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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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blinzelnd durch die Fensterfront. Weinte Presley etwa? Hektisch gemacht von der Warteschlange, die sich hinter ihr erstreckte, zielte sie mit der Fernbedienung wieder auf das Fenster und drückte. Der Alarm verstummte.
    Glatzkopf zerrte seinen Hund zum Ausgang, während er noch immer wegen der Aussprache des Chinesen vor sich hin schimpfte. Sein Gesicht war starr vor Hass. Der Köter stemmte rutschend die Pfoten in den Boden, jede Sehne seines Körpers drängte in die andere Richtung. Der Chinese schrie Glatzkopf durch die Schutzscheibe aus Plexiglas hinterher, dass er sich nicht vom Fleck rühren solle, bis er bezahlt habe, und bückte sich dann, um einen Knopf unter der Theke zu betätigen.
    Tara rang die Hände und überlegte ernsthaft, zurück zum Auto zu gehen und Presley zu holen, als ein Muslim mit einem Häkelkäppi durch die Tür hinter der Kasse gestürmt kam und fragte, was los sei.
    Glatzkopf war jetzt im Gang neben Tara. Er griff sich eine Dose Red Bull aus dem offenen Kühlschrank und schleuderte sie in Richtung Kasse. Sie prallte vom Plexiglas ab und knallte auf den Boden, wo der Inhalt in hohem Bogen herausspritzte. Der Junge hinter Tara johlte vor Begeisterung, während die anderen Kunden besorgt oder genervt aussahen. Nur der alte Mann vor ihr schien nicht zu reagieren. Entweder hatte er das alles schon zu oft erlebt, oder er war halb blind von grauem Star. Sie musste hier raus.
    Glatzkopf hatte sich schon ein neues Wurfgeschoss ge schnappt, und sein Arm versperrte ihr den Weg. Tara duckte sich darunter hindurch und rannte los, als die zweite Dose zur Stirnseite des Ladens flog.
    Draußen vor der Tür sah sie, dass die Dose Red Bull den Mann im Anzug ganz vorn in der Schlange am Kopf getroffen hatte. Er taumelte und fiel krachend hin. Der Hund riss sich von der Leine los und sprang ihn an. Die Hand vor den Mund schlagend, lief Tara zu ihrem Auto.
    Sie beugte sich zum Rücksitz vor und sah Presley immer noch tief und fest schlummern. Ihr wurde ganz schwach vor Erleichterung. »Tut mir leid, Süßer«, flüsterte sie beim Einsteigen. Sie drehte den Zündschlüssel, trat auf die Kupplung und legte den ersten Gang ein. Plötzlich hämmerte jemand ans Seitenfenster, sodass sie zusammenzuckte, ihr Fuß von der Kupplung rutschte, und der Wagen einen kleinen Satz machte, bevor der Motor ausging.
    Der Muslim drückte seine Nase ans Fenster und rieb den Daumen gegen Zeige- und Mittelfinger zum Zeichen, dass sie ihr Benzin noch bezahlen musste.
    Tara stieß die Tür auf, zwang ihn zum Zurückweichen. »Ich fahre ihn doch nur woandershin«, rief sie und zeigte auf den Bereich für Druckluft und Wasser. Doch der Typ in dem Toyota Hiace war gerade reifenquietschend aus seiner Bucht gebrettert und dann abrupt stehen geblieben, wodurch er ihre Ausfahrt blockierte. Anscheinend hatte sein Lieferwagen den Geist aufgegeben, jedenfalls rülpste er schwarzen Qualm aus. Die Zündkerzenelektroden waren futsch, vermutete sie. Ihr Ex, Presleys Vater, Mick, war Automechaniker, und etwas von seinen Kenntnissen hatte auf sie abgefärbt. Heute Abend, nach alledem, was sie durch gemacht hatte, wünschte sie, sie wären noch zusammen.
    Der Hiace-Mann versuchte, seinen leiernden Motor neu zu starten. Es hörte sich für Tara an, als ließe er ihn bloß absaufen, aber sie würde sich nicht einmischen. Dann sprang der Motor an, und er knatterte davon, eine schwarze Abgaswolke hinter sich herziehend.
    Sie startete den Mini und fuhr zwanzig Meter weiter bis vor eine Toilettentür, an der ein »Defekt«-Schild klebte. Eine stetig lauter werdende Sirene war zu hören, als sie zurück ins Tankstellengebäude ging, um zu bezahlen.
    Wie durch ein Wunder schaffte sie es trotz des ganzen Tumults in weniger als fünf Minuten bis zur Kasse. Der Hund war inzwischen zurückgepfiffen und Glatzkopf aus dem Laden eskortiert worden, und bis die Rettungsassistenten kamen, um sich um den Anzugträger zu kümmern, hatte der muslimische Betreiber schon die Red-Bull-Pfütze aufgewischt und gelbe Warnschilder mit der Aufschrift »Achtung Rutschgefahr« um den betroffenen Bereich aufgestellt. Als Tara ihre Kreditkarte aushändigte, sah sie, wie der Hund in die Toilette gesperrt wurde, und ein Polizist den Glatzköpfigen auf einen wartenden Streifenwagen zuschob.
    Tara wandte sich von der Kasse ab und stieß dabei beinahe mit der Jaguar-Dame zusammen, die missbilligend die Lippen schürzte. Sie trug eine rosa Kaschmir-Strickjacke mit rigiden Schulterpolstern

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