rank und schlank und rattenscharf
Wegbegleiter? Das muss ich jetzt erst einmal meiner Frau Anne erzählen.
„Anne, Willi hat mir eine SMS geschrieben. Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm nach Griechenland zum Athos gehe. Er braucht einen Wegbegleiter. Ich weiß nicht, warum er mit mir zum Athos will...“ — „Er wird sich bestimmt was dabei gedacht haben, sonst hätte er Dich nicht gefragt“, meint Anne. — „Ich kann doch nicht meine Firma alleine lassen!“ — „Warum denn nicht“, sagt Anne, „die Gesellen kommen auch eine Zeit lang ohne Dich aus.“ — „Meinst Du?“ — „Na klar, für einige Tage können die auch mal alleine arbeiten.“ — „Also wenn Du meinst, dann schreibe ich dem Willi eine SMS, dass ich mitgehe.“
Ich schreibe eine SMS an Willi: Hallo Willi, ich komme mit.
Als ich Willi treffe, erzählt er mir von seiner lebensbedrohlichen Krankheit. Von der Suche nach einem geeigneten, qualifizierten Arzt, der ihn operieren sollte, und von den anschließenden schweren Operationen. Er war damals mit seinem Tod konfrontiert und fand einen Professor, der bereit war, ihn zu operieren; aber nicht sofort: „In Ihrem jetzigen Zustand sterben Sie mir schon auf dem OP-Tisch. Werden Sie erst einmal wieder fit, regeln Sie alles Private und Geschäftliche, machen Sie Ihr Testament und dann kann ich Ihnen vielleicht helfen.“ —
„Mein lieber Mann, da hast Du aber was hinter dir!“ Von alledem hatte ich nichts mitbekommen und erfahre genaueres von ihm erst in diesem Gespräch. Willi hatte einen langen Krankenhausaufenthalt hinter sich. Später, bei der Nachbehandlung seiner Krankheit, traf er einen griechischen Arzt, der ihm drei Aufgaben, Ratschläge — oder waren es Weisungen? — mit auf den Weg gab:
Machen Sie noch drei Dinge in Ihrem Leben:
• Gehen Sie zum Athos.
• Laufen Sie den Jakobsweg.
• Pilgern Sie nach Jerusalem.
Was ist das denn für ein Arzt, der seinen Patienten solche Ratschläge mit auf den Weg gibt? Warum drei? Und so unterschiedliche Dinge? Haben die Krankenkassen für herkömmliche Behandlungsmethoden kein Geld mehr? — Ich muss da noch mal nachfragen.
„Was soll das Ganze überhaupt?“ — „Ich weiß es auch nicht“, meint Willi. — „Das ist aber irgendwie merkwürdig, oder? Was soll das Ganze bezwecken?“ — „Keine Ahnung.“
Also gehen wir die erste Aufgabe zusammen mal an. Im Frühjahr 2003 beantragen wir eine Aufenthaltsgenehmigung für die Klosterrepublik Athos. Da kommt man ohne weiteres so leicht nicht hin. Wir bekommen ein Diamitrion, ein Blatt Papier, das aussieht wie eine Urkunde. Mit dieser Erlaubnis und gültigem Reisepass dürfen wir auf den Athos einreisen.
Willi und ich fliegen nach Griechenland, wir dürfen vier Tage auf dem Athos bleiben. Wir laufen von Kloster zu Kloster. Länger als eine Nacht darf man nicht bleiben. Dort erleben wir unglaubliche, außergewöhnliche Dinge. Sind es nur Zufälle? Nein, ich glaube nicht! Das mit dem Zufall ist so eine Sache, das weiß doch jeder.
Ich habe in einer Zeitschrift einen interessanten Gedanken zum Thema Zufall gelesen. Diesen Artikel habe ich mir ausgeschnitten und an die Toilettenwand geklebt. Ich kann ihn immer wieder lesen und denke oft darüber nach, wie sich das mit dem Zufall verhält. Er stammt von Hannah Heering aus Bad Sassendorf und lautet:
Zufall ist, was Gott uns zufallen lässt
Achten wir immer auf die Zeichen des Lebens?
Gehen wir doch mit offenen Augen unseren Weg und sind aufmerksam.
So oft schon fand ich bei einem Einkaufsbummel genau das Buch, das ich jetzt brauchte. Oder ich las von einem Seminar, das mich ansprach, und dann war es zufällig in meiner Nähe, und es war ein Platz frei.
War das Zufall?
Es gibt keine Zufälle.
Wenn die Zeit reif ist, gibt es immer den kleinen Impuls in die richtige Richtung.
Nur hören wir ihn nicht immer.
Im Herbst 2006 sind wir ein zweites Mal auf dem Athos, diesmal leider nur eine Woche. Unsere Zeit ist um und wir sind auf der Rückfahrt mit dem Schiff nach Ouranopolis. Ich blicke die ganze Zeit auf die wunderschöne Küste, an der immer wieder große Klöster auftauchen und genau so schnell verschwinden.
„Diesmal war die Zeit zu kurz, Willi. Das mache ich nicht noch einmal, so einen überstürzten Athosbesuch. Und übrigens, jetzt waren wir zwei mal auf dem Athos, das ist genug. Im nächsten Jahr werden wir den Jakobsweg laufen.“ — Ich habe zu diesem Zeitpunkt keinen blassen Schimmer, wo dieser anfängt und wo er aufhört. „Wir
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