Rächer des Herzens (German Edition)
geflüstert. Augustus richtete sich hoch auf und starrte sie mit ungläubiger Missbilligung an. Isabella lächelte immer noch, während sie mit diebischer Freude sah, wie die Wellen der Empörung auch die letzte Ecke erreichten.
„Bella“, sagte Pen fast mit Ehrfurcht in der Stimme, „darf ich mich wie du benehmen, wenn ich erwachsen bin?“
Isabella wollte gerade antworten, als sie in der Magengegend ein höchst seltsames Gefühl spürte, das ihr den Atem zu nehmen drohte.
Ein Mann stand in der Türöffnung. Sein Gesicht war etwas im Schatten, aber an seiner ruhigen Erscheinung war etwas, das Isabella unwillkürlich erkannte. Sie zitterte. Hier war ein mächtiger Mann, möglicherweise ein Todfeind, aber ein unvergleichlicher Liebhaber. Isabellas Herz begann zu rasen. Es schnürte ihr fast die Kehle zu.
Der Mann sah großartig aus. Er strahlte eine ausgeprägte Männlichkeit aus, die im kultivierten Ballsaal der Duchess zu kantig schien. Diese Ausstrahlung ließ vermuten, dass er niemals einer Gefahr aus dem Weg gegangen war, sondern das Risiko stattdessen sogar gesucht hatte. Alle Dandys und Beaus erschienen plötzlich schwach und lächerlich.
Isabellas Worte hatten die äußersten Ränder des Ballsaales erreicht und schienen wie ein Echo in Wellen zu ihr zurückzukehren.
Und Marcus Stockhaven trat aus dem Schatten und schritt geradewegs auf sie zu, als ob niemand anders im Saal wäre.
7. KAPITEL
„Verwünscht sei der Tag“, murmelte Isabella, und nur Pen hörte es. Und dann musste sie zusehen, wie Marcus sich rücksichtslos seinen Weg durch den Saal hindurch bahnte. Er ließ sich nicht von der Begrüßung durch Freunde oder Bekannte ablenken, schien sie nicht einmal wahrzunehmen. Seine Aufmerksamkeit galt nur ihr allein. Die Menge wich zurück, und dann verneigte er sich vor ihr.
„Guten Abend, Fürstin Isabella.“
Die Begrüßung war durchaus konventionell, aber sein Blick entsprach dem ganz und gar nicht. Sein Gesichtsausdruck war überschattet, gefährlich und barg eine beunruhigend verruchte Spur von Belustigung. Isabella spürte sofort, dass er genau wusste, wie sehr seine unerwartete Ankunft sie aus der Fassung gebracht hatte, und welche Freude ihm das bereitete. Auch das Lächeln, das um seine Lippen spielte, war nicht im Geringsten freundlich. Isabella straffte sich angesichts der unausgesprochenen Herausforderung in Marcus’ Augen.
„Ihre Bemerkung über die amourösen Fähigkeiten der Engländer“, fügte er seiner Begrüßung hinzu, „müssen für jeden vollblütigen Gentleman hier im Saal eine Herausforderung sein.“
Was Isabella am meisten beschäftigte, war die Frage, was zum Teufel er hier machte. Aber das musste noch etwas warten. Und obwohl Bestürzung und Angst in ihrem Inneren tobten, durfte sie nicht mit der Wimper zucken. Sie hatte immer gewusst, dass zwölf Jahre Erfahrung in höfischer Etikette ihr eines Tages zustatten kommen würden. Und heute war dieser Tag.
Sie brachte ein eiskaltes Lächeln zustande.
„Guten Abend, Lord Stockhaven“,sagte sie.„Ich bedaure, dass Sie meine Worte als Herausforderung interpretiert haben.“
Marcus machte eine leichte Verbeugung. „Wie möchten Sie, dass ich Ihre Worte deute, Madam?“
„Als bloße Feststellung von Tatsachen, wenn Sie sie überhaupt interpretieren müssen.“ Damit wandte sie sich ganz bewusst von ihm ab und ließ Pen vortreten. „Sie kennen meine Schwester, Penelope, natürlich schon.“
„Natürlich.“ Zu Isabellas Überraschung beugte Marcus sich vor und küsste Pen leicht auf die Wange. Isabella hatte nicht gewusst, dass eine solche Vertrautheit zwischen ihnen herrschte. Diese Entdeckung löste Unbehagen in ihr aus, weil er dadurch eine größere Nähe zu ihrer Familie bekam und sie ihm nicht entfliehen konnte.
„Wie geht es Ihnen, Cousine Penelope?“, fragte er in freundlichem Ton. „Ich freue mich, Sie wiederzusehen.“
Pen schien über die Wärme seiner Begrüßung aufrichtig erfreut zu sein. „Sehr gut, vielen Dank, Mylord. Oder sollte ich ‚Cousin Marcus‘ sagen?“ Mit ihren hellblauen Augen blickte sie Isabella für einen Moment an. „Meine Schwester ist natürlich ebenfalls eine verschwägerte Cousine von Ihnen, nicht wahr? Sie darf dann doch dieselbe Vertrautheit von Ihnen erwarten, sonst könnte sie neidisch werden.“
Isabella unterdrückte den Drang, Pen gegen den Knöchel zu treten. Ihre kleine Schwester konnte manchmal furchtbare Schwierigkeiten machen, und gerade jetzt
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