Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
entdeckte Rajin auch Nya Kallfaerstochter. Sie war – so wie Rajin – achtzehn Sommer jung, und das dunkelblonde Haar, das ihr weit über die Schultern fiel, trug sie zumeist zu einem Zopf geflochten. Für sie schlug Rajins Herz und das ihre für ihn, auch wenn ihr Vater Kallfaer Eisenhammer stets mit aller Deutlichkeit klarmachte, dass er nichts von Bjonn Dunkelhaar hielt – und schon gar nichts von einer eventuellen Verbindung seiner Tochter mit einem Mann, dessen Gesicht sich von dem aller anderen Seemannen Winterlands so deutlich unterschied, dass auch all seinen Nachkommen dieser Makel anzusehen sein würde, den einen vielleicht weniger, den anderen mehr.
Eigentlich hatte Rajin gehofft, dass Kallfaer Eisenhammer seine Meinung über ihn ändern würde, nachdem er diesen wahren Giganten unter den Seemammuts erlegt hatte. Dass er endlich anerkennen würde, dass Bjonn Dunkelhaar ein hervorragender Seemammutjäger war, von dem man erwarten durfte, dass er irgendwann sogar mit einer eigenen Mannschaft in See stechen und auf Jagd gehen würde. Ein Mann also, dem seine Tochter zu geben für Kallfaer eine Ehre bedeutet hätte.
Dieser Hoffnung allerdings widersprach allein schon die Tatsache, dass Kallfaer mit seinem Schiff nicht ausgelaufen war, um Wulfgar Wulfgarssohn und den Männern der „Stoßzahnsammler“ bei der Bergung des Kadavers zu helfen. Die Rauchzeichen von Glednir und Hjalgor hatten den Bewohnern von Winterborg nicht nur den großen Jagderfolg kundgetan, sondern auch den Namen desjenigen übermittelt, der den Todesstoß gesetzt hatte. Offenbar war dies der Grund, warum Kallfaer Eisenhammer sein Schiff nicht klar zum Auslaufen gemacht hatte: Seine Ablehnung gegen Rajin war so groß, dass er sogar auf den ihm zustehenden Gewinn aus der Kadaverbergung verzichtete.
Und bei einer so großen Beute war das beileibe kein kleiner Verzicht!
Dabei bestand nicht nur ein Bergungshilferecht, sondern auch eine Hilfspflicht, die verhindern sollte, dass aufgrund von Streitigkeiten ein bereits erlegtes Seemammut nicht geborgen werden konnte, was der Gemeinschaft aller Sippen von Winterborg geschadet hätte. Aber Kallfaer konnte sich in diesem Fall damit herausreden, dass bereits Schiffe in ausreichender Zahl den Hafen von Winterborg verlassen hatten und seine Mannschaft möglicherweise gar nicht mehr zum Zuge gekommen wäre. Dass er wahrscheinlich mit Absicht so lange gewartet hatte, bis – außer seinem eigenen – kein Schiff mehr im Hafen von Winterborg war, konnte ihm niemand nachweisen – und damit war auch eine Verletzung der Hilfspflicht nicht nachweisbar. Dennoch war Kallfaers Unterlassung kaum anders, denn als Affront zu verstehen. Nicht nur als ein Affront gegen Rajin, sondern auch gegen dessen Stiefvater Wulfgar Wulfgarssohn und die gesamte Mannschaft der „Stoßzahnsammler“ …
Der Kadaver des Seemammuts wurde so nahe wie möglich an den Strand gebracht, dass sein gewaltiger Körper den Grund berührte. Am Strand warteten bereits gut hundert Männer aus Winterborg, die gegenwärtig keiner Schiffsmannschaft angehörten und hofften, durch die Bergung des Kadavers etwas vom Gewinn abzubekommen. Das Seemammut musste so schnell wie möglich zur Gänze aus dem Wasser geholt werden, denn solange der Kadaver auch nur noch ein Stück ins Meer ragte, konnten ihn die Wassermenschen selbst über große Entfernungen hin wittern.
Das lag wahrscheinlich an dem recht durchdringenden Geruch, den ein Seemammutkadaver sehr schnell entwickelte und den manche unter den Seemannen für eine besondere Wirkung des giftigen Blutes hielten, das in den Adern dieser Monstren floss. Andere glaubten hingegen, dass es mit einem den Wassermenschen angeborenen Zaubersinn zusammenhing, während Bratlor Sternenseher zu berichten wusste, dass unter den Lehrern der Sternenseher-Schule von Seeborg die Ansicht vorherrschte, einer der fünf Mondgötter wäre ein Verräter an den Seemammutjägern, indem er den Wassermenschen verriet, wo Jagdbeute gemacht worden war, sodass diese unheimlichen Wesen dann des Nachts aus der Tiefe stiegen, um sich das zu holen, was sie sich selbst niemals hätten erjagen können.
In der Nähe des Strandes befanden sich gewaltige hölzerne Schwungräder, die mit der Kraft von gezähmten winterländischen Riesenschneeratten bewegt wurden. Der Rücken dieser Tiere war mannshoch, und man benutzte sie auch als Reittiere bei Reisen in das schneeverwehte und ganzjährig vereiste Inland. Im Gegensatz zu ihren
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