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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sonst noch alles verlieren würde - Samantha, das Meer, die Morgenröte, die purpurfarbene Abenddämmerung -, da wuchs sich die Angst zu echtem Grauen aus.
    Ryan sagte: »Sag Sam nichts.«
    »Natürlich nicht.«
    »Nicht einmal Jane. Ich weiß, dass sie nicht die Absicht hätte, es Sam zu sagen. Aber Sam würde spüren, dass etwas nicht stimmt, und sie würde es aus ihr herausfragen.«
    Wie Wachs, das sich von einer Flamme zurückzieht, schwächten sich die Trauerfalten in Forry Staffords Gesicht zu normalen Sorgenfalten ab. »Wann wirst du es ihr sagen?«
    »Nach der Biopsie. Wenn sämtliche Werte vorliegen.«
    Mit einem Seufzen sagte Forry: »An manchen Tagen wünschte ich, ich hätte mich für Zahnmedizin entschieden.«
    »Karies verläuft selten tödlich.«
    »Nicht einmal eine Zahnfleischentzündung bringt einen um.«
    Forry setzte sich auf den Hocker mit den Rollen, auf dem er sonst saß, um sich die Klagen eines Patienten anzuhören und sich Notizen zu machen.
    Ryan nahm auf dem einzigen Stuhl Platz. Nach einer Weile sagte er: »Hast du eine Entscheidung wegen dem’40er Mercury-Cabrio getroffen?«
    »Ja. Gerade eben. Ich werde es kaufen.«

    »Edelbrock-Ansaugbrücke, oder?«
    »Ja. Das müsstest du mal hören.«
    »Auf was steht er?«, fragte Ryan.
    »19-60 Imperials. 15 Zoll.«
    »Gekürzte Dachsäulen?«
    »Zehn Zentimeter.«
    »Das muss ihm ein cooles Windschutzscheibenprofil geben.«
    »Absolut cool«, bestätigte Forry.
    »Du wirst ihn umarbeiten lassen?«
    »Ich habe da so einige Ideen.«
    »Ich glaube, ich hätte gern ein’32er Deuce Coupé«, sagte Ryan.
    »Mit fünf Fenstern?«
    »Vielleicht einen Highboy mit drei Fenstern.«
    »Ich werd’ dir helfen, es zu finden. Wir sehen uns auf ein paar Ausstellungen um.«
    »Das würde mir Spaß machen.«
    »Mir auch.«
    Sie saßen einen Moment lang schweigend da.
    Das Untersuchungszimmer hatte eine Decke aus weißen Dämmplatten, hellblaue Wände und graues Vinyl auf dem Boden.
    An einer Wand hing ein Druck eines Gemäldes von Childe Hassam. Es hieß The White Dory - Gloucester und war von 1895.
    Auf bleichem Wasser saß in einem weißen Boot eine blonde Frau mit hellem Teint. Sie trug einen langen weißen Rock, eine plissierte rosa Bluse mit Rüschen und einen steifen Strohhut.
    Sie wirkte zart und begehrenswert und hätte zu jener Zeit, als Ehen noch ein Leben lang hielten, eine ansehnliche Gattin
abgegeben. Ryan überkam eine eigentümliche Sehnsucht: Er wünschte sich, sie gekannt, ihre Stimme gehört, ihren Kuss gekostet zu haben. Doch sie war irgendwo in der Zeit verlorengegangen, wie auch er vielleicht schon bald.
    »Scheiße«, sagte er.
    Forry sagte: »Dito.«

6
    Dr. Samar Gupta besaß ein rundliches braunes Gesicht und Augen in der Farbe von Zuckerrübensirup. Er sprach mit einem leicht singenden Tonfall und drückte sich absolut präzise aus. Seine schmalen Hände waren perfekt manikürt.
    Nachdem er sich das Echokardiogramm angesehen und Ryan untersucht hatte, erklärte Gupta, wie eine myokardiale Biopsie durchgeführt wurde. Dazu verwendete er ein großes Plakat, auf dem das kardiovaskuläre System abgebildet war.
    Diese Konfrontation mit einer farbigen Innenansicht des menschlichen Herzens führte dazu, dass Ryans Gedanken zu dem Gemälde mit der Frau in dem weißen Boot in Forry Staffords Untersuchungszimmer abschweiften.
    Dr. Gupta wirkte unnatürlich ruhig, jede Bewegung war effizient, jede Geste sparsam. Sein Ruhepuls lag wahrscheinlich bei maßvollen fünfzig Schlägen pro Minute. Ryan beneidete den Arzt um seine Gelassenheit und um seine Gesundheit.
    »Seien Sie bitte morgen früh um sechs Uhr am Aufnahmeschalter des Krankenhauses«, sagte der Kardiologe. »Und nehmen Sie nach Mitternacht keine Nahrung und keine Getränke mehr zu sich.«
    Ryan sagte: »Ich mag keine Beruhigungsmittel, mir behagt der Kontrollverlust nicht.«
    »Man wird Ihnen zur Entspannung ein mildes Sedativum verabreichen, aber Sie werden wach bleiben, um während der Prozedur Anweisungen zu befolgen.«

    »Die Risiken …«
    »Habe ich Ihnen bereits erklärt. Aber es ist noch bei keiner meiner Biopsien jemals … zu Komplikationen gekommen.«
    Ryan hörte sich zu seinem eigenen Erstaunen sagen: »Ich vertraue auf Ihr Können, Dr. Gupta, aber ich fürchte mich trotzdem.«
    Im Geschäftsleben hatte Ryan nie Unsicherheit gezeigt, von Furcht ganz zu schweigen. Er gestattete niemandem, auch nur die kleinste Schwäche an ihm zu sehen.
    »Vom Tag unserer Geburt an sollten

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