Rattentanz
fertig.
Tot.
Während die Schüssel ihren rosa Inhalt zwischen Mehmet und dem Koch verteilte, blieb der Mann noch einen Moment stehen. In seinen Augen kämpften Überraschung und Angst. Hat er es also getan, der widerliche, kleine Bastard, der … Dann brach der Blick, brach ein Leben − wie ein Eiszapfen, der auf einem Stein zerspringt. Langsam ging der Koch in die Knie. Sein abgerissenes Ohr erreichte vor ihm den Boden und fiel mit einem Plopp in die Erdbeercreme. Die Erdbeercreme, das musste Mehmet zugeben, war sogar besser als das, was seine Mutter immer zubereitete. Aber er hatte nun mal nicht um irgendeine, und sei es auch die weltbeste, Erdbeercreme gebeten, son-dern um die seiner Mutter! Und diese Creme, in die gerade das Gesicht des Koches klatschte, war definitiv etwas anderes!
Die Maschinenpistole im Anschlag, stürmte Hermann Fuchs in die Großküche. Ritter humpelte hinterher und ihm waren die Schmerzen, die der kurze Spurt verursachte, deutlich anzusehen.
Aus der großen Wunde am Kopf des Koches quoll Blut. Mehmet sah interessiert zu, wie sich Blut und Erdbeercreme vermengten und half mit der Spitze seines Turnschuhs noch etwas nach.
»Jetzt sieht es langsam aus wie richtige Erdbeercreme!«, klärte er die verdutzten Männer auf und lächelte.
»Der spinnt! Der hat sie nicht alle, der Türke!« In Fuchs’ Augen flackerte Entsetzen. Und Angst. Abwechselnd sah er auf Mehmet, dem seine Blut-Erdbeercreme-Kreation sichtlich Freude bereitete, und den Koch, dem die Überraschung selbst im Tod nicht aus dem Gesicht wollte.
»He Ritter, der Typ ist krank.« Fuchs setzte sich auf einen Plastikschemel und stützte den Kopf in beide Hände, die MP auf dem Schoß.
»Jetzt stell dich nicht so an!«, wiegelte Ritter ab. »War doch bloß ’n unfähiger Suppenkoch.«
Er hinkte zu Mehmet und nahm ihm, bereits zum zweiten Mal an diesem Tag, die Pistole ab. »Der da«, er wies mit dem Kinn auf den Toten, »würde es bestimmt als Fehler bezeichnen, dass ich dir die Waffe vorhin wiedergegeben habe, he.«
»Frag ihn doch.« Mehmet wandte sich ab. Das zufriedene Lächeln in seinem Gesicht blieb. Dann ging er an einen Wasserhahn. »Fuckmist, verdammter! Funktioniert denn hier gar nichts mehr?«
»Was hast du mit dem Licht gemacht?«, fragte Fuchs.
»Ich? Nichts. Kann mich ja nicht um alles kümmern.«
»Aber bis zu deiner sinnlosen Ballerei hat es noch funktioniert!«
»Soll das heißen, ich wäre schuld oder was?« Mehmet, einen Kopf kleiner als Fuchs und schmal wie ein Handtuch, ging auf den ehemaligen Sozialhilfeempfänger zu. In seinen Augen funkelte es.
»Hehehe, beruhigt euch, Männer!« Ritter hätte es gern vermieden, aber die beiden zwangen ihn zum Gehen. Er humpelte zwischen sie und baute sich vor Mehmet auf. »Du wirst dich jetzt mal ein bisschen zusammenreißen, verstanden? Sieh zu, dass du dich in den Griff kriegst und nicht immer gleich ausrastest!« Er drehte sich zu Fuchs um: »Und du könntest dich mal umschauen, ob du irgendwo was zu trinken findest. Es muss doch hier irgendwas geben! Aber pass auf, dass es keine Milch ist!« Ritter schüttelte sich bei dem Gedanken an Milch. Als Fuchs außer Hörweite war, nahm er Mehmet in den Arm. »Hör mir jetzt mal genau zu, Junge! Alex und Mario haben sich verpisst.« Mehmet versuchte sich loszureißen, aber Ritters durchtrainierte Arme hielten ihn zurück. »Vergiss sie, die sind sicher schon wer weiß wo. Aber du und ich, Mann, wir sind ein tolles Team, kapierst du? Wenn wir zusammenhalten, erreichen wir sicher noch Großes. Aber im Moment«, er zeigte auf sein Bein, das nach dem kleinen Spurt wieder zu bluten angefangen hatte, »aber im Moment brauchen wir Fuchs. Noch! Kapiert? Ich mag ihn auch nicht, aber ich bin verletzt und kenn mich hier nicht aus und, nicht zu vergessen, er hat eine Maschinenpistole.«
»Und ein Bündel Scheine«, ergänzte Mehmet.
»Hab’s auch gesehen«, nickte Ritter. »Haben wir uns verstanden? Im Moment brauchen wir ihn noch. Was morgen oder übermorgen ist, steht auf einem anderen Blatt. Okay?«
Fuchs fand in einem der Kühlräume, die neben der Küche lagen, ein paar Kisten Bier. »Was auch sonst«, murmelte er mit einem Blick auf das Etikett. Er mochte das Zeug hier nicht. Rülpswasser nannte er es, aber es war immer noch besser als das Billigbier in Plastikflaschen, das er sich gelegentlich im Supermarkt holte. Er nahm drei Flaschen aus der obersten Kiste.
Als er aus dem dunklen Gang, an dem die Kühlräume lagen,
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