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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Weg weiter hinauf in den Wald. Peter B öffnete das Fenster und amtete tief ein, es duftete, aber schnell drängten sich andere Erinnerungen auf.
    Sie sollten gerüstet werden fürs Leben, hatte es immer geheißen. In der Welt herrschten das Böse, Schwächen und Krankheiten, und dagegen galt es anzukämpfen, um überleben zu können. Damit man nicht dahinsiechte, sein Augenlicht und die Kontrolle über seinen Körper verlor und zu einer Pflanze verkümmerte, die langsam starb, Tag für Tag, jede einzelne Stunde. So wie der Junge oben in der Dienstwohnung.
    »William war Träger der Krankheit, das wussten wir alle. Seine Familie musste darunter leiden, sein Sohn erkrankte daran. Und wir sollten abgehärtet werden. Wir sollten ein Heer sein, das gegen das Böse in der Welt antreten konnte. Sein Heer.«
    Kleine Soldaten hatte er sie genannt.
Meine kleinen Soldaten
.Bewaffnet mit dem Vermögen zu überleben und ausgestattet mit einem unglaublichen Hass auf die Welt da draußen. Bereit für den Krieg gegen die Schwachen. Gegen die, die an der Härte des Lebens zerbrachen, die keinen Schmerz, keine Dunkelheit, keine extreme Kälte oder Wärme ertrugen.
    Er sah seine Mutter an. Er hatte jetzt keine Wahl mehr, das wusste er. Sie hatte ihn gedrängt, ihr alles zu erzählen, hatte ihn ausgesaugt wie ein Blutegel. Das fühlte sich verkehrt an. Sie erfuhr Details, die sie nichts angingen. Er war ein erwachsener Mann, der sich allein mit seinen Dämonen herumschlagen musste. Das Problem war nur, dass es für diese Bedenken jetzt zu spät war. Er musste ihr das alles erzählen, damit es einen Sinn hatte.
    Sie schaltete den Motor aus, und sie stiegen aus. Die Esche stand dort, wo sie schon seit Jahrzehnten gestanden hatte. Auf der Koppel waren Pferde. Der rote Hof sah verlassen aus. Da Herbstferien waren, konnten sie davon ausgehen, dass keine Schüler im Internat war. Kein Mensch war zu sehen. Aber ein Wagen stand in der Auffahrt. Ein roter Volvo Kombi älteren Jahrgangs.
    Man konnte nichts sehen von außen, aber er wusste, was im Innern des Hauses vor sich ging. So, wie er auch damals gewusst hatte, was geschehen war.
    »Die ›Kiste‹ war genau das, was das Wort sagt. Eine Holzkiste mit einem Hängeschloss. Man konnte darin nur hocken, man konnte sich weder hinlegen noch darin stehen. Wenn man in die ›Kiste‹ kam, war das zum einen als Bestrafung gedacht, aber auch eine Übung, um uns auf die Blindheit und die Isolation im Leben vorzubereiten. ›Lernt, auch ohne Augen zurechtzukommen‹, hat er gesagt. ›Seht tief in euch hinein.‹«
    »Und wie lange musstet ihr da drinbleiben?«
    Er legte eine Hand auf den Stamm der Esche.
    »My war einmal zwei Tage hintereinander in der ›Kiste‹. Als sie wieder rauskam, war sie nicht mehr dieselbe. Und ist es auch nie wieder geworden.«
    »Das war Folter«, rief seine Mutter. »Diese Methoden wurden früher als Verhörmethoden verwendet, wenn man jemanden zu einem Geständnis zwingen wollte. Ihr seit regelrecht gefoltert worden!«
    Als ob er das nicht gewusst hätte. Ihre Stimme klang ärgerlich, so, wie er es erwartet hatte. Sie war Journalistin, und das hier war eine sehr gute Geschichte. Folter! Er sah die Überschrift vor sich: »Folter im Kinderheim«. Die Leute würden darauf abfahren. Auch sie fuhr darauf ab. Er aber hasste den Gedanken. Das war seine Geschichte. Sie gehörte ihnen und niemandem sonst, sie konnte ohnehin niemand außer ihnen verstehen.
    »Ist das sein Wagen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht gehört der William, ich weiß es nicht. Cato hat kein Auto.«
    »Aber sie sind hier?«
    Er nickte. Er spürte es bis tief in seine Seele, oder vielmehr der Rest, der davon übriggeblieben war, der nicht an diesem Ort zerstört worden war.
    »Sie sind hier. Komm mit.«

KAPITEL 76
    Wagner und Hansen versammelten die Abteilung im Konferenzraum. Lena Lund war krankgeschrieben, sonst waren alle mit von der Partie. Der Artikel war kopiert worden und wurde ausgeteilt.
    »Okay. Wir haben es bald geschafft«, sagte Wagner. »Wir wissen, wer die Täter sind. Wir wissen, wie die Tat geplant wurde und wer die Bomben hergestellt hat. Wir wissen, wo die eine Täterin sich aufhält – mit einem todkranken Kind wird sie nicht abhauen. Uns fehlt noch Cato Nielsen. Und …«
    Er sah seine Kollegen der Reihe nach an. Ivar K kaute sein Nikotinkaugummi und wippte auf dem Stuhl; Jan Hansen gosssich in aller Ruhe einen Kaffee ein, Eriksen kritzelte sich Notizen auf den Block,

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