rank und schlank und rattenscharf
sinnvollsten, ich wasche meine Füße jetzt, hier. — Was soll ich machen? — Ich überlege einen kurzen Moment und entschließe mich für Variante drei. Sofort werde ich etwas dagegen unternehmen, damit dieser unangenehme Geruch verschwindet.
„Hole mir mal schnell einen Eimer lauwarmes Wasser, ein Stück Seife und paar grüne Papiertücher von der Herrentoilette“, sage ich zu meinem Lehrling.“ Der schaut mich etwas irritiert nach dieser Arbeitsanweisung an. „Wofür?“ — „Das ist doch egal, komm los und beeile dich. Bring mir die Sachen hier ins Büro, dann wirst du schon sehen, wofür ich das brauche.“ Ohne groß zu murren zieht er ab. Er bringt mir alles, was ich ihm gesagt habe mit und ich schließe die Tür. Dann setze ich mich auf einen Farbeimer und ziehe meine Schuhe und Socken aus. Jetzt schaut er noch verwirrter. Was hat der Chef denn heute vor? — Ungeachtet aller Umstände fange ich an, meine stinkenden Füße zu waschen. Er fängt schon mal an zu arbeiten, in der Zeit, wo ich mich wasche.
Plötzlich geht die Türe auf und ich sitze genau einem Angestellten gegenüber, der mich mehr als verwundert anschaut. „Herr Pohl, Guten Morgen, was machen sie denn da?“ — „Wonach sieht es denn aus?“ — Keine Antwort. „Ich wasche mir die Füße.“ — „Aha, und wieso?“ — „Weil sie stinken!“ — Oh, das hat aber gesessen, der ist geschockt. Er schließt sofort die Tür und ist verschwunden.
Es dauert keine zwei Minuten, da geht schon wieder die Tür auf und der nächste Angestellte steckt seine Nase zu mir herein. Er schaut nur, was ich mache. „Guten Morgen.“ Mehr sagt er nicht und schließt die Tür. „Sie werden doch nicht alle kommen!?“ sage ich zum Lehrling. Was solls, da stehe ich jetzt drüber! Nach wenigen Minuten ist der Alptraum vorbei. Meine Füße riechen jetzt gut und ich kann nun endlich mit der Arbeit beginnen.
Diese außergewöhnliche Geschichte erzähle ich Monate später Willi. Er ist auch Malermeister. Wir besuchten zusammen 1976 die Meisterschule in Düsseldorf und sind seit dieser Zeit ganz gut befreundet. „Burghard, du hast dir wirklich im Zimmer des Chefs die Füße gewaschen?“ — „Na klar, was sollte ich machen, Willi?“ — „Ich fasse es nicht.“
Ungefähr zehn Jahre sind seit dieser Begebenheit vergangen. Mittlerweile haben fast alle Leute ein Handy, ich auch. Dadurch ist alles in unserem Leben viel schneller geworden. Jeder ist überall sofort erreichbar.
Es ist wieder so ein verregneter Montagmorgen, draußen ist es noch nicht einmal richtig hell, mein Handy klingelt. Willi ist dran und fragt unvermittelt: „Morgen Burghard, wie geht es Dir?“ — „Gut Willi, und selbst?“ — „Auch gut!“ — „Na, Burghard, was machst Du denn gerade? Wäscht Du Dir gerade wieder die Füße?“ Ich lache laut. „Nee Willi, diesmal nicht. Aber Du wirst es nicht glauben, ich arbeite genau wieder in dem Büro, wo ich mir damals vor einigen Jahren die Füße gewaschen habe!“ — „Nee Du spinnst, dass glaube ich Dir jetzt nicht!“ „Doch Willi, ganz bestimmt, ohne Quatsch! Der Seniorchef ist verstorben und ich renoviere das Büro. Sein Sohn bekommt jetzt dieses Büro.“
Nach diesen zwei Geschichten sind wieder einige Jahre vergangen und wir schreiben das Jahr 2002. Wieder bimmelt mein Handy, mittlerweile werden diese Dinger lästig. Es zeigt mir an, dass ich eine Textnachricht bekommen habe. Sie kommt von Willi:
Hallo Buggi, würdest Du mit mir zum Athos gehen?
Was soll denn diese Frage? Ich stutze. Wie meint er das denn? Bis zu diesem Tag wusste ich nur, dass es sich beim Athos um eine Insel handelt, auf der nur Mönche leben, aber mehr nicht. — Später erfahre ich, dass er keine Insel ist, sondern eine Halbinsel, die in der Ägäis liegt. Eine von drei Halbinseln, davon die östlichste. Auf ihr leben orthodoxe Mönche in mehreren großen und kleinen Klöstern, und das seit mehr als tausend Jahren, abgeschieden von der Welt. Dort gibt es keine weibliche Lebensform, keine Frauen und keine weibliche Tiere. Nur die Jungfrau Maria, die Mutter Jesu, ist ihnen heilig und wird verehrt. Da stellt sich mir die Frage: Was soll ich auf dem Athos? — Ich schreibe eine SMS an Willi:
Hallo Willi, was soll ich auf dem Athos? Brauchst Du einen Mönch?
Willi antwortet: Nein Buggi, ich brauche einen Wegbegleiter!
Einen Wegbegleiter? Was soll das denn schon wieder heißen? Jetzt wird er langsam komisch. Einen
Weitere Kostenlose Bücher