Rachespiel
und Goldknöpfen sowie eine Sonnenbrille und musterte Tara von oben bis unten, als wäre sie der letzte Dreck. So gern Tara sie gefragt hätte, was sie für ein Problem hatte, wollte sie doch noch lieber schleunigst zurück zu Presley.
Sie überprüfte Kassenbon und Wechselgeld, riss dabei die Tüte mit den weißen Schokopastillen auf, die sie zusammen mit einer Packung Schmerztabletten an der Kasse gekauft hatte, und hastete zum Auto. Falls Presley aufwachte, würden die Schokobonbons ihn während der restlichen Heimfahrt friedlich stimmen. Sie waren zwar nicht gerade gesund, aber noch mehr Theater wäre jetzt zu viel für sie, und außerdem konnte sie sowieso nie einer Gelegenheit widerstehen, ihn zu verwöhnen.
Sie öffnete die Fahrertür und beugte sich lächelnd und seinen Namen flüsternd zu ihm nach hinten. Doch sein Schmusehund lag auf dem Boden. Und Presley war fort.
MONTAG
1
Detective Inspector Jo Birmingham rang damit, den Fernseher auf der Wandhalterung in ihrem neuen Büro so auszurichten, dass sie das Bild erkennen konnte. Die hell hereinscheinende Wintersonne machte es unmöglich, die DVD anzusehen, die an diesem Morgen mit der Post gekommen war. Nicht dass die Tonspur viel der Fantasie überließ – es war eindeutig irgendein Sexfilm.
Sie reckte sich und versuchte, die Konsole herumzudrehen. Wenn ihr der Kerl, der sie so hoch angebracht hatte, jetzt unter die Augen träte, würde er was zu hören bekommen. Selbst bei ihrer Größe, eins sechsundsiebzig, konnte sie kaum an das Gerät herangelangen. Und die Halterung war völlig unpraktisch geneigt. In letzter Zeit hatte sie genug unter Migräneanfällen gelitten, um zu wissen, dass diese schnell wieder auftraten, wenn sie etwas zu lange in verspannter Haltung fixierte.
Bei alledem bemühte sie sich, nicht durch den gläsernen Raumteiler zu gucken, der sie von der übrigen Detective-Abteilung trennte, wo eine Wanduhr zehn vor neun anzeigte. Jos zunehmend schlechte Laune hatte nicht wenig mit dem Umstand zu tun, dass ihr Exmann und derzeitiger Chef, Chief Superintendent Dan Mason, gerade von einem Wochenende in der Sonne zurück war und in dem Großraumbüro nebenan Hof hielt, indem er die eine oder andere Anekdote zum Besten gab. Er hatte schon immer ein flottes Mundwerk , dachte sie und warf einen verstohlenen Blick hinüber. Er sah gut aus, Gesicht und Hände leicht gebräunt, und seine Haare waren auch ein Stück länger. Erstes Grau strichelte seine Schläfen. Je älter er wurde, desto mehr ähnelte er Jason Statham in den Filmen von Guy Ritchie, fand sie.
Jo streifte ihre hochhackigen Schuhe ab und zog einen Plastikstuhl heran, den sie vor einer Viertelstunde auf der Suche nach Möbeln, mit denen sie ihr Büro ausstatten konnte, aus dem Lagerraum geholt hatte. Sie knallte ihn direkt unter den Fernseher, zog ihren Rock hoch und stieg darauf, wobei sie das halbe Dutzend grinsender Detectives, das sich glotzend und lachend zu ihr umdrehte, möglichst ignorierte. In einer idealen Welt hätte sie kurz blankge zogen wie die Frau in diesem Werbespot für Maltesers- Schokokugeln, damit ihnen das Lachen verging, aber das Revier Store Street hatte eine frisch ernannte Personalleiterin namens Daphne, und Jo legte keinen Wert auf die Auszeichnung, diejenige zu sein, die ihr endlich etwas zu tun gab.
Auf dem Stuhl balancierend, der gefährlich zu wackeln begann, hievte sie den Fernseher aus der Halterung herunter auf den Schreibtisch. Den hatte sie aus dem Büro von Dans Sekretärin Jeanie entwendet, da diese derzeit im Mutterschaftsurlaub war, und sich auch gleich noch Jeanies Computer genommen.
Den Packeseln, die ihr die Sachen vor zehn Minuten durch den Flur geschleppt hatten, hatte Jo hoch und heilig versprochen, alles später anstandslos zurückzugeben, aber da Jeanie jetzt mit Dan zusammenlebte und ein Kind von ihm bekam, dachte sie nicht daran, Wort zu halten.
Durch die Glastrennwand sah sie, wie Detective Inspector Gavin Sexton von seinem Schreibtisch aufstand und langsam herüberkam. Verdammte Männer, nie in der Nähe, wenn man sie braucht , grummelte sie, stieg vom Stuhl und rieb sich das Kreuz, das ein bisschen zwickte.
Dan beobachtete sie – sie spürte seinen Blick –, doch als sie sich umdrehte, hatte er sich schon wieder seinem Fanclub zugewandt, und es schien ihr, als wurde er noch lebhafter. Hoffentlich bekam sie in ihrem neuen Büro auf Dauer nicht das Gefühl, in einem Goldfischglas zu leben.
Sie machte ein paar Schritte zur
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