roch stark nach modrigen Kartoffeln und Fahrradschmiere. Einige Räder standen in zwei gegenüberliegenden Reihen in den dafür vorgesehenen Ständern. Die helle Farbe an den Wänden war an vielen Stellen abgesprungen. Der FuÃboden war rissig und ziemlich dreckig. Mehrere zerfledderte Werbeblätter lagen herum. Nicht gerade das beste Haus, in dem man wohnen konnte, fuhr es Ben durch den Kopf. Im nächsten Moment kam er sich deswegen äuÃerst mies vor.
Nur weil er mit seinen Eltern in einem schicken Einfamilienhaus wohnte, hatte er noch lange nicht das Recht, schlecht über Marcels Wohnsituation zu denken. AuÃerdem hatte Marcel ihm ja erzählt, wie es dazu gekommen war.
âDas kann verdammt schnell gehen, Alter. An einem Tag stehst du noch auf der Sonnenseite und am nächsten liegst du schon mitten im schlimmsten Dreck.â Seine Stimme klang sehr bitter.
âIch habe echt nicht gedacht, dass wir nach dem Tod meines Vaters aus unserem Haus raus müssten. Mein Alter war immer so ein Ãberkorrekter, dachte ich jedenfalls. Da hätte man doch eigentlich auch erwarten können, dass der seine Familie für so ânen Fall absichert.â
Er spielte den Lässigen. Aber Ben konnte ihm trotzdem ansehen, wie schwer er an seinen eigenen Worten schlucken musste.
âWarum hat er das nicht getan?â, fragte Ben nur, um überhaupt was zu sagen.
Die Frage überraschte Marcel anscheinend. Er dachte einen Moment angestrengt darüber nach, bevor er mit zusammengebissenen Zähnen zischte: âKeine Ahnung. Weil er sich wohl für unsterblich gehalten hat.â Marcel atmete scharf ein, bevor er weitersprach. âEr war wohl schlicht der Typ, der sich über so etwas keine Gedanken gemacht hat. Nach mir die Sintflut, oder so ähnlich. Hat er ja schlieÃlich schon mal ...â Er stockte. Fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und durch die Haare. Für einen Moment wirkte er weich und verletzlich. Doch genauso schnell, wie der Moment gekommen war, war er auch schon wieder vorbei. âWas für ein Idiot. Lässt uns einfach sitzen. Völlig ohne Kohleâ, regte er sich auf. âNa ja, wenigstens habe ich seinen PC geerbt. Und die neue Spielekonsole.â Marcels Stimme war laut und hart geworden, als ob er mit der Lautstärke und Härte seiner Worte ihre Richtigkeit erzwingen könnte.
âDer Tod meines Vaters macht mir nichts aus! Absolut gar nichts!â
Doch seine Augen, sein Gesichtsausdruck, seine ganze Körperhaltung sagten etwas ganz anderes darüber aus, wie es tief in ihm drinnen aussah.
Das alles wusste Ben über Marcel und schämte sich deshalb seiner überheblichen Gedanken.
Sie schleppten die Räder die Kellertreppe hoch und radelten los. Seite an Seite fuhren sie auf dem schmalen Radweg entlang der LandstraÃe, die in den Nachbarort führte.
âWir schreiben morgen Bio. Hat die Müller heute angekündigt.â
âIch glaube nicht, dass ich in die Schule komme. Meine Mutter hat es diesmal echt schwer erwischtâ, sagte Marcel und starrte stur
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