Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
in
seinem Schlafgemach nebenan gewesen. Der Lärm hatte ihn nicht geweckt.
Mit einem Male klopfte etwas
gegen die Tür. Regnir ergriff sein Schwert und zog es aus der Scheide.
Vorsichtig bewegte er sich vorwärts. Das Klopfen wurde intensiver und
verlangender. Blitzartig riss er sodann die Tür auf und eine Gestalt in Kapuze
und Mantel fiel zu Boden. Regnir wollte im nächsten Moment einen Streich
führen, doch erkannte er schnell, wer da in sein Gemach gestürzt war. Es war
Erthrarca!
„Mein Herr! Wartet! Es gibt
schreckliche Neuigkeiten“, sagte sie und erhob sich. Der König steckte die
Klinge weg und reichte der Kampfmagierin eine Hand.
„Was gibt es?“, fragte Regnir.
„Habt Ihr den Sturm gesehen, der
soeben über unseren Köpfen tobte?“
„Ja. Gab es etwa größere
Schwierigkeiten? Wir konnten von unserem Fenster aus nur die grausigen
Erscheinungen wahrnehmen, keinesfalls aber Schäden in der Stadt.“
Erthrarca blickte den König
schweigend an und trat von einer Stelle auf die Andere.
„Eure Hoheit“, begann sie erneut
zu reden. „Irgendein Ding muss in Eisenhand gewesen sein. Der Orden ist sofort
zusammengekommen, nachdem das Wolfsgeheul begonnen hatte. Wir dachten, dass es
Eindringlinge gegeben hätte, allerdings fanden wir keine Fremden in der Stadt.
Ich hatte zudem Thelmon aufgetragen, einen Großteil der verfügbaren Wachen zu
mobilisieren, sollten diese Bestien angreifen wollen.
Die Jünger haben alle Winkel und
Ecken abgesucht. Wir sollten nichts übersehen haben. Und doch sind wir vor wenigen
Minuten, als der Sturm sich verzog, auf etwas gestoßen, das uns vor ein großes
Rätsel gestellt hat.“
„Was? Was habt Ihr gefunden?“,
wollte Regnir energisch wissen. „Gab es etwa Feinde in Eisenhand?“
„Nein, mein König. Nicht direkt. Wir
… wir haben jedoch einen Verlust zu beklagen.“
„Wen?“
„Eine Wache vom Nordtor. Als wir
in diesen Distrikt vorstießen, fanden wir drei Soldaten vor, die am Boden um
einen der ihren knieten. Das Ding, das in unserer Stadt war, hatte einen Mann
der Nachtgarde hinterrücks überfallen, sein Genick gebrochen und ihm die Kehle
durchgebissen. Anschließend, so sagte man mir, sei es über die Palisaden
gehuscht und nordwärts entschwunden.“
Erthrarca beendete ihre Worte mit
einem Seufzer. Regnir hingegen war zutiefst alarmiert. Geschwind musste er
Entscheidungen treffen, um das Volk vor weiteren Gefahren zu schützen.
„Riegelt Eisenhand ab! Weckt alle
verfügbaren Soldaten und Wachen!Sie sollen die Bezirke und Gehöfte außerhalb
der Stadt sichern. Was immer es war – wir müssen versuchen, das Ding zu finden,
bevor es noch mehr Tote gibt. Überbringt Heerführer Ergon die Kunde, dass er
Gestirs Verband im Außenposten vorwarnen soll. Des Falken Schlag ist noch immer
schneller als alle Füße dieser Welt.“
„Wie Ihr wünscht, Herr.“
Regnir streifte sich seine
lederne Unterrüstung über und ergriff sein Schwert. Dann sprach er zu Ingmir,
dass sie ihren Sohn beruhigen möge. „Ich werde bald wieder zurück sein.“
Dann wandte er sich erneut
Erthrarca zu, die noch immer zwischen Tür und Angel stand:
„Wo ist der Kanzler? Wir müssen
dringend mit ihm reden, bevor wir alles Weitere planen.“
„Ich weiß es nicht, König. Ich
habe auf eigene Faust den Orden zusammengerufen und die Stadt sichern lassen.
Die Tür von Meister Thormir ist seit gestern Abend verschlossen und ich wollte
ihn nicht in seiner Nachtruhe stören.“
Der König sah sie kurz an und
hieß sie, sich alsbald in den Gemächern des Kanzlers einzufinden, nachdem sie
die Befehle ausgeführt habe.
„Wie Ihr wünscht“, entgegnete
Erthrarca.
Regnir hetzte in der Zwischenzeit
die Gänge entlang. Es konnte kein Zufall gewesen sein, dass Wölfe, Fledermäuse
und Schatten zur gleichen Zeit Eisenhand heimsuchten. „Thormir wird sicher
guten Rat wissen.“
Der König huschte zuletzt einige
Treppen hinunter, bevor er an dessen Tür angelangt war. Seine Hand zitterte,
als er die sie an das Holz führen wollte. Er hoffte inständig, dass er den
Magier nicht aufschrecken würde. Regnir atmete tief ein und aus, doch bevor
seine Finger die Tür erreichten, ertönte ein knarrendes Geräusch und sie
öffnete sich einen Spalt weit.
Argwöhnisch luge Regnir in den
Raum, der zu dieser Stunde im Dunkel lag.
„Thormir?“, fragte er mit fester
Stimme in die Leere. Keine Antwort. „Thormir?“, rief der König abermals. Wieder
Stille. Nichts rührte sich. Er zog das
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