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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Wilde
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irgendwann bewusst geworden, dass du sozusagen anders bist?“ Alexej zögerte, saugte an seinem Strohhalm und antwortete: „Ja, als ich meinen ersten Porsche zum 18. Geburtstag bekommen habe. Das war komisch und als ich das polierte Blech damals sah, war das selbst für mich wie ein Traum. Ich habe an dem Tag realisiert, dass ich und meine Familie tatsächlich sehr reich waren. Wohl habe ich mich damit jedoch nicht gefühlt. Da begann meine erste wirkliche rebellische Phase und von dem Auto hatte ich auch nicht lange etwas.“
    Er unterbrach sich selbst und seine Miene veränderte sich. Julia spürte, dass Alexej ihr gerade fast sein Herz ausgeschüttet hatte und sie brannte darauf zu erfahren, was passiert war. Sie hielt sich jedoch zurück. Alexej wirkte, als wäre er traurig und damit konnte sie nicht gut umgehen. Sie war es gewöhnt, dass Männer stark waren.
    Julia war gerade dabei ihre Vorurteile gegenüber reichen Russen über Bord zu werfen, als Alexej nach einigen Sekunden (einer Ewigkeit) plötzlich näher an sie heranrückte und sie zum ersten Mal sein dezentes Aftershave riechen konnte. Es duftete erdig, herb, männlich eben.
    Julia wusste nicht, was das bedeuten sollte, bis sie kapierte, dass Alexej ihr bloß auf die Pelle gerückt war, um ein anderes Pärchen, das der Eile und den lüsternen Blicken nach zu urteilen offenbar möglichst schnell in die Horizontale wechseln wollte, vorbeizulassen. Die Bar war sozusagen ein langer Raum, versehen mit künstlichen Verwinkelungen; da konnte es schon mal enger werden.
    Alexej rückte zurück auf seinen Lederhocker und rührte gedankenverloren in seinem mittlerweile dritten Mai Thai herum. Julia deutete das so: ihm ist langweilig und er sitzt bloß aus Höflichkeit weiter hier herum. Seine gesamte Haltung hatte sich verändert. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Julia sehnte sich nach dem edlen Herrenduft, der ihr noch vor wenigen Sekunden in der Nase gelegen hatte. Aber Alexej schien plötzlich das Interesse verloren zu haben.
    Was war bloß passiert, fragte sich Julia verunsichert. Hatte es etwas mit dem 18. Geburtstag zu tun, von dem er gerade erzählen wollte? Sie war ein wenig beschwipst, kein Wunder, auch sie hatte ihren dritten Cocktail, einen vernichtenden Swimmingpool, intus. Julia schaute Alexej an und bemerkte den auffälligen Ring, mit dem er am frühen Mittag ungeduldig auf den Tisch im Konferenzraum getrommelt hatte.
    Sie sprach ihn darauf an, um wenigstens irgendwas zu sagen: „Das ist ein hübscher Ring, so einen habe ich noch nie gesehen.“ Sie riss Alexej damit offenbar aus einem intensiven Tagtraum, denn er schaute erst sie überrascht an, dann den Ring, dann wieder sie. Seine Miene hatte sich verfinstert und er herrschte sie an, als sie die Hand ausstreckte, um auf das Schmuckstück zu zeigen: „Finger weg.“
    Julia erschreckte sich und zuckte zusammen, als sie die raue Stimme hörte. Sie stieß vor Schreck ihr halbvolles Glas um und besudelte ihr Kostüm. Sie ärgerte sich über sich selbst. Sie war offensichtlich zu weit gegangen, nicht nur, weil sie ihn auf den bescheuerten Ring angesprochen hatte, sondern auch, weil sie sich überhaupt mit diesem Verrückten auf einen gemeinsamen Abend in einer Luxusbar eingelassen hatte. Außerdem hätte sie ausrasten können, weil ihr der klebrige Swimmingpool am Bein entlang in die Schuhe lief. Die Pumps, die sie letzte Woche ein Vermögen gekostet hatten, waren nun tatsächlich schon versaut.
    Alexej schaute bloß grimmig und Julia fühlte sich beim Anblick seiner tiefliegenden Augen abermals an ihren wunderbaren Traum erinnert, der ihr mittlerweile jedoch eher wie ein Alptraum vorkam.
    Julia entschuldigte sich und suchte die Toilette auf. Ihr rechter Schuh schmatzte leise, während sie zum Bad eilte.
    Sie sah nicht, dass Alexej ihr nachschaute und sich innerlich über ihr Missgeschick freute. Er drehte den verfluchten Ring, der Julia heute zum zweiten Mal den letzten Nerv geraubt hatte, verträumt am Finger.
    Im Bad angekommen, zog Julia erst einmal ihren Schuh aus, um sich den Fuß und das Schuhinnere provisorisch zu reinigen. Als sie den Schuh behutsam mit einem Taschentuch abtupfte, schaute sie in den Spiegel und erschrak beinahe zu Tode. Sie sah nicht nur ihr eigene, unglückliche Visage, sondern auch das zur Fratze verzogene Gesicht des schmollenden Schulmädchens, dass offenbar lange aufbleiben durfte.
    Julia's Gedanken rasten: „Was macht die denn hier?“ Bevor sie weiter nachgrübeln

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