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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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die sie über Bord senkte. Er war ein Ichino-birmanischer Karen, mit sonnengebleichter schwarzer Tunika und Kniehose bekleidet. Der andere Mann war ein Madrasse, eine kräftige, schweißglänzende Erscheinung, dessen eines Auge schurkisch blitzte. Bis auf Lendenschurz und Turban war er nackt.
    Lysistrata streifte höflich aber entschieden Harrys Hand weg. »Warum nicht?«
    Harry fragte sich, wieviel Englisch das Paar im Kanu verstehen mochte und sagte laut: »Die Hafenbehörden haben Sie noch nicht ausklariert.« Etwas leiser hielt er ihr vor: »Sie sehen unangenehm aus, Miß Herriott. Der im Bug hat einen halben Meter Stahl an der Hüfte.«
    Lysistrata warf einen abschätzenden Blick auf die fragliche Waffe, als sie auf die Reling kletterte. »Wenn sie Schwierigkeiten machen, werde ich in den Fluß springen. Ich schwimme ganz gut, und schließlich ist Hilfe ja nicht fern. Was den Zoll anbelangt, das dauert bis zum Jüngsten Tag, bis die fertig sind. Papa kümmert sich um unser Gepäck, und kann seinem hiesigen Kollegen meinen hervorragenden Gesundheitszustand bestätigen.«
    Harry sah sich eilig nach dem alten Herriott um, damit der seiner halsstarrigen Tochter widerspräche. Als er sich wieder umwandte, war die junge Frau über Bord gegangen und duckte sich unter das gewölbte Dach des Kanus. »Ich werde Sie begleiten«, rief er hastig und kletterte, auf die wacklige Strickleiter fluchend, hinter ihr hinunter. Daß er ohne Einklarierung von Bord ging, würde für Ärger mit seinem Oberst sorgen. Dazu hatte er ein Fernglas und mehrere Jagdwaffen in seinem Gepäck, nach denen gefragt und die vielleicht von den Inspektoren konfisziert werden würden. Die britischen Behörden achteten sorgsam darauf, daß potentielle Militärausrüstung nicht in die Hände von möglichen Aufständischen und Banditen unter den Einheimischen gelangte.
    Und Ärger konnte Harry nicht brauchen. Er bedachte Miß Herriott mit einigen bösen Gedanken, als er finster auf ihren schwarzgekleideten Rücken blickte, der vor ihm in dem wackeligen Kanu hockte, das durch wirbelnde Strudel glitt. Doch als sie dann ohne Zwischenfall am Kai ausstiegen, griff er rasch in seine Breeches, um Münzen zur Bezahlung der Ruderer herauszuholen, da er sicher war, daß Lysistrata kein Geld dabei hatte und er ihr die Verlegenheit einer Auseinandersetzung ersparen wollte. Lysistrata kam ihm zuvor, indem sie eine Kameebrosche von ihrem Oberteil löste und sie lächelnd dem Matrosen gab. »Danke. Ihr seid sehr kräftige Ruderer.« Hocherfreut über ihre Trophäe dankten sie hastig und eilten über den mutmaßlichen Wert des Schmuckstückes schnatternd davon, während Lysistrata wie ein verzaubertes Kind sich langsam zwischen den rostigen, sonnenverbrannten Schuppen und Lagerhäusern umsah. Harry rümpfte seine Nase über den scharfen Gestank von Schweiß und Kloake. Wenn das so wunderbar war, wie mochte ihr früheres Leben gewesen sein?
    Er spielte mal wieder den schützenden Hirtenhund, dachte er ärgerlich. Wie seine Schwestern über seinen ergebenen Gesichtsausdruck lachen würden, den er jetzt sicher wieder hatte! Seit er laufen konnte, hatte er ein Herz für herumstreunende Tiere gehabt, gleich wie reizend oder reizlos sie waren. Die Stallungen von Weslingham, dem Landgut der Familie in Kent, hatten eine Menagerie seiner >Sammelstücke< beherbergt, wie Jane, die Jüngste, sie genannt hatte. Doch als er älter wurde, war er dem weiblichen Geschlecht gegenüber skeptischer geworden. Obwohl in seine Schwestern vernarrt, durchschaute Harry ihre Ränke, die sie bei Männern versuchten, da sie diese bei ihm ausprobiert hatten.
    Er war rotwangig, hatte sandfarbenes Haar und war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen, der besonders sportlich war. Er war klug, umgänglich und reich genug, um einer der begehrtesten Junggesellen Englands zu sein. Seine Plüschbärenerscheinung und sein heiteres Gemüt täuschten über seinen Scharfsinn hinweg. Viele junge Damen hatten schmerzlich feststellen müssen, daß Harry weit schwerer zu binden war, als sie geglaubt hatten. Mit seiner militärischen Karriere bei den berühmten Coldstream Guards wäre wohl alles gutgegangen, hätte sich nicht eine dieser jungen Damen, die entschlossener und leichtsinniger als ihre Schwestern war, in seine Arme und sein Bett geworfen. Wäre er nicht durch Port angeheitert gewesen, hätte er sich das anders überlegt. Doch es war nun einmal so, daß seine Weigerung, die, längst verlorene,

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