Rachewahn: Thriller
ist wahr“, sagte Mark. Dann wollte er etwas ergänzen, doch plötzlich stieß ein lachendes Ehepaar zu ihnen. Der Mann trug einen weißen Leinenanzug mit roter Fliege. Seine grauen Haare hatte er elegant nach hinten gekämmt. In seinem Gesicht sprieß ein Backenbart. „Ist das nicht herrlich, Albert? Unsere Tochter und euer Sohn sind endlich verheiratet! Darauf müssen wir noch einmal anstoßen. Wo ist ein Kellner?“
„Luzius, bitte. Denkst du nicht, dass du schon genug getrunken hast? Diesem einen Kellner hast du vorhin drei Gläser auf einmal abgenommen“, erinnerte ihn seine Frau Beatrice. Sie war 59 Jahre alt, hatte zahllose Falten im Gesicht und trug ein gelbes Kleid.
„Aber die Gläser waren doch nicht alle für mich gedacht. Eins davon war für Hans. Allerdings konnte ich ihn nicht finden. Also musste ich mich opfern“, lachte Luzius aus vollem Hals.
Albert und Veronika Hortmann rangen sich ein gequältes Lächeln ab.
„Ich werde mal nachsehen, wo meine Braut steckt“, verkündete Mark gleichzeitig und trat beiseite.
„Oh, wir haben sie eben noch beim Fischteich gesehen. Mit einer ihrer Brautjungfern“, informierte Beatrice ihn.
„Na, hoffentlich fällt sie nicht in den Tümpel rein! Wäre schade um das Kleid. Allerdings habt ihr das ja bezahlt.“ Luzius zwinkerte den Hortmanns zu.
Albert musste sich sehr zusammenreißen. „Was den finanziellen Aspekt dieser Hochzeit angeht, sollten wir uns vielleicht doch noch einmal unterhalten, Luzius.“
„Nee, das kommt nicht in die Tüte. Wir haben alles schon geregelt. Ihr habt euch bereiterklärt, neunzig Prozent der Kosten zu übernehmen. Dabei bleibt es.“
Veronika nickte und sah ihren Mann an. „Luzius hat recht, Schatz. Außerdem sollten wir nicht jetzt darüber reden. Dieser Tag gehört einzig und allein unserem Sohn.“ Als sie die gespannten Blicke der Blarts sah, fügte sie in deren Richtung hinzu: „Und eurer Tochter. Natürlich.“
Luzius zog seine Nase hoch. „So sehe ich das auch. Wen kümmert schon Geld? Glück und Zufriedenheit kann man sich nicht kaufen. Da spielt es keine Rolle, ob man einhundert oder einhunderttausend Euro auf der Bank hat.“
„Oder 4,6 Millionen“, räusperte Albert sich.
„Genau“, sagte Luzius. „Glück ist wichtiger als Kohle. Solange unsere Kinder gesund und zufrieden sind, ist alles in bester Ordnung. Vielleicht schenken sie uns sogar bald ein paar Enkelsöhne. Wäre das nicht toll? Denen könnte ich dann beibringen, wie man mit einem Gewehr umgeht.“
Albert und Veronika sahen ihn geschockt an.
„Sobald sie alt genug sind. Versteht sich doch. Beim Schützenverein gibt es schließlich Regeln, die ich konsequent einhalte“, erklärte Luzius.
Veronika kratzte sich hinter ihrem Ohr. „Enkelkinder wären ein Segen. Aber wir wollen die beiden nicht drängen. Wenn es passiert, wunderbar, wenn nicht, auch gut. Das ist deren Sache.“
„Nun, unsere Tochter ist bereit“, flüsterte Luzius. „Jetzt muss euer Sohn zeigen, was er kann. Wenn ihr wisst, was ich meine.“
Diese Äußerung war zu viel für Albert und Veronika. Sie wollten so schnell wie möglich von den Blarts verschwinden. Daher sagte Albert: „Wir vernachlässigen die anderen Gäste. Mal hören, wie denen die Feier gefällt.“ Er schritt an den Blarts vorbei und zog seine Gattin mehr oder weniger mit sich. „Diese Menschen sind nicht normal. Ich kann nur hoffen, dass wir nur selten etwas mit denen zu tun haben werden.“
„Das dürfte sich als schwierig erweisen. Bei jedem kommenden Fest werden wir auf sie treffen. Gewöhn dich lieber an sie.“
„Ich habe es probiert, Veronika. Seit zwei Jahren! Aber deren Art geht mir einfach gegen den Strich. Die sind nicht auf unserem Niveau. Das siehst du doch ähnlich, oder etwa nicht?“
„Hör schon auf zu meckern. Wir müssen schließlich nicht mit ihnen zusammenleben. Und die paar Treffen im Jahr werden wir schon überstehen. Also, finde dich mit ihnen ab.“
„Ich wünschte, die würden einfach von der Bildfläche verschwinden. Und deren Tochter auch. Unser Sohn hat etwas Besseres verdient.“
5
Samstag, 8. Juni 2013
Der Bus der Linie 5 bog in die Kurze-Geismar-Straße ein. Das war das Signal für Anna. Jetzt musste sie sich bereithalten. Es war enorm wichtig, den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Einige Augenblicke zu früh, und sie könnte an der nächsten Haltestelle von den einsteigenden Fahrgästen überrumpelt werden. Ein paar Momente zu spät, und die eingeschlagene
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