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Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)

Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)

Titel: Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela B. Wahl
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gewöhnt. Man gewöhnt sich an Sachen, wenn sie geschehen. Man gewöhnt sich daran, sich vor anderen zu entblößen, und verschließt einen Teil von sich vor diesem Handeln. Irgendwo, tief im Innern ist ein Teil von mir versteckt, den keiner dieser Männer jemals zu Gesicht bekommt. Sie sehen nur meinen Körper, nicht die echte Claire.« Ihre Stimme gewinnt an Farbe. »Manchmal frage ich mich, ob es anders gekommen wäre, wenn …«
    »Wenn deine Eltern nicht gestorben wären?«, werfe ich ein.
    Im selben Moment löst sich Claire von mir, rückt ein Stück ab und öffnet die Augen. Ihr Blick geht mir durch und durch, rieselt in sämtliche Poren. Trauer, Angst, Verzweiflung, ein kleines, verlorenes Kind, eine junge Frau, Verwunderung … all das vermischt sich zu einem undurchdringlichen Cocktail an Empfindungen. Ich hole tief Luft und fasse mir an die Nasenwurzel, ignoriere mein pochendes Herz, das meine Brust zu zersprengen droht. Verdammt, was ist nur los mit mir?
    »Woher weißt du davon?«
    »Matthew.«
    Claire flucht leise. »Idiot. Das geht dich nichts an.«
    Sie scheint wieder wach zu sein, dreht sich auf die andere Seite und wendet mir ihren Rücken zu. Aber gleich darauf dringt ihr gleichmäßiger Atem zu mir herüber. Ich widerstehe dem Drang, der Linie ihrer Wirbelsäule nachzufahren, und koste den Anblick ihres Körpers neben mir einfach nur aus. Vielleicht ist Mensch sein gar nicht so übel?
    »Es war ein Autounfall. Wie bei James. Ironie des Schicksals, was?« Sie klingt bitter. »Letztendlich wollte ich mir ein Studium ermöglichen, träumen, das zu tun, was ich will, und bin irgendwie beim Strippen gelandet. Irgendwie … – War James’ Tod ein Unfall, was meinst du?«, ihr Körper vibriert beim Sprechen.
    »Ich weiß es nicht.«
    Ich lausche ihrem gleichmäßigen Atem. Sie antwortet nicht, deswegen fahre ich fort: »Du kannst nichts dafür. Manchmal ist es an der Zeit, die Menschen zu holen, manchmal ist es einfach nur eine Laune der Natur, manchmal greifen die von oben ein und man kommt noch mal davon. Im Grunde ist es ein ewiges Spiel, das niemals endet.«
    Claire schnaubt. »Du nennst den Tod ein Spiel?«
    Ich überlege einen Moment und entscheide mich für eine ehrliche Antwort. »Ja, ich denke schon. Ich habe es nicht anders kennengelernt.«
    »Du bist krank«, sagt Claire und verstummt dann. Die Sekunden zerrinnen und wollen nicht vergehen. Immer wieder landet mein Blick auf ihrem Rücken. Zum ersten Mal, seit sie mich in diesem Körper gesteckt hat, bin ich im vollen Bewusstsein darüber, was für eine Macht er auf mich ausübt.
    »Meine Eltern sind auch gestorben«, sage ich nach einer Weile in die Stille hinein und neige meinen Kopf zur Seite, um zu sehen, wie Claire darauf reagiert. Ein Ruck geht durch ihren Körper, und sie versteift sich. Dann dreht sie sich um und bettet ihren Kopf in ihre kleine Hand.
    »Dämonen können sterben?«, fragt sie gedämpft.
    Mein Herz macht einen unkontrollierten Satz, auch wenn ich mir nichts anmerken lasse.
    »Ja«, beginne ich, »auch wenn wir eigentlich unsterblich sind, kann es vorkommen, dass man von dieser Unsterblichkeit befreit wird.«
    »Wie das?«
    Der Mondschein bahnt sich einen Weg durch die trübe Wolkendecke ins Zimmer und wirft einen hellen Schatten auf Claires Gesicht. Ihre Augen funkeln interessiert.
    »Unser Dasein besteht aus einer Aneinanderreihung von Pakten und Aufträgen.« Bewusst wähle ich nicht das Wort Leben. »Und mit etwas Pech kann man seine Pakte nicht erfüllen. Das ist der Augenblick, in dem man seine Unsterblichkeit einbüßt. Mit etwas mehr Pech auch direkt sein Leben.«
    »Wie sind sie gestorben?«, will Claire wissen.
    »Verbrannt. Man hat sie verbrannt«, sage ich steif.
    Mein Blick gleitet in die Ferne, vorbei an Johnny, um die sich aufdrängenden Bilder in mein Gedächtnis zu rufen. Meine Eltern, auf einem Scheiterhaufen, verbrennend, weil sie ihre Unsterblichkeit einbüßen mussten. Dafür, dass sie einen Pakt nicht einhalten konnten.
    Zum ersten Mal verspüre ich ein scharfes Ziehen in meiner Brust, meine Kehle wird eng, und die Worte bleiben mir im Hals stecken. Die Erinnerungen klopfen an die Oberfläche meines Bewusstseins und hinterlassen einen faden Beigeschmack in meiner Mundhöhle. Noch nie, nicht ein Mal, habe ich so etwas gespürt. Sekundenlang lausche ich dem Klang meines Herzens, das plötzlich so schwer zu sein scheint.
    Was zur …? Ein Brennen hinter meinen Augenlidern, das zunimmt, ein Jucken in

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