Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
ein angehendes Haus zwei Stimmen in der Tribunalsversammlung besaß.
Thormir, der von dem Verhältnis der beiden jungen Menschen wusste, lächelte
nach der Abstimmung mild und spendete den längsten Beifall.
Die Weichen für die Zukunft waren
gestellt worden.
Kapitel 10 – Rache eines Feindes
Ruhe kehrte in Eisenhand ein und
die Stadt lag wieder friedlich auf dem erhöhten Plateau, so, wie es in dem
Jahrzehnt vor dem Kriege gewesen war. Die Menschen gingen bald schon den
alltäglichen Geschäften nach, um die Schäden des gerade eben beendeten
Feldzuges wettmachen zu können. Lange klagte man noch über den teuer bezahlten
Sieg und über die vielen Verluste, die so zahlreiche Kinder zu Halbwaisen
gemacht hatten.
Gleichfalls war die Neuordnung
der Reichsspitze selbst den Einfachsten der Einfachen nicht verborgen
geblieben. Etwa ein halbes Jahr nachdem Ergon zum neuen Heerführer ernannt
worden war, brachen abermals Truppen aus Eisenhand in den Norden auf, um die
Orkhöhlen nochmals zu durchsuchen und endgültig zu sichern. Zwar fand man nun
zwei weitere Gänge, doch war keine Spur von Feinden zu vernehmen.
Augenscheinlich waren alle Orks vernichtet worden. Die Befürchtungen des
Volkes, aufs Neue zu den Waffen gerufen zu werden, trafen nicht ein.
Das Heer errichtete ein weites
Netz von mittleren Feldlagern, um die Festung unter Tage für längere Zeit unter
Beobachtung halten zu können, denn Wenige vertrauten dem frisch errungenen
Frieden. Der Außenposten im Nordosten der Insel Pollesch wurde gemäß den
Planungen des königlichen Rates erneut bemannt, sodass in diesem Ort am Ende
des dreizehnten Jahres der Zeitrechnung der Menschen eine Kompanie Soldaten
Stellung bezog. Auch die Rekrutierung neuer Männer verlief ohne größere Probleme,
wenngleich es zwei Jahre dauerte, bis die regulären Truppen zu alter Stärke zurückgefunden
hatten. Trotz der Einschnitte des Krieges wuchs das Königreich auch in der
Zukunft weiter. So entstand entgegen allen Widrigkeiten im Folgejahr die größte
Anzahl an neuen Gehöften außerhalb der Stadt.
Thormir nahm an, es läge daran,
dass die erste Generation, die nichts anderes als die Sesshaftigkeit kannte,
nun langsam erwachsen wurde und nun selbst neue Häuser errichten wollte. „Wir
können nur wünschen, dass der gegenwärtige Fortschritt auch weiterhin anhält.“
Der Kanzler sah seine Zeit
ablaufen und übertrug die Aufgabe der Führung der angrenzenden Bezirke an
Theodus, den er als seinen Nachfolger ansah. Stück für Stück zog sich Thormir
allmählich aus den Geschäften der Führung zurück und überließ sie dem König und
seinem Verwalter. Er selbst fand größtes Interesse an dem Amulett, das Regnir
aus den Orkhöhlen mitgebracht hatte, obwohl es nicht ungefährlich zu sein
schien. Noch nie zuvor hatte er etwas Vergleichbares in seiner Hand gewogen.
Alles an ihm war unbekannt. Das schwarz glänzende Material der vier Oktagons,
die aneinander angeordnet waren, kannte selbst der Schmied von Eisenhand nicht.
Es war durch keinen Hammerschlag zu beschädigen. Am stärksten schimmerte es im
Mondlicht, in der Sonne aber erschien jene Art Metall matt und wertlos. Der
Stein im Zentrum war ein Rubin, wie man ihn beachtlicher noch nie gesehen
hatte. Garstig rot funkelte er in der Nacht und glühte, wenn eine Hand das
Amulett berührte. Einst hatte der Magier etwas von seinem Blut darauf tropfen
lassen und war von der Reaktion erstaunt gewesen. Sobald der Lebenssaft ein
Oktagon benetzte, begann der Edelstein zu pulsieren und sich zu erhitzen. Eine
Flamme, die nicht aus der Welt der Menschen stammte, loderte sodann in dem
Rubin.
Regnir störte sich lange Zeit
nicht an dem neuen Verhalten Thormirs, auch wenn es ganz und gar nicht zu ihm
passen mochte. Allerdings war sein Verwalter leicht beunruhigt.
„Selbstverständlich hatte er
schon früher eine Vorliebe für derartiges Kleinod gepflegt, dennoch hat er bis
heute nie seine Pflichten verletzt. Vielleicht möchte er auch einfach Ruhe von
all den Beschwerlichkeiten haben, die ihm sein Leben ihm hatte“, mutmaßte der
König zu Theodus, als sie sich eines Abends in der Königshalle eingefunden
hatten.
„Das ist gut möglich“, entgegnete
dieser. „Trotzdem sind des Kanzlers Anweisungen neuerdings unverständlich.
Gewöhnlich war er es gewesen, der auf Weitsichtigkeit drängte. Hätten wir ihn
nicht gehabt, so wären wir von einem Orksturm gigantischen Ausmaßes überrannt
und mit Sicherheit vernichtet worden.
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