Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
Grund, die Erfolge nicht auch beim Namen zu
nennen.“
Schwer atmend stütze sich der
Kanzler auf dem Tisch ab. Mit gebeugtem Rücken stand er an der Seite des Königs
und seine Augen glänzten im Schein der Kerzen. Er wirkte gebrechlicher denn je.
„Mein Junge“, sagte er. „Ich
befürchte, dass meine Gesundheit gegenwärtig sehr angeschlagen ist. Du wirst es
ohnehin schon bemerkt haben. Im Wettlauf der Zeit drohe ich gehörig weit
zurückzufallen. Weshalb mein Körper so schwach geworden ist, weiß ich nicht.
Mein Geist ist nicht gealtert. Es ist nur … ich fühle mich von Tag zu Tag
weniger befähigt, mich aktiv ins Stadtleben einzubringen. Irgendetwas zehrt an
meinen Kräften, verzehrt mich selbst.“
Regnir sah Thormir besorgt an.
Selbstverständlich hatte er in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Kräfte
entbehren müssen, doch schien all dies lange Zeit an ihm vorbeigegangen zu
sein. Gewiss - sein Gesicht hatte Falten von den Mühen erhalten und ohne Frage
waren die Zeichen des Alters zu sehen. Allerdings konnte die abgemagerte
Gestalt des Kanzlers mit Sicherheit nicht aus dem Alterungsprozess allein
resultieren. Der König hatte bereits Gedanken nachgehangen, in denen er
spekulierte, ob es das seltsame Amulett sein könnte, das dem Magier so zusetzte.
Thormir aber winkte ab: „Nein, es ist nicht dieses Ding. Ich habe einfach
lediglich viel gearbeitet und mir selten Erholung gegönnt. Das rächt sich nun.
Wie es scheint, will mir das Schicksal auch jetzt keine Ruhe zustehen.
Vielleicht wird Gharmon meine letzte Aufgabe werden.“
Der Kanzler streckte die Glieder
und hob den Kopf zur Raumdecke.
„Ich bin unversehrt. Zumindest
meine alte Rivalität will ich persönlich klären, bevor ich dir dein Königreich
überlasse. Frei von fremden Problemen sollst du die Menschen lenken können. Ich
werde das Amt des Kanzlers räumen, wenn alles bereinigt worden ist. Theodus
kann dann wie geplant deine neue Stütze werden.“
Während Thormir dies sprach,
legte Regnir seine Hand auf dessen linke Schulter und lauschte ihm wortlos. So
bald schon gedachte der Magier, sich endgültig zurückzuziehen. Der König hatte
insgeheim gehofft, seinen Mentor wenigstens bis zum Ende des Jahres im Rat
halten zu können.
„Wirst du zumindest lang genug
Kanzler bleiben, um meinem Sohn die Weihe zu geben? Zum vierten Vollmond wird
er volljährig und es gäbe keine größere Ehre für ihn, als wenn du sein Patron
sein könntest, wie du es einst für mich warst.“
Thormir stand still und sah
Regnir mit trüben Augen an. Sollte es tatsächlich beinahe sechzehn Jahre her
sein, dass des Königs Sohn geboren wurde? Das würde bedeuten, dass Regnir vor
etwa neunundzwanzig Jahren die Weihe erhalten hatte, zehn Jahre nach der
Schlacht der vier Schwerter. Wo waren sie hingegangen, die Jahrzehnte des
Lebens? Der Magier fühlte sich alt. Sehr alt. Seine eigene Geburt lag fast
sieben Dekaden zurück. Im Vergleich zu den meisten Menschen seiner Generation
hatte er ein wahrhaft hohes Alter erreicht.
Dennoch erpichte es ihn darauf zu
wissen, was aus dem Königreich werden würde. Welche Wege der König wohl in der
Zukunft beschritt und ob es je wieder Konflikte mit den Orks gäbe. Thormir war
in diesem Moment nicht so sehr enttäuscht darüber, dass die Hand von Manus nach
ihm zu greifen drohte, sondern er war vielmehr traurig, dass die Welt für ihn
in dem Moment kälter wurde, als der Thronerbe sein eigenes Leben beginnen
sollte. So gern hätte er den aufstrebenden Spross Regnirs begleitet und ihm mit
Rat und Tat zur Seite gestanden, so, wie er es einst für den König selbst getan
hatte.
Seine Augen wurden feucht und er
wandte sich für einen Moment ab. Der König stütze ihn. Er befürchtete, dass der
Magier zusammenbrechen würde. Stille lag über der Stadt. Wenn er nur wenigstens
dem Geschehen der Welt zuschauen könnte, dachte Thormir und fing sich.
„Verzeih, Regnir. Das alles hat
mich einfach übermannt“, murmelte der Kanzler und setzte sich auf einen alten
Holzstuhl. „Wirst du mir versprechen, das Königreich zu bewahren?“
„Mein guter Thormir“, begann er
zu reden. „Hab keine Angst um uns. Ich verspreche dir, dass ich mein Bestes tun
werde, die Stadt und unsere Errungenschaften zu schützen. Zwar fließt in meinen
Adern nicht dein Blut, allerdings ist mein Geist dem deinen äußerst ähnlich.
Ich werde den Köchen und Bediensteten auftragen, sich intensiv um dich zu
kümmern. Du wirst uns noch lange erhalten
Weitere Kostenlose Bücher