Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
habe diese Macht noch nie gespürt. Du hattest Macht über mich, weil du mein Bruder bist. Dann wurde ich schwach. Ich wusste, ich würde bestraft werden, und konnte dir das nicht durchgehen lassen«, immer schneller sprudeln die Worte aus mir hervor. Chaske unterbricht mich nicht. Er sieht mich einfach nur an. Zwei Schritte in meine Richtung.
»Es war ein Kurzschluss. Es tut mir leid.«
Ich meine es ehrlich, jedes einzelne Wort entspricht der Wahrheit. Mein Knöchel pocht, die verbrannte Haut bildet Bläschen, schält sich, bringt mich fast um den Verstand. Ich spüre, wie die Ohnmacht nach mir tastet, doch ich muss wach bleiben. Solange Chaske noch hier ist. Er geht vor mir in die Hocke.
»Du sagtest, du liebst sie. Tust du das wirklich?«, fragt er gedämpft und übertönt doch jeden Schrei, jedes Weinen, jedes Stöhnen.
Er blickt mir in die Augen, regungslos. Sein Gesicht ist eine starre Maske.
»Ja.«
Fast ein wenig bedauernd verzieht Chaske die Mundwinkel.
»Schade.«
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, steht er auf und läuft davon. So heiß …
Wieder beschwöre ich Claires Abbild herauf, erinnere mich an die wenigen Momente, die wir hatten. Es ist das Einzige, was ich habe. Doch es reicht. Es reicht, um die Augen zu schließen und sich weit wegzudenken. Es reicht, um die Schmerzen zu überstehen.
Irgendwann lullt mich die Ohnmacht ein. Es gibt nur noch sie, sie, die über mich wacht.
So heiß …
Claire …
»Ich habe mich in dich verliebt, Rashen.«
Diese Worte. Claire. Ihre Stimme in meinem Kopf, und doch überall. Kokos.
Augen, die mich liebevoll betrachten, ein seliger Ausdruck auf Claires sommersprossigem Gesicht, ungläubig. Ich spüre ihre weichen Hände auf meinen, atme tief ihren wunderbaren Duft ein. Bin ich im Himmel?
Wo bin ich? Claires Zimmer? Die Sonne scheint durch das Fenster, und Londons Wolkenkratzertürme erstrecken sich in der Ferne in den Himmel. Mein Blick wandert zu Claire. Claire. Ich versuche zu begreifen.
Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen ist oder wie ich den Weg zurück gefunden habe. Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist der Gestank des Fleisches und die Schreie der anderen.
Sie strahlt. Claire strahlt. Das Strahlen auf ihren Zügen lässt mein Herz in einem unregelmäßigen Takt schlagen. Ich stutze. Mein Herz?
Claire zieht eine schwarze Karte hervor. Chaskes Handschrift, mit weißer Tinte, auf Französisch. Penelope Dupont. Ich erinnere mich an ihre blonden Locken. Ihren Gesang. Sie singt noch immer in Paris. Chaske, der häufig in der Loge sitzt und sie beobachtet.
Du hast ihr Leben gerettet. Dafür schenke ich dir dieses eine Mal eine zweite Chance. Sei kein Waschlappen, Bruderherz.
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Über Michaela B. Wahl
Michaela B. Wahl ist das Pseudonym einer 1992 in der Schwabenhochburg Stuttgart geborenen Autorin, die Gymnasiallehramt an der Ludwigs-Maximilian-Universität in München studiert. Neben der Literatur, egal ob aktiv als Schreiberin oder passiv als Leserin, zählen das Kochen von ausgefallenen Gerichten, gute oder auch typische Frauenfilme und regelmäßiges Schwimmen sowie Tennisspielen zu ihren Hobbys. »Rashen – Einmal Hölle und zurück« ist ihr erster Roman.
Über dieses Buch
Rashen ist ein Oishine. Ein Dämon, der ganz unten in der Nahrungskette der Dämonen steht, das Schlusslicht der Schlusslichter sozusagen: Denn er ist dazu verdammt, den Menschen Wünsche zu erfüllen. Kein besonders lukrativer Job, wenn man bereits neben dem Dämonenfürst Pragaz gefrühstückt hat. Aber wer in Ungnade fällt, darf eben von ganz, ganz unten anfangen. Dann gelangt auch noch das Buch der Oishine, eines der fünf Bücher, in die Hände einer vorwitzigen Studentin namens Claire, der es gelingt, Rashen zu bannen: in einen menschlichen, männlichen und nicht gerade unattraktiven Körper. Rashen muss Claire nun zweiundzwanzig Tage und zweiundzwanzig Stunden dienen, so will es die Beschwörungsformel. Allerdings ist Claire alles andere als eine biedere Studentin: Um sich etwas dazuzuverdienen, strippt sie viermal die Woche in einem Club. Und Rashen fühlt sich wider Willen zu Hause. Dumm nur, dass der Körper, in den Claire ihn gebannt hat, nicht irgendein x-beliebiger ist. Das Mädchen hat eine der goldenen Regeln des Bannens gebrochen: Rashen steckt im Körper ihres Verlobten. Probleme? Sind definitiv vorprogrammiert!
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